katholisch „googeln“

Da saß ich doch heute Mittag glatt neben einem jungen Mann aus Tschechien. In Loppiano, einer der Modellsiedlungen der Fokolar-Bewegung. Am Ende des ersten Vormittags von „networking“ – einer „generationsübergreifenden“ Initiative, die bis 22.8. ca. 250 zumeist junge Priester, Seminaristen und Interessierte aus verschiedenen Kirchen – die meisten kommen aus Europa – in diesem Dorf nahe Florenz versammelt. Er meinte zwar, dass seine Lebensgeschichte alles andere als spannend sei, doch sie machte etwas von dem deutlich, was am Vormittag über die Welt und die Vorgänge in ihr von Prof. Bennie Callebaut, der am „Istituto Universitario Sophia“ lehrt, ausgesagt wurde. Dieser junge Tscheche wuchs als Kind atheistischer Eltern auf. Vor einigen Jahren nun stellten sich ihm grundlegende Fragen an das Menschsein. Fernöstliche Praktiken, esoterische Musik etc. waren die ersten sich ihm bietenden Gelegenheiten, sich diesen Fragen zu stellen. Dann traf er auf Zeugen Jehovas und lernte über sie ein spannendes Buch kennen – wiewohl er eigentlich Bücher seit seiner Schulzeit „hasst“: die Bibel. Und er begann sie zu lesen – unwissend wie er es anstellen solle. Er wollte mehr davon wissen und googelte im Internet nach den wichtigen Fragen seines Menschseins und was die Bibel dazu sagt – es könne doch nicht sein, dass er – um Antworten darauf möglichst schnell zu finden – hierfür zunächst mal die gesamte Bibel zu lesen hätte. Nun denn: er fand sich vielfach auf Seiten wieder, die oftmals gegen die katholische Kirche und ihre Lehren auftraten. Er wurde mehr und mehr angezogen und spürte in sich den Wunsch Priester zu werden, nicht ahnend, dass dies hieß, katholisch zu werden. Von den in anderen Kirchen üblichen Begriffen für das Dienstamt hatte er ja keine Ahnung… Nun denn: säkulare Freunde gaben ihm die Telefonnummer eines Menschen, der ihm darüber sicher Auskunft geben könne… – er fand sich bei einem intensiven Gespräch in einem katholischen Pfarrhaus wieder. Und – der bisherige Höhepunkt: er wurde im Juni dieses Jahres getauft.

Der Soziologe Callebaut, ein Belgier, schilderte in einem etwa 30-minütigen Aufriss die Entwicklungen der Welt heute: vom Blick auf das Individuum und damit einer dualistischen Weltsicht, in der es Gewinner und Verlierer gibt, heißt es – will man das Evangelium und die Botschaft Jesu Christi ernst nehmen – Abschied nehmen. Denn der „neue Mensch“, der Christ ist eingebunden ins Leben der „gegenseitigen Liebe“, die bekanntlich Jesu Gebot, das Neue Gebot ist. Und damit könnte vieles von dem, was uns einengt (Materialismus, Konsumismus – predigte das nicht vor kurzem Papst Franziskus in Südkorea? – etc.), befreit werden zu erfülltem Dasein.

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Der junge Mann aus Tschechien – neben mir beim Mittagessen, bei Lasagne und anderem: er schilderte, wie er immer wieder – heute nennt er es „Fügung“ – in den letzten Jahren durch andere und durch das Sich-Einlassen auf den Weg mit anderen bis hin zu jener Entscheidung gereift ist, die ihn heute hier in Loppiano sein lässt. „Pilger“ und „Konvertiten“ werden in Zukunft die Kirche prägen, las ich, eine französische Soziologin zitierend, vor Jahren im Buch von Christian Hennecke: „Kirche, die über den Jordan geht“. In unserem kirchlichen Leben – wie es üblicher Weise derzeit abläuft: Hätte da eine solche Lebensgeschichte wirklich Platz? Trauen wir Gott zu, im Heute unseres Lebens „zu rufen“? Glauben wir wirklich bis ins Letzte unseres Herzens, dass Gott auch heute am Werk ist – mitten in unserer Welt bei vielen Menschen, noch ehe wir sie erreichen?

Ich finde es zunehmend spannend, mich selbst diesen Fragen auszusetzen …