Weltkirche rüttelt auf

Am 26. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B (1. Lesung: Num 11,25–29; 2. Lesung: Jak 5,1–6; Evangelium: Mk 9,38–43.45.47–48), gab es die „Wallfahrt der Weltkirche“ in unserer Diözese.
Ich hatte folgende Predigt vorbereitet:

  1. Starke Worte, die uns heute im Evangelium entgegenschallen. Starke Worte an alle rund um die Welt, die sich in den Fußstapfen Jesu Christi wähnen. Starke Worte, denen wir mitunter auszuweichen versuchen, weil wir uns ein Bild von Gott, weil wir uns ein bestimmtes Verständnis von Jesus zurechtgelegt haben. Starke Worte, denen wir aber nicht ausweichen dürfen, weil sie uns auch heute etwas mitgeben von der Ernsthaftigkeit unseres Glaubens, für den gar nicht einmal soweit von uns entfernt Menschen auch ihr Leben geben – und dennoch ihren Glauben bekennen.
  2. Als ich vor mehr als einem Jahr einige Tage das eine oder andere Projekt unserer katholischen Organisationen in der Weltkirche besucht habe, wurde ein Oppositionspolitiker, ein früherer Projektpartner, auf offener Straße in der Hauptstadt niedergeschossen. Was auch immer der Grund für diese Tat gewesen sein mag. – Weltweit betrachtet es ist alles andere als üblich, einzutreten für Menschenrechte und freie Religionsausübung. Welches Geschenk wir haben hier in Europa doch! Auch die Erzählungen derer, die mit uns heute unterwegs waren, haben dies wohl deutlich gemacht: wenn wir für Christus gehen, dann haben wir für Ihn einzutreten, ob gelegen oder ungelegen, dann wissen wir uns in die Welt gesendet, um IHN zu bezeugen und haben daher auch mitunter mit Gegenwind zu rechnen. Jede/r von uns persönlich.
  3. Wenn ich etwas aus meinen bescheidenen Erfahrungen mit der Weltkirche bislang gelernt habe, dann das: die Umstände mögen überall jeweils andere sein. Das Wesentliche, das furchtlose Bekenntnis zu Jesus Christus liegt allen meinen Erfahrungen zugrunde – und damit auch das Risiko, nicht „everybodys darling“ zu sein, weil es uns eben um die Menschen geht, weil wir uns mit ihnen gemeinsam unterwegs wissen und hierbei vor allem jene im Blick haben, die am Rand stehen oder denen manches an Lebensmöglichkeiten nicht ermöglicht ist bzw. wird. Diese Konzentration unseres Zukunftsbildes mag so manches an wohlstandsgesättigtem Verständnis unseres Christseins aufrütteln, das mitunter Gefahr läuft, bloß als Kultur- oder Wertefaktor enggeführt verstanden zu werden: „Wir sind eh katholisch. Österreich ist ein christliches Land. Für den Glauben sind Amtsträger zuständig oder auch die Religionslehrer etc.“ Jahrhunderte mag dies in unserer Gesellschaft tatsächlich recht und richtig gewesen sein, und mag uns vielleicht auch eingelullt haben in einer Art Selbstverständlichkeit des Glaubens. Doch spätestens, seit wir wirklich „hautnah“ erfahren, dass es eine Welt ist, in der wir leben und aus der wir uns auch nicht einfach verabschieden, wegbeamen können, gilt es, den Nächsten überall zu lieben wie mich selbst – und zwar als jemanden, der gleich geliebt wird von Gott wie ich es für mich in Anspruch nehme.
  4. Weltkirche kann uns aufrütteln. Die Erfahrungen anderer Kirchen weltweit können uns auch dazu aufmuntern, von unseren zumeist jüngeren Geschwistern, zu lernen. Mehr noch: Vielleicht ist es an der Zeit, dass die jungen Kirchen in der Welt alte und somit auch schon schwerfälligere Kirchen auf unserem Planeten stützen und so erneut das Lebensfeuer entfachen, das uns brennen lässt für IHN, den Herrn der Welt.