Wage zu träumen XXXIII

Leben zählt

In so manchen Lebensbereichen sind wir „top“ organisiert in unserer „alten Welt“. Was wir nicht alles planen und bedenken … Und dann kommt ein winzig kleines Ding daher und bringt so manches unserer hehren Vorhaben durcheinander.

Ich verhehle nicht, dass diese allgemeine Bemerkung auch auf so manche kirchliche Aktivität angebracht werden kann: ein Virus hat uns gehörig durcheinander gewirbelt in den letzten Wochen und Monaten. Das ist alles andere als banal, zumal eine Möglichkeit dem Virus Einhalt zu gebieten physische Distanz halten ist. Dies wiederum trifft die Kirche als „Gemeinschaft derer, die dem Herrn gehören“ ins Mark. Und da spreche ich noch nicht von der Möglichkeit der Feier von Gottesdiensten und der Spendung von Sakramente. Sich herausgerufen zu wissen in die Kirche als „Bau von lebendigen Steinen“, um eines der zahlreichen Bilder zu benennen, die einen Aspekt kirchlichen Wesens umschreiben, ist in den uns wohl bekannten Formen weitestgehend nicht möglich. Freilich – und das muss sofort dazu gesagt werden: es waren ohnedies nie „alle“ da, jede auch noch so große Zusammenkunft war immer eine stellvertretende, gerade das aber wird uns in diesen Wochen erneut abverlangt [und ist aufgrund der Fremdheit alles andere als leicht zu leben], können wir uns doch nur in kleinsten Gruppen zusammentun.

Ich möchte heute aber noch einen anderen Aspekt bedenken, der mir in den letzten Wochen wichtig geworden ist: wir haben mitunter schon verlernt, einfach zu leben bzw. einfach zu leben. Mitunter kam es mir so vor, dass wir nur dann bereit wären zu leben, um es überspitzt zu formulieren, wenn alles so kommt wie wir es geplant und ausgedacht haben. Wenn dann was dazwischenkommt, unsere Pläne förmlich durchkreuzt, tun wir uns in unserer organisierten Welt und auch Kirche mitunter schwer. Da wird etwa angefragt in unserem Krisenstab, ob die Firmlinge einer Pfarre in der großen Gruppe nicht doch während des Lockdowns den für die Firmvorbereitung geplanten Besuch machen könnten; da wird Unverständnis darüber geäußert dass bei einem Begräbnis 50 Personen maximal erlaubt sind aber in der Kirche nur etwas mehr als 20 mit den entsprechenden Abstandsregeln Platz hätten usw.

Ich hoffe, dass wir durch die Pandemie neben dem wichtigen Moment des Vorausschauens und damit Planens vielleicht wieder etwas mehr Gelassenheit lernen und uns einüben, „den Augenblick“ zu leben: Nicht wir machen Kirche, sondern ER!