Kirche im Lockdown (?) – XX

Gott wird Mensch, einer von uns. – Wenn wir in diesen Tagen uns vorbereiten auf das Geburtsfest Jesu, dann wird damit deutlich: weil wir an einen menschlichen Gott glauben, gilt es, die Welt Ihm entsprechend menschlich und damit auch göttlich zu gestalten. Weil in Jesus gleichsam der Himmel auf die Erde gekommen ist, wissen wir Christen uns dazu angestachelt, ein Stück weit diese Wirklichkeit unter uns zu leben: „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20).

Die Situation der Welt und der Menschen in ihr können und dürfen uns Christen nicht egal sein. Das verbietet uns der Glaube an den Sohn Gottes, der Mensch wie wir wurde. Es gibt immer wieder manche Stimmen, die den Welt-Einsatz der Kirche als „nebensächlich“ brandmarken und damit meinen, dass dies nicht zum „Kerngeschäft“ gehöre. Ja, wenn wir an IHM Maß nehmen, dann erkennen wir beides: tiefe Verbundenheit zu Gott – immer und immer wieder wird er geschildert als einer, der im Gebet mit seinem himmlischen Vater versunken ist; und zugleich erfahren wir deutlich, wie sehr er daran interessiert ist, dass die Menschen leben – all die Heilungen, all das Aufrichten macht deutlich: Die Situation der Menschen kann und darf nicht egal sein. Glaube erweist sich im Tun – es gibt, so meine ich behaupten zu können, eben eine Art „caritatives Glaubensbekenntnis“, weil Gott eben Liebe ist. Und daher auch: „Wir müssen einen sozialen Lockdown vermeiden“, meint der Präsident der Caritas Österreichs: „Nächstenliebe geht nicht in den Lockdown.“[1]

Dem Papst etwa Spiritualitätslosigkeit vorzuwerfen, weil er in seiner letzten Enzyklika von der weltweiten Geschwisterlichkeit spricht, ist auf dem Hintergrund wirklich ernst gemeinten Glaubens eigentlich lächerlich, noch dazu wo er selbst nicht müde wird, seine Quellen des Evangeliums offenzulegen. Die Kirche und deren Vertreter an den Pranger zu stellen, etwa weil sie auf Not durch Krieg, Terror, Flucht, Katastrophen, Verfolgung, Pandemie und wie auch immer sich diese konkret darstellt, verkennt meines Erachtens die innere Dynamik des Glaubensaktes. So etwa ist auch das Engagement der hl. Mutter Theresa und ihrer Schwestern ein eindeutiges Zeugnis: aus der tiefen Verbundenheit mit Gott erwächst radikale Hingabe an die Nächsten. Oder um es mit Paul Zulehner zu sagen: „Wer in Gott eintaucht, taucht bei den Armen auf“[2]. So geht Glaube, ist und wird er wirklich ernst genommen. Auch wenn wir heute den 2. Adventssonntag dieses Jahres feiern, dürfen wir des hl. Nikolaus von Myra gedenken, der uns auch als großer Heiliger der Nächstenliebe bekannt ist …

[1] „Nächstenliebe geht nicht in den Lockdown“ – Kleine Zeitung 23.11.2020, 4.

[2] https://services.phaidra.univie.ac.at/api/object/o:925795/diss/Content/get.