instruiert werden – XLV

45. gemeinsam Verantwortung tragen – für die Pastoral

Die „berühmte“ Anmerkung zum Beginn der sogenannten „Pastoralkonstitution“ des Zweiten Vatikanischen Konzils „Gaudium et spes“ lautet: „Die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute besteht zwar aus zwei Teilen, bildet jedoch ein Ganzes. Sie wird „pastoral“ genannt, weil sie, gestützt auf Prinzipien der Lehre, das Verhältnis der Kirche zur Welt und zu den Menschen von heute darzustellen beabsichtigt. So fehlt weder im ersten Teil die pastorale Zielsetzung noch im zweiten Teil die lehrhafte Zielsetzung. Im ersten Teil entwickelt die Kirche ihre Lehre vom Menschen, von der Welt, in die der Mensch eingefügt ist, und von ihrem Verhältnis zu beiden. Im zweiten Teil betrachtet sie näher die verschiedenen Aspekte des heutigen Lebens und der menschlichen Gesellschaft, vor allem Fragen und Probleme, die dabei für unsere Gegenwart besonders dringlich erscheinen. Daher kommt es, daß in diesem zweiten Teil die Thematik zwar den Prinzipien der Lehre unterstellt bleibt, aber nicht nur unwandelbare, sondern auch geschichtlich bedingte Elemente enthält. Die Konstitution ist also nach den allgemeinen theologischen Interpretationsregeln zu deuten, und zwar, besonders im zweiten Teil, unter Berücksichtigung des Wechsels der Umstände, der mit den Gegenständen dieser Thematik verbunden ist.“[1]

Wenn es also im Kirchenrecht darum geht, über „Pastoral“ zu sprechen, dann ist zunächst einmal anzunehmen, dass hinter diesem mittlerweile in unseren Sprachgebrauch eingegangenen Begriff dieser Inhalt gemeint ist. Die Überschrift und damit der Verstehensschlüssel der Instruktion legen dies nahe: es geht nicht um die „Innenarchitektur“ der Kirche, sondern um unsere Sendung. Es geht nicht zunächst darum, wie wir uns selbst verstehen und daher organisieren, sondern darum, wie wir nach dem Willen Gottes fragen und die erkannten Antworten im Dienst an Welt und Gesellschaft in dieser und für sie leben. Es gilt also, dass wir das Evangelium allen anbieten, hier vor allem an jene denken und sie „hereinholen“, die „draußen“ sind und dies gemeinsam bezeugen. Gerade deswegen ist es sinnvoll, dass es einen Ort gibt, an dem die Sendung der Kirche – je nach den vorgefundenen Umständen bedacht, reflektiert und in den Blick genommen wird.

Interessant ist, dass nach der Einschärfung Papst Franziskus‘, Pastoralräte einzurichten – in unserer Diözese heißen diese Diözesanrat und Pfarrgemeinderat – die Instruktion in 108 auf die unterschiedlichen Möglichkeiten verweist, wie dieser Räte eingeführt und gelebt werden können. Hierbei ist (109) die Chance der unterschiedlichen Charismen, die den Leib Christi aufbauen, zu nutzen: „Weit davon entfernt, ein schlichter bürokratischer Organismus zu sein, unterstreicht und verwirklicht der Pastoralrat folglich die Bedeutung des Volkes Gottes als Subjekt und aktiver Protagonist der missionarischen Sendung kraft der Tatsache, dass alle Gläubigen die Gaben des Heiligen Geistes in der Taufe und in der Firmung empfangen haben“ (110).

Gerade deswegen würde es sich wohl auf diözesaner Ebene wie auch pfarrlicher Ebene, auf der Ebene der Pfarrverbände oder auch der Seelsorgeräume – wie auch immer in den einzelnen Diözesen diese synodalen Räte genannt werden – lohnen, die Tagesordnungspunkte der letzten Jahre durchzusehen: „Wo beschäftigten wir uns mit der missionarischen Sendung der Kirche?“, wie es in 110 deutlich verlangt wird. Und – um auch 112 in Erinnerung zu rufen: Ist wirklich das Gesamt des Volkes Gottes in unseren Räten abgebildet: „Er stellt einen spezifischen Bereich dar, in dem die Gläubigen ihr Recht wahrnehmen und ihrer Pflicht nachkommen, ihre Meinung hinsichtlich des Wohls der Pfarrgemeinde den Hirten und auch den anderen Gläubigen mitzuteilen“. Daher ist er eben nicht so sehr auf die Organisation kirchlichen Lebens ausgerichtet, sondern auf die Sendung der Kirche in die Welt. „Damit der Dienst des Pastoralrates wirksam und fruchtbar ist, gilt es zwei Extreme zu vermeiden: zum einen dass der Pfarrer sich darauf beschränkt, dem Pastoralrat bereits getroffene Entscheidungen vorzulegen, vorausgehend nicht in geschuldeter Weise informiert oder den Rat nur pro forma zusammenruft; andererseits dass der Pfarrer nur Mitglied des Rates und seiner Rolle als Hirte und Leiter der Gemeinde beraubt ist“ (113).

Damit wird – analog dem Vermögensverwaltungsrat – auch die beratende Stimme in Erinnerung gerufen[2]. Schließlich wird daran erinnert, dass jene die in der Pastoral tatsächlich auch Verantwortung tragen, mit beteiligt sind, damit eben nicht der Fall eintritt – um es plakativ zu machen: da gibt es diejenigen, die „anschaffen“ und jene, die „umzusetzen haben“. All dies scheint mir wohl dann am ehesten gegeben, wenn sich alle (!) in Erinnerung rufen: es geht um die Sendung der Kirche, der Pfarre, des Seelsorgeraumes hinein in die jeweiligen Situationen der Welt, die mit dem Evangelium beseelt werden soll/t/en. In vielen Pfarren geschieht sehr viel, wird dies auch unter dieser Priorisierung bedacht, beraten und gelebt? Und: wird Kirche als „mehr“ gesehen denn „Feier-Ort“, wird „Kirche“ auch als „Caritas“ wahrgenommen oder/und als Ort, an dem Glaube verkündet und bekannt wird?[3]

[1] http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19651207_gaudium-et-spes_ge.html

[2] Wie schon beim Wirtschaftsrat (https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xliv) sei hier auch an die Ausführungen zum Thema „Leitung“ erinnert – als Verstehens- und Verständnishilfe, dass eben „Rat“ zu geben etwas ganz und gar Bedeutsames ist: vgl. u.a. https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xix/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxiv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxx/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxi/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxii/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxiii/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxiv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxvi/.

[3] Einige Jahre meines priesterlichen Lebens war ich Leiter im Schul- und Bildungszentrum „Augustinum“ unserer Diözese: hier wurde nur selten sonntags Eucharistie gefeiert – auch in Ermangelung anwesender SchülerInnen oder Internatler. Ist ein solcher Ort dann nicht „Kirche“? Und: welche Bilder von „Kirche“ prägen uns in unserem Inneren?