Berührt werden, weil wir Brüder und Schwestern sind

Der Vormittag des gestrigen Besuchstages in Guatemala galt der FTN (Fundación Tierre Nuestra), die mit dem damaligen Bischof von San Marcos im Westen des Landes, Mons. Alvaro Ramazzini, Sohn italienischer Einwanderer, begonnen hat. Mittlerweile ist diese Initiative eine eigene Stiftung, deren Vorsitzender Ramazzini nunmehr als Bischof von Huehuetenango ist.

Vor allem Jugendliche haben uns ihre Dankbarkeit den Initiativen der Stiftung gegenüber zum Ausdruck gebracht: unter anderem werden „politische Bildung“ und andere Bildungsmaßnahmen von Welthaus Graz und der Dreikönigsaktion sowie Misereor gefördert sowie Initiativen junger Menschen zum Aufbau kleiner Produktionsstätten [Brot, Shampoo, Natur- und Fruchtjoghurt, Herstellung von Stoffen und Taschen usw.], die so gut es geht auch unter Nachhaltigkeitsaspekten betrieben werden. Berührend waren die Schilderungen auch der Erwachsenen zu Workshops zum Thema „neue Männlichkeit“ angesichts des hier weit verbreiteten „machismo“ und auch jene, die davon sprachen, was diese Arbeit für ihre Entwicklung und damit ihre Entscheidung hier zu bleiben bedeutet. In pantomimischen Sketches wurden 2 besondere Herausforderungen dargestellt, die in der Arbeit mit den Jugendlichen dreier Diözesen (Quiché, Quetzaltenango, San Marcos) besondere Beachtung finden: die Fragen rund um Migration – Guatemala ist ein sehr „junges“ Land bietet aber vielen zu wenig Perspektive und so machen sich vor allem junge Männer auf den gefährlichen Weg nach Norden, des öfteren mit Schleppern etc. – sowie die der Hoffnungslosigkeit und der damit verbundenen Abstempelungen in der Gesellschaft. Bildung soll weiterhelfen – und auch Eltern schilderten, wie sie ihre Kinder dabei unterstützen, auch wenn es manchmal weite Wege zurückzulegen gilt. Dass bei allen Maßnahmen – wie der Name der Stiftung schon sagt wird ein weiterer Fokus der Arbeit auch auf Landrechte sowie Ernährungssicherheit gelegt – darauf geachtet wird, die eigene Tradition nicht zu vergessen – die 3 Diözesen bzw. Departements sind vielfach von Indigenen bewohnt – sei nur nebenbei erwähnt. Ein Gutteil des gemeinsam verbrachten Vormittags wurde der Vorstellung der jüngsten Idee einer hier gebräuchlichen „politica publica“ gewidmet: die Jugendlichen haben für sich wichtige und bedeutsame Punkte erarbeitet, die im öffentlichen Leben Berücksichtigung finden sollen: die lokalen und regionalen Verantwortungsträger werden mit dem jüngst erschienen Text bekanntgemacht und daran erinnert, dass Jugendliche mitgestalten wollen an einer gerechteren Welt vor Ort. Bewegt erzählte uns ein Vater abschließend davon, dass trotz all dieser Bemühungen nunmehr einer seiner Söhne sich auch auf den Weg nach Norden gemacht habe … – noch lebe er, meinte er.

Monsignore Ramazzini konnten wir danach bei einem Mittagessen begegnen: unter anderem schilderte er uns Schwerpunkte die sich die mittelamerikanische und damit auch guatemaltekische Bischofskonferenz gegeben haben: zur Sendung in die Welt („Mission“) sind Jünger nötig, Fragen der Migration und die dem vorausgehende Erfahrung von Hoffnungslosigkeit an Lebensmöglichkeiten (Arbeitslosigkeit, die sich auch u.a. in teilweise hohen Selbstmordraten ausdrücken …) sowie Problemstellungen in allen möglichen Facetten von „Gerechtigkeit“ … Miteinander sind wir unterwegs – als ein Leib, der die Kirche ist: wir können nicht an der Situation unserer Brüder und Schwestern einfach achzelzuckend vorübergehen …