Gott eine Chance geben

  1. Geben wir es uns doch zu: Es läuft bei weitem nicht immer alles total rund, es gibt Dinge, die wir verhauen, die danebengehen, die einfach ungut sind. Wir würden uns, so denke ich, wohl wirklich „ins Fäustchen“ lügen, wenn wir vorgeben immer gut drauf zu sein, wenn wir meinen, immer alles und bis ins letzte perfekt zu machen usw. Nein: Wir hauen manchmal daneben, wir patzen, wir machen Dinge verkehrt. – Weil wir eben noch nicht am Ziel unseres Lebens sind.
  2. Ich gebe aber auch zu: in der heutigen Welt wird einem das alles andere als leicht gemacht. Denn da und dort gibt es – vermeintliche – Zwänge, denen wir uns zu unterwerfen haben. Ob es der „Kauf-Zwang“ ist vor Weihnachten, ob es der „Zwang“ ist, der uns auferlegt ist oder dem wir uns selbst unterwerfen, immer wieder auf dem neuesten Stand zu sein, wenn es um Mode geht und so. Und ich kann es auch einigermaßen nachvollziehen, dass es gerade für jüngere Menschen, die das ganze Leben mehr oder weniger vor sich haben, mehr und mehr schwer ist/wird, nicht topinformiert zu sein, nicht das neueste vom neuesten zu haben, nicht bei der Ultra-Party dabei gewesen zu sein [oder wie auch immer das von Euch formuliert wird]. Ja: es ist zunehmend schwerer geworden, sich einzugestehen, dass ich in dieser Welt etwas versäume, und deswegen fällt es zunehmend schwer sich zu entscheiden und erst recht zu Entscheidungen zu stehen: Es könnte ja sich was ändern, was dazwischenkommen etc. – Ich hatte schon vor Jahrzehnten eine interessante Erfahrung: es gab da in unvordenklichen Zeiten des Satellitenfernsehens eine TV-Zeitschrift, in der die Sendungen nach dem Kriterium beurteilt wurden, ob man sie unbedingt und auf alle Fälle anschauen müsse. Bei den damals glaube ich rund 10 Programmen, die frei empfangbar waren, gab es an 1 Tag – ich habe mir die Mühe gemacht, die Sendezeiten zusammenzuzählen – 27 Stunden Programm, das unbedingt angeschaut werden müsste. Ich dachte mir: „Ich versäume sowieso etwas, also ist es eigentlich egal, was ich versäume“.
  3. Übertragen auf das, was ich eingangs gesagt habe bedeutet das: angesichts all dessen, wo ich zu kurz greife, gilt es zu „lernen“, wie ich damit umgehen kann und wie dies als Teil meines Lebens aushaltbar ist. In der Lesung des heutigen 3. Adventssonntags ist die Antwort verborgen: „Der König Israels, der HERR, ist in deiner Mitte; du hast kein Unheil mehr zu fürchten“ hat es dort geheißen. Ich möchte Euch diesen Lebensstil ans Herz legen. Er wird Euch hier in diesem Haus ans Herz gelegt und hoffentlich auch ein wenig vorgelebt. Denn – und das ist meine Erkenntnis: ich werde nie und nimmer vollkommen sein, denn ich weiß von mir, dass ich sterben werde, meine Zeit in dieser Welt hat ein Ende. Und alles, was mir nicht gelingt, ist Angeld hierfür. Nun weiß ich aber als Christ darum, dass Gott mit mir ist, dass ich nicht allein bin – diese Botschaft haben wir ja am Ende der Festmesse zum 800. Geburtstag unserer Diözese -zigtausendmal verteilt – und dass er ewig ist. Als einziger kann er das von sich behaupten. Wenn ich also (über-)leben will, dann gilt es, nicht zu meinen, „ich bin’s“ und „ich bin der beste von da bis Texas“, sondern es gilt von sich zu sagen: „Ich bin unendlich wertvoll, weil einzigartig. Ich weiß darüber hinaus, dass ich alles andere als perfekt bin. Ich weiß aber eben auch, dass ich mich nie und nimmer ganz perfekt machen kann, sondern dass es da einen gibt, der mit mir unterwegs ist und alles ‚heil‘ zu machen imstande ist: Gott.“
  4. Ich lade Euch daher ein für Euer Leben und Euer Dasein hier: „Gebt Gott eine Chance! Lasst Ihn immer mehr und deutlicher mitreden in Eurem eigenen Dasein. Denn Er hat uns die Fülle des Daseins verheißen – und der dürfen wir vertrauen.“

Die während der Messfeier am 3. Adventsonntag verkündeten Schriftlesungen im Lesejahr C:
1. Lesung: Zef 3,14–17;
2. Lesung: Phil 4,4–7;
Evangelium: Lk 3,10–18