Nachdenklich in Afrika

Afrika ist eine andere Welt. Hier nahe des Äquators in Uganda erleben wir große Herzlichkeit: „An uns Menschen und Christen gibt es Interesse!“ Die Würde, die jedem als Kind Gottes zusteht, gilt es ernst zu nehmen. In den Begegnungen und dem Austausch viel Ehrlichkeit:
• die Unterschiede der einzelnen Diözesen in Uganda werden benannt: Sie sind erheblich, angefangen vom Bevölkerungsanteil der Katholiken bis hin zum Geld;
• was denn wirklich notwendig erscheint – und spontan kommt aus den Worten unseres Freundes und des Bischofs, einem früheren Lehrer: „Bildung“ und die dafür notwendige Infrastruktur (beschult werden die meisten Kinder, doch oft fehlt es an Tischen, Bänken, der Möglichkeit für Mahlzeiten usw.);
• die spezielle Situation von Jinja mit einem relativ großen Muslimen-Anteil und großen Pfarren (bei knapp 800.000 Katholiken [weniger als 25% der Gesamtbevölkerung] 21 Pfarren) sowie der Koexistenz mit Christen anderer Konfession
• strategischen Überlegungen, die etwa zur Installierung des diözesanen „medical support centers“ geführt haben – eine hervorragende Idee, um die Leistungen der verschiedenen kirchlichen Krankeneinrichtungen in der Diözese zu koordinieren
• Weitblick des Bischofs, der einfach mal versucht und initiiert und nicht wartet bis alles genauestens durchdacht ist: „Ist es von Gott wird es sich durchsetzen – und dann werden auch die nötigen finanziellen Mittel vorhanden sein
• Identität und Vielfalt: mit dem Beschluss der Diözesansynode Ende des vergangenen Jahrhunderts wurde deutlich, wie wichtig es ist, dass die Menschen ihre eigenen Sprache lesen und schreiben können, damit sie auch über ihre (Menschen-)Rechte erfahren können – das Busonga Culturl Research Center ist seit 20 Jahren (wir besuchten es am Tag nach dem runden Geburtstag!) – unterstützt von kirchlichen Hilfswerken wie etwa der Dreikönigsaktion – ein einmaliger und einzigartiger Ort, wo dies in verschiedenen Initiativen und Stadt und Land einzubringen versucht wird … Nur dann, wenn ich wirklich weiß, wer ich bin, kann ich auch in Dialog treten – und dazu gehört dies wesentlich dazu. Noch mit großer Emotionalität erinnere ich mich an eine alte gebrechliche Frau, die das Zeugnis für den Alphabetisierungskurs erhalten hat und als Dank dafür mir auf den Knien 1 Ei geschenkt hat
• hohe Arbeitslosigkeit und damit – zumindest was Erwerbsarbeit anlangt – eigentlich schlechte Aussichten – und dennoch Menschen und Kinder voller Hoffnung …
• ein Gesundheitssystem, in dem alles ob fehlender Versicherungen selbst zu bezahlen ist, und dennoch – nach einem Blick unseren mitreisenden Arztes in den Operationssaal eines gut eingerichteten kirchlichen Bezirksspitals: es fehlt an so vielem
• Bildung, Bildung, Bildung: wohin man schaut und kommt und fragt wird dies einem mitgeteilt und darauf aufmerksam gemacht, denn – gute – (Aus-)Bildung und damit die Ermöglichung an Entscheidungsprozessen teilzuhaben, ist notwendig, weil es auch langfristig große Fragen und Herausforderungen der Demographie mit lösen hilft – und immer und immer wieder kirchliche, christliche Schulen, Schulen von Religionsgemeinschaften, gänzlich privat oder in Zusammenarbeit mit der Regierung
• …
Und oft und oft kriecht die Frage in mir hoch: „Wenn ich auf meine Heimat schaue, so schön sie ist, und sie sehr ich sie schätze: das Umgehen mit Herausforderungen ist hier – scheinbar – ein anderes, unsere Sichtweise auf die Welt ist nicht die einzige und erst Recht nicht die allein selig Machende, und auch: angesichts dessen, was uns hier begegnet geht es uns einfach sehr sehr gut. Ohne Punkt und Beistrich. Aber auch: es gilt, dies nicht aufs Spiel zu setzen! Wenn ich mir nämlich da so manches am gegenseitigen Umgang – real und virtuell – ehrlich anschaue und mir zu Gemüte führe, verstehe ich die Welt wirklich nicht mehr …