Wage zu träumen XXXII

Aufmerksamkeit anderen gegenüber

Vor kurzem las ich einen Leserbrief in der Kleinen Zeitung (Steiermark: 4.1.2021, 44; Kärnten online schon am 28.12.[1]), der mich sehr bewegt hat. Er macht deutlich, dass in diesen außergewöhnlichen Zeiten so manches gefordert ist von einer und einem jeden von uns: Aushalten der und des Anderen. Nicht um des „lieben Friedens“ willen, auch nicht deswegen, weil man – vielleicht auch noch mit christlicher Spiritualität verbrämt – gelernt hat, alles über sich ergehen lassen zu müssen, aber Zwietracht tut keiner sozialen Einheit [auf Dauer] gut – und damit meine ich nicht, dass es keine Meinungsunterschiede geben darf. „Die Größe zu haben, seine eigene Meinung zu vertreten und gleichzeitig Menschen mit entgegengesetzten Meinungen mit Akzeptanz und Wertschätzung zu begegnen, das ist die Herausforderung der Stunde“ schreibt Ralf Eggartner in seinem Leserbrief. Wie wahr!

Gerade ich als einer, der Verantwortung zu tragen gegenüber – vielen – anderen fühle mich hier gerade in diesen krisenhaften Monaten und Wochen mehr als zu „normalen“ Zeiten herausgefordert, gibt es doch unterschiedliche Typen und damit auch Arten und Weisen, mit Krisen umzugehen. Wie also lebe ich diese Aufmerksamkeit – auch und gerade dann, wenn und weil es Entscheidungen zu treffen gilt, die nie und nimmer allen passen (können bzw. werden)? Hinzu kommt, dass Entscheidungen immer wieder zu treffen sind – und wenn dies nicht geschieht, genauso etwas entschieden ist bzw. wird. Schließlich: die einen wollen rascher, die anderen langsamer voranschreiten, die einen sind ängstlicher, andere wieder scheuen vor praktisch nichts zurück: Wie können möglichst viele mitgenommen werden, auch wenn durch Entscheidungen eben die eine oder andere Möglichkeit das Leben zu gestalten ausgeschlossen wird, weil eben nicht gleichzeitig zwei Wege gegangen werden können?


[1] https://www.kleinezeitung.at/leser/kaernten/5916337/Was-Leser-meinen_Die-Pandemie-und-wir_Wir-sollten-Zwietracht-auf