Wir: Familie der Kinder Gottes

Am Fest der Heiligen Familie predigte ich im Mariapolizentrum in Wien:

1. „Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es.“ So haben wir es am heutigen Festtag mitten in der Weihnachtsoktav vernommen. Ich glaube, dass wir uns diese Worte förmlich auf der Zunge zergehen lassen müssen um wirklich glauben zu können, dass Seine uns geschenkte Liebe darin besteht, uns als Mitglieder der Familie Gottes zu wissen. Wir machen wohl beinahe täglich damit ernst ohne genauer darüber nachzuden-ken, wenn wir unseren Gott, den Schöpfer der Welt, mit dem vertraulichen Wort „Vater“ anreden. Aber: darin besteht Gottes geschenkte Liebe: wir sind in Seine Familie aufgenommen, Seine Kinder, also ganz nah dran am Leben Gottes! So nah, dass die Gesetzmäßigkeiten Seines Lebens unsere sind bzw. sein sollten. Unsere Berufung, Christen und damit Kin-der Gottes zu sein, bedeutet demnach auch, Seine Liebe, die ER zu uns hat, ernst zu nehmen und im Alltag umzusetzen, also die Menschheit und erst Recht jene, die um Christus und damit die Mensch gewordene Liebe Gottes wissen, als Fa-milienmitglieder anzusehen. Es gilt demnach, so anderen zu begegnen, dass sie sich als Glieder dieser menschlich-göttlichen Familie wissen. Das Mit- und Zueinander der „Hl. Familie“ – 30 Jahre seines Lebens hat unser Herr und Meis-ter zumeist verborgen und damit abseits der Öffentlichkeit in ihr verbracht – mag uns hierfür Vorbild sein.
2. „Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es.“ kann aber auch noch auf eine andere Art und Weise verstanden werden. Wenn wir Familienmitglieder Gottes sind, dann haben wir un-mittelbaren Zugang zu Gott, zum Schöpfer der Welt. Er ist nicht „weiß Gott“ wie fern, sondern in ganz und gar familiärer Nähe. Wir dürfen uns immer und immer wieder eingeladen wissen, auf IHN zu hören – wenn wir die Heilige Schrift lesen, betrachten und leben; wenn er sich uns schenkt in den Sakramenten; wenn wir einander als Schwestern und Brüder be-gegnen. Ja: nutzen wir die vielfältigen Möglichkeiten, Gemeinschaft mit IHM, Kommunion mit IHM zu halten! Mitunter habe ich das Gefühl, das wir als Christen gerade darin noch viel zu lernen haben. Gern würden wir ja ob des in Liebe uns gegenüber entbrannten Herzens des himmlischen Vaters ihn eher weiter weg haben und erliegen mitunter daher der „Ver-suchung“, eine Zwischeninstanz zwischen mich und dem lebendigen Gott einzuschieben, indem wir den Trägern des ge-weihten Amtes eine größere Nähe zubilligen. Damit stehen sie dann gleichsam auf einem „Stockerl“, das sie nicht er-klommen haben, weil sie ja einen Dienst all jenen gegenüber auszuüben haben, die in Taufe und Firmung Kinder Gottes geworden sind.
3. Nutzen wir das heutige Fest, nutzen wir Weihnachten um uns unser aller Berufung aufs Neue bewusst zu werden: „Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es.“

Die Bbelstellen:
L1: 1Sam 1,20–22.24–28
L2: 1Joh 3,1–2.21–24
Ev: Lk 2,41–52