Glauben im Leben

Am Vorabend des Hochfestes des hl. Josef, des steir. Landespatrons, hatte ich Gelegenheit mit der Frühjahrskonferenz der Kath. Männerbewegung Österreichs Messe zu feiern. Der Gedanke, dass Glauben wie beim hl. Josef im Leben geht hat mich zu folgenden Gedanken der Predigt inspiriert:

1. Wiewohl wir vom hl. Josef, dessen Hochfest wir am morgigen Samstag feiern, und der unser Landespatron ist, nicht viel aus den Heiligen Schriften der Bibel wissen, eines ist dennoch klar: er war keiner, der seinen Glauben versteckt hat. Denn er hat mit seiner Familie einiges auf sich genommen – die Stationen in denen er mit seiner Gattin und dem aufwach-senden Jesus herausgefordert war, kennen wir. Mehr noch: Ich traue mir zu behaupten, dass das Vertrauen und damit der Glaube an Gott ihm erst die Möglichkeit eröffnet hat, so zu agieren. – Und damit, meine ich, unterscheidet er sich – plakativ gesprochen – von vielen heute, für die Glauben alles andere als Lebensermöglichung ist. Glauben und Leben werden, so nehme ich es wahr, zunehmend in unserer Weltgegend nicht miteinander kompatibel angesehen. Vernunft und Gläubigkeit werden mitunter ausgespielt, zum Glauben an Gott zu stehen wird vielfach „verwechselt“ mit einer sich frömmelnd gebärdenden Art und Weise, das Leben auf dieser Welt zu sehen. Erst Recht im Umgang mit Erfahrungen anderer Religionsgemeinschaften und fundamentalistischen Strömungen in diesen wird gelebter Glauben scheel angeschaut und mit allerlei Nebenwirkungen in der Öffentlichkeit bedacht, so als ob es notwendig wäre, Glauben immer nur gemeinsam mit einer Art Beipackzettel von Arzneien zu genießen, um (schädliche) Nebenwirkungen hintanzuhalten. Ein solches Klima, das seit geraumer Zeit uns entgegenweht, macht auch vor uns nicht Halt.
2. Ich jedenfalls habe in meiner Lebensgeschichte Glauben ganz anders erlebt und versuche daher auch, dies in meinem Dienst als Bischof deutlich zu machen. Glauben ist zunächst, allgemein gesprochen, die Möglichkeitsbedingung zu leben: denn es gibt immer mehrere Möglichkeiten, das Leben zu gestalten – und ich fühle mich daher immer von den konkreten Dingen angegangen und zu Entscheidungen herausgefordert, weil ich wählen kann. Im religiösen Kontext kann damit dann die Rückbesinnung und Rückbindung des Menschen an die Wirklichkeit Gottes bezeichnet werden, der mich und mein Dasein für eine Lebenswirklichkeit öffnet, die offen auf Zukunft ist, weil offen für die Ewigkeit. Noch weiter und enger gedacht ermöglicht mir daher der Glaube in unserer Kirche, der Glaube an den Gott, der Liebe ist und daher nichts anderes kann als auf Ewigkeit hin zu lieben, sich ganz und gar dem zu öffnen was sich mir in meiner Welt an Herausforderungen stellt. Glaube ist demnach, so erfahre ich es, nicht damit verbunden, sich von der Welt und allem in ihr zu „entfernen“, sondern ermöglicht es mir, sich dieser (!) Welt mit allem (!), was sich in ihr abspielt, ganz und gar zu stellen. Glauben ist Lebens-Ermöglichung!
3. Daher, liebe Männer: Lassen wir uns in diesen Tagen der österlichen Bußzeit, die dieser intensiven Auseinandersetzung dienen soll, neu ein auf Gott und damit auf den Glauben. Er ist weit mehr als das, was wir vielleicht an Bildern von „Kirche“ und ihrem Leben in uns tragen, er ist mehr als bloßes Engagement für die Aufrechterhaltung gewisser Ereignisse im Jahreslauf, und er ist mehr als Brauchtumspflege. Glauben ist Beziehungspflege, die es mir ermöglicht, von Gott aus und damit dem Blickwinkel der Ewigkeit aus, alles zu gestalten und auch umzugestalten, was mir in dieser Welt begegnet. Nichts kann mich mit Ihm (!) eigentlich aus der Bahn werfen. M.a.W.: es gilt – und die Komplexität der Herausforderun-gen in der Welt, wie sie sich uns bietet, leitet uns immer stärker dazu an – die Ewigkeit als Ziel unseres Daseins wieder deutlicher in den Blick zu nehmen. Wir sind eben nicht daraufhin erschaffen, alles was möglich ist, in unser Dasein hin-ein zu stopfen. Unser Leben währt eben nicht nur die zu erwartenden Jahrzehnte – unser Leben ist eines auf ewig. Und daher erwächst uns Freiheit, die nächsten Schritte vertrauend darauf zu setzen, dass ER uns mit allem in seinen Händen hält.
4. Lernen wir glauben! Und: lernen wir uns genau darüber – und das fällt, soweit ich es sehe, uns Männern sehr schwer – auszutauschen. Damit meine ich nicht Seelenstriptease, sondern die Beantwortung der Frage: „Was lässt dich leben? Was lässt dich überzeugt sein? Was lässt den nächsten Schritt in eine ungewisse Zukunft setzen?“ Noch einmal: Nehmen wir im hl. Josef ein Vorbild! Lernen wir glauben!