Glauben geht konkret

Für die Messfeier am Oktavtag von Weihnachten, 1.1., mit den Barmherzigen Schwestern in der Pflegestation, hatte ich folgende Worte vorbereitet:

  1. Das, was uns sofort als Festinhalt des heutigen Tages einfällt, ist der Beginn eines neuen bürgerlichen Jahres.
    In der Kirche feiern wir darüber hinaus auch einige Festinhalte:
    * Heute ist Oktavtag von Weihnachten: der Abschluss des „innersten Kerns“ gleichsam des Geburtsfestes Jesu Christi.
    * Am 1. Jänner wird die Geburt Jesu aus Maria, der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter, ganz besonders beleuchtet.
    * Der 1.Jänner ist seit einigen Jahrzehnten für die Päpste der Weltfriedenstag geworden – und auch die 52. Botschaft des Papstes ist eine lesenswerte (http://w2.vatican.va/content/francesco/de/messages/peace/documents/papa-francesco_20181208_messaggio-52giornatamondiale-pace2019.html), beleuchtet sie doch den wesentlichen Beitrag der Politik zum Frieden in der Welt.
    * Der achte Tag nach der Geburt eines Knaben ist für jüdische Eltern aber auch der Tag seiner Namensgebung und damit der Beschneidung, also der Tag der sichtbaren Aufnahme des Jungen in die Gemeinschaft des erstberufenen Volkes Gottes, der Juden. Die Lesung aus dem Galaterbrief und die letzten Worte des heutigen Evangeliums rufen uns diese ganz und gar menschliche Seite aus dem Leben unseres Herrn und Meisters in Erinnerung: „Als [..] die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt.“
  2. Viele Christen im Heute und durch die Geschichte herauf tun sich nicht leicht mit der Tatsache, dass Jesus ein Kind einer Jüdin war und damit selbst Jude. Aber der Gott, an den wir glauben, ist eben nicht einer jenseits des Menschen und damit der Gesellschaft, in die er hinein geboren ist. Er nimmt die Wirklichkeiten unseres Daseins ganz und gar ernst, buchstäblich „mit Haut und Haaren“, so ernst, dass er als Mensch sich unter all die Gesetzlichkeiten stellt, die für einen gläubigen Juden Geltung hatten: Nur indem er uns allen bis ins Letzte (des Todes) gleich geworden ist, ergab sich gleichsam die Möglichkeit der Erlösung aus den Verstrickungen des Menschen, in die er sich selbst manövriert hat.
  3. Vom Menschen Jesus zu abstrahieren und nur mehr den Christus des Glaubens zu sehen ist demnach ganz und gar „gefährlich“, da wir – wenn wir so denken – auf dem Weg sind, den Glauben aus dieser Welt zu entfernen, ihn zu entfremden, als nicht mehr für den konkreten Alltag geeignet zu betrachten und letztlich nur für die „überirdischen“ Wirklichkeiten bedeutsam. Freilich: Jesus wiederum nur als Menschen ernst zu nehmen, als einen „großen Guru“ oder so – und damit haben sich die Christen auch von Anfang an beschäftigt – bedeutet aber auch einen Irrtum, da er Jesus auf eine moralische Instanz reduziert. Dies würde natürlich auch dazu führen, dass wir ihm in allem, also etwa auch der Beschneidung nachfolgen müssten, wenn wir ihn ernstnehmen. Es gilt demnach für uns, wirklich ganz und gar ernst zu machen damit, dass uns in Jesus Christus ganz Gott und ganz Mensch entgegentritt.
  4. Machen wir also unter anderem ernst damit, dass sich Gottvertrauen und Glaube im konkreten Menschsein auswirkt – weil ER Mensch geworden ist. Und dass wir durch die Begegnung/en mit und in dieser Welt auch Gott auf die Spur kommen, wie es in unserem Zukunftsbild formuliert ist. Wenn uns das heutige Fest in dem einen Aspekt der Namensgebung und Beschneidung Jesu auf diese Fährte setzt, dann fängt das Jahr des Herrn 2019 gut an.

Die Bibelstellen, die in der Feier der Messe am Hochfest der Gottesmutter verkündet wurden:
1. Lesung: Num 6,22–27;
2. Lesung: Gal 4,4–7;
Evangelium: Lk 2,16–21