Archiv der Kategorie: Pfarrinstruktion

Meine unvollständigen und alles andere als wissenschaftlich-exakten Gedanken zur Instruktion „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“
werde ich in loser Folge in diesen Tagen hier veröffentlichen. Gesammelt können diese unter http://krautwaschl.info/category/instruktion abgerufen werden. –
Da hier dem Erscheinungsdatum entsprechend absteigend sortiert wird, sind die einzelnen Kapitel „von unten nach oben“ zu lesen. Danke für das Verständnis.

instruiert werden – XLVIII

48. Schlussbemerkungen II

Eigentlich wollte ich nur kurz so manche Gedanken liefern, um deutlich zu machen, dass ich bereit bin, im „Hören“ auf diese Instruktion – ich hoffe ich habe es getan – manches an Tageslicht zu befördern, was im grellen Scheinwerferlicht der Beobachtung mitunter nicht gesehen wird oder übersehen wird. Ich meine auch, dass dieses „ruhige Hinhören“ gewinnbringender ist bei allem, was auch „dagegen“ gesagt werden muss – und auch das ist in den nunmehr knapp 50 blog-Einträgen geschehen – als bloß das schnelle und nach Aufmerksamkeit heischende Antworten im grellen Scheinwerferlicht der Klassifizierungen zwischen „progressiv“ und „konservativ“ u.ä.m.

Ich meine, dass es sich „lohnt“, die Überschrift wirklich als Verstehensschlüssel für alle Passagen der Instruktion her zu nehmen und diese Art von „Gesellschaft“ zu leben, die eben Kirche so einzigartig macht als „Leib Christi“. Von der Sendung her gilt es Kirche „neu“ zu verstehen – so jedenfalls interpretiere ich selbst immer wieder unseren Papst und gebe ihm vollkommen recht: die bloße Lehre als hieratischen Block ohne Leben aus der und der Liebe den Menschen anzubieten ist fahrlässig und wird uns ohnedies durch eine Glaubwürdigkeitskrise sondergleichen, die wir derzeit wahrnehmen, offensichtlichst aufgetischt. Und nach wie vor beschäftigen wir uns als Innenarchitekten statt die Sendung als uns bestimmend wahrzunehmen, nach wie vor meinen wir unsere Identität (als Kirche bzw. als Glieder in ihr, als Amtsträger usw.) zu retten und zu erhalten, indem wir uns abgrenzen von anderen. Wir merken dabei zu wenig, dass wir an der christlichen Identität mehr als vorbeischrammen, die eben heißt: nicht Identität durch Abgrenzung, sondern durch Liebe und Hingabe. Ich ergänze sogleich, dass ich um mich als sündigen Menschen weiß – das ist kein „fishing for compliments“! Auch ich hoffe, dass ich mich redlich mühe – gerade weil ich ein geweihtes Amt in der Kirche und für sie ausübe – den Worten und damit Geboten unseres Meisters zu entsprechen. Das ist Leitung, die freigibt und eben nicht „bestimmt“, aber gerade darin bestimmend ist, weil einen Lebensstil in diese Welt einpflanzend, den sie gerade im Heute nötig hat, das vielfach von egoistischen Antrieben gezeichnet ist[1].

Man würde mich wohl auch dann „falsch“ verstehen, wenn all das, was ich mir in den vergangenen Wochen so zu dieser Instruktion gedacht und niedergeschrieben habe – tagebuchmäßig, als bloße „Verteidigung“ der römischen Position gelesen würde. Ich verstehe meine Überlegungen zum Einen als hinhörendes Reflektieren und damit auch als Kritik im ursprünglichen Sinn des Wortes und hoffe, dass sich hier einige wiederfinden. Ich habe daher versucht, an für mich „entscheidenden Stellen“ das deutlich zu machen, etwa

  • wenn ich meinte, ob eine Instruktion das richtige Vehikel sei, prinzipielle pastorale Erwägungen zu transportieren – und habe mich dennoch darauf eingelassen, weil es nun mal so vorgegeben ist;
  • wenn ich angefragt habe, ob und wie gesamtkirchliche Dokumente ohne Rücksprache mit den Ortskirchen und damit auch einer einfühlsameren Übersetzung, die den Denkhorizont der Empfänger wirklich ernst nimmt, sinnvoll sind;
  • wenn ich den inneren Aufbau der Normen, die in Erinnerung gerufen werden, als unglücklich um nicht zu sagen „falsch“ dargestellt habe, weil es in der missionarischen Sendung der Kirche und damit auch unserer Pfarren eben nicht nur um Themen rund um die Leitung und damit die Rolle und Funktion der Pfarrer bzw. Priester geht, sondern wesentlich diese Dimension der ganzen Kirche in den Vordergrund gerückt werden soll;
  • wenn ich manche Themen in einer weltweiten Instruktion als eigentlich nicht angebracht betrachte oder deren Bedeutung durch eine falsche Setzung von Kapiteln und Abschnittsunterteilungen infrage stelle;
  • wenn ich darüber hinaus das Instrument der „Instruktion“ in manchen Bereichen als nicht entsprechende literarische Form für so manche Darstellungen hinterfragt habe;
  • usf.

Habe ich mit diesen ausführlichen Überlegungen, die wie gesagt weit länger wurden als ich mir selbst gedacht habe, nicht doch – gegen meinen anfangs getätigten Einwand – dieses römische Dokument „zu ernst“ genommen? Die Frage mag gestellt werden. Genauso aber irritiert mich bei so manchen der – beinahe schon – prinzipielle hermeneutische Verdacht an Dokumenten unter dem Motto: „Kann denn aus Rom etwas Gutes kommen?“ Ich finde, dass im aufmerksamen Hinhören auch so manches mir selbst für unseren Weg in der Diözese klarer und deutlicher wurde und daher werde ich mich mühen, dies – und das ist eben diese evangelisierende Dimension von Kirche, die sich gemeinsam gesendet weiß mitten hinein zu allen in unserer Welt, vor allen zu denen am Rand – auch in meinem Verantwortungsbereich entsprechend deutlich einzumahnen. Ob ich fähig bin, ob wir fähig sind zu einer solchen Umkehr hoffe ich.

[1] Derzeit in der COVID19-Krise sind ja sehr viele die richtigen und besten Virologen; bekanntlich ist Österreich ja eine Nation, in der es mehr als 8.000.000 Fußballnationaltrainer gibt usw. – Wenn ich es recht sehe – und damit wird deutlich, dass dies für mich kein Vorwurf ist – ist es auch irgendwie nachvollziehbar, dass Menschen in einer zunehmend komplexer werdenden Wirklichkeit ihr „Heil“ im eigenen Selbst als dem vermeintlich einzig Stabilen suchen. Und diese Wirklichkeit macht auch vor den JüngerInnen Jesu im Heute des 21. Jahrhunderts nicht Halt.

instruiert werden – XLVII

47. Schlussbemerkungen I

In so manchen Kommentaren, die zur Instruktion erschienen sind, werden Beginn und Ende durchaus lobend erwähnt. Weil sie die missionarische Sendung der Kirche betonen würden, was tatsächlich stimmt. Wenn ich 122-124 richtig lese, wird damit nicht bloß eine Klammer zum Anfang gezogen, sondern tatsächlich auch deutlich gemacht, dass unter diesem Licht die ganze Instruktion zu lesen ist: „Unter Bezugnahme auf die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils, im Lichte des gegenwärtigen Lehramtes und mit Blick auf die tiefgehend veränderten sozialen und kulturellen Gegebenheiten, präzisiert die vorliegende Instruktion das Thema der Erneuerung der Pfarrei im missionarischen Sinn.“ (122) In den abschließenden Bemerkungen werden unter diesem Gesichtspunkt erneut manche Betonungen wiederholt, die in dieser „unverzichtbare[n] Institution für die Begegnung und die lebendige Beziehung zu Christus und den Geschwistern im Glauben“ (122) zu leben sind:

  • Ständige Auseinandersetzung (der Kirche, der Pfarre) mit den „aktuellen Veränderungen in der heutigen Kultur und im Leben der Menschen“ (122).
  • Mit „Kreativität [können] Wege und neue Instrumente“ erprobt werden, „die es ihr erlauben, ihrer erstrangigen Aufgabe zu entsprechen“: zu evangelisieren (122)
    Klar wird damit wieder einmal, dass die innere Verfasstheit der Kirche, die im oft sehr negativ kritisierten Teil der Instruktion genau diesem Zweck zu dienen hat.
  • Es geht um eine Überwindung des „Kirchturmdenkens“ der einzelnen Pfarre (123), die nichts mit anderen Lebenswirklichkeiten von Kirche zu tun haben will.
    Schon Bischof Klaus Hemmerle „mahnte“ ein, dass das Gebot Jesu der Nächstenliebe auch Institutionen leben können und sollen: „‚Deine‘ Pfarre ist ‚meine‘ und ‚meine‘ ‚deine‘.“[1] Oder eben: „Deine Lebenswirklichkeit von Kirche liebe ich wie meine eigene, ja ich bin bereit für sie das Leben zu geben“[2], um es spirituell auszudrücken.
  • Synergetisches Wirken der verschiedenen Charismen, Dienste und Ämter (123), um ein „‚pastorales Miteinander‘ im Dienste der Diözese und ihrer Sendung strukturieren“.
    Dass dieses Zusammenwirken in der Kirche in ihrer spezifischen Struktur gelebt werden kann und soll bedeutet eben auch, dass eine pastorale Umkehr wirklich von allen erfordert ist – ich habe dies immer wieder im Laufe meiner weit länger als gedacht gewordenen Überlegungen deutlich zu machen versucht.
  • „Es geht um ein pastorales Handeln, das durch eine wirkliche und vitale Zusammenarbeit zwischen Priestern, Diakonen, Gottgeweihten und Laien und zwischen verschiedenen Pfarrgemeinden des gleichen Gebietes oder der gleichen Region danach strebt, gemeinsam die Fragen, die Schwierigkeiten und die Herausforderungen hinsichtlich der Evangelisierung auszumachen; das versucht, Wege, Instrumente, Vorschläge und Mittel, die geeignet sind, um diese anzugehen, einzubeziehen.“ 123 werden danach einige Möglichkeit missionarischen Miteinanders und Koordinierung benannt …
    Angesichts dieser Erinnerung stelle ich an so manche negativ kritische Bemerkung die Frage, ob es eigentlich in der kirchlichen Struktur des geweihten Amtes usw. usf. wirklich nicht denkmöglich ist, dies zu leben?[3] Jedenfalls habe ich den Eindruck – und: wäre es daher nicht höchst an der Zeit, es zumindest mit einem (neuen [?]) Miteinander der verschiedenen zu beginnen, höchst an der Zeit gemeinsam als Kirche Zeugnis zu geben vom Auferstandenen, „damit die Welt glaubt“ (vgl. Joh 20,22)?
  • „Das pastorale Miteinander erfordert daher über eine verantwortliche Koordination der Aktivitäten und der pastoralen Strukturen hinaus, die imstande sind, miteinander in Beziehung zu treten und untereinander zusammenzuarbeiten, den Beitrag aller Getauften.“ (123) Gerade diese Art eines Miteinanders und nicht „Nebeneinanders“[4].
    Beziehung und damit Liebe zu leben sind wirklich Schlüssel, an denen die Welt die Jüngerinnen Christi erkennt, weil ER dann als Auferstandener in ihrer Mitte gegenwärtig ist (vgl. Mt 18,20). Wie wenig doch dieses Miteinander in den Pfarren, zwischen verschiedenen spirituellen Gruppen, zwischen Pfarren etc. wirklich zum Wohl des Ganzen, des Leibes Christi mitunter gelebt wird. Dies bedeutet keineswegs, dass nichts gelebt wird, aber eben „individuell“ und „nebeneinander“.
    Gerade deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal allen danken, die haupt- und/oder ehrenamtlich sich engagieren – an irgendeinem „Zipfel“ von Kirche, um dadurch IHN zu bezeugen. Bringen wir all diese Gaben mehr und mehr ein ins Miteinander, damit sich nicht Einzelne (als Personen wie auch als Pfarren) um „alles“ mühen …

[1] vgl. u.a. Mt 19,19 par.

[2] „Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.“ (Joh 15,12)

[3] In der englischen Fassung eines Abschnittes von 123 wird m.E. genau dies deutlicher als in der deutschen, wenn es dort heißt: „The present Document, therefore, besides underscoring the urgency of a this type of renewal, presents the canonical norms that establish the possibilities …“, so als ob ausgedrückt werden will: Gerade weil es um diese Dimensionen des Lebens von Kirche geht, werden die Normen des Rechts in Erinnerung gerufen. (Derselbe Abschnitt wird im deutschen wie folgt wiedergegeben: „Über die Betonung der Dringlichkeit einer solchen Erneuerung hinaus, legt deshalb das vorliegende Dokument eine Anwendungsweise der kanonischen Normen vor …“.

[4] Wenn wir uns selbst ehrlich sind, ergeben sich doch zahlreiche Arten und Formen „nebeneinander“ zu leben, die mitunter auch noch gepflogen werden – der sprichwörtlich bekannte „klerikale“ Neid ist nach wie vor auch unter kirchlichen Strukturen nicht ausgestorben.

instruiert werden – XLVI

46. „milde Gaben“

Kapitel XI der Instruktion ist meines Erachtens „der Fremdkörper“ schlechthin. Es geht darin um die Gaben der Gläubigen für gottesdienstliche Feiern. Wenn dies schon ein wichtiges Thema ist, das angesprochen werden muss in einem solchen Schreiben, dann müsste es wohl unter der „Vermögensverwaltung“ einen entsprechenden Platz finden. Was dies mit der „pastoralen Umkehr“ der Pfarren zu tun hat, die sich hauptsächlich um strukturelle Veränderungsfragen und die Art und Weise wie Seelsorge angelegt werden soll, ist und bleibt zu fragen.

Freilich: mit gerade diesen Gaben ist sorgsam umzugehen, damit keinesfalls der Eindruck von „Kauf“ von geistlichen Gütern entsteht – dies scheint wohl da und dort in der Weltkirche problematisch zu sein. Andererseits – und die Instruktion bemerkt dies selbst – werden diese freiwilligen (!) Gaben ja zum Unterhalt der Pfarre wie auch dem der Amtsträger gegeben und sind daher Gelder, die unter dem missionarischen Aspekt der Kirche zu verwenden sind. Dennoch ist ein eigenes Kapitel für diese Thematik (118-121) für mich jedenfalls reichlich übertrieben.

Zugleich ist aber eben auch erneut die Weltdimension einer solchen Veröffentlichung zu bedenken: Vielfach leben Priester und Gemeinden von den Gaben und Spenden des Volkes. In Gegenden wie der unsrigen, in der es einen Kirchenbeitrag[1] gibt, die wesentliche Teile dieses Anliegens übernimmt, ist die Höhe der Gaben zu vernachlässigen[2]. Dass gegebenenfalls – gerade aufgrund unserer spezifischen Situation der Kirchenfinanzierung auf dem Gebiet der „milden Gaben“ für die Feier der Sakramente immer wieder neue Überlegungen angestellt werden sollten – hier wird auch viel für andere Diözesen in der Welt geleistet[3] – sollte selbstverständlich sein. Zugleich wird aber, soll diesem abschließenden Kapitel doch auch im Verstehenshorizont dieser Betrachtungen Positives abgewonnen werden, erneut deutlich, wofür Kirche stehen und gelebt werden soll und daher auch das Geld, das sie zu verwalten hat: es geht um den Einsatz für die Gesellschaft – rund um die Welt.

[1] In den Diözesen der BRD eine „Kirchensteuer“.

[2] In Österreich werden etwa € 9,00 für die Feier der Messe erbeten; hinzu kommen dann ggf. noch Kosten für die musikalische Gestaltung. Den Diözesen ist es überlassen, den Betrag zu splitten in einen Teil für den Priester und in einen Teil für die Kirche, da ja Kerzen, Beleuchtung etc. bei gottesdienstlichen Feiern anfallen. Was die übrigen „Gebühren“ („Stolare“) anlangt so sind diese ebenfalls – aufgrund des Kirchenbeitrages – in der Höhe gering, sind aber in den Diözesen unterschiedlich geregelt.

[3] Es gibt wohl etliche Pfarren, die sogenannte Messintentionen Priestern in der sog. „3. Welt“ zur Verfügung stellen. Ich weiß auch von vielen Priestern, die von vornherein diese Gelder wohltätigen Zwecken zuführen, für die sie bestimmt sind.

instruiert werden – XLV

45. gemeinsam Verantwortung tragen – für die Pastoral

Die „berühmte“ Anmerkung zum Beginn der sogenannten „Pastoralkonstitution“ des Zweiten Vatikanischen Konzils „Gaudium et spes“ lautet: „Die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute besteht zwar aus zwei Teilen, bildet jedoch ein Ganzes. Sie wird „pastoral“ genannt, weil sie, gestützt auf Prinzipien der Lehre, das Verhältnis der Kirche zur Welt und zu den Menschen von heute darzustellen beabsichtigt. So fehlt weder im ersten Teil die pastorale Zielsetzung noch im zweiten Teil die lehrhafte Zielsetzung. Im ersten Teil entwickelt die Kirche ihre Lehre vom Menschen, von der Welt, in die der Mensch eingefügt ist, und von ihrem Verhältnis zu beiden. Im zweiten Teil betrachtet sie näher die verschiedenen Aspekte des heutigen Lebens und der menschlichen Gesellschaft, vor allem Fragen und Probleme, die dabei für unsere Gegenwart besonders dringlich erscheinen. Daher kommt es, daß in diesem zweiten Teil die Thematik zwar den Prinzipien der Lehre unterstellt bleibt, aber nicht nur unwandelbare, sondern auch geschichtlich bedingte Elemente enthält. Die Konstitution ist also nach den allgemeinen theologischen Interpretationsregeln zu deuten, und zwar, besonders im zweiten Teil, unter Berücksichtigung des Wechsels der Umstände, der mit den Gegenständen dieser Thematik verbunden ist.“[1]

Wenn es also im Kirchenrecht darum geht, über „Pastoral“ zu sprechen, dann ist zunächst einmal anzunehmen, dass hinter diesem mittlerweile in unseren Sprachgebrauch eingegangenen Begriff dieser Inhalt gemeint ist. Die Überschrift und damit der Verstehensschlüssel der Instruktion legen dies nahe: es geht nicht um die „Innenarchitektur“ der Kirche, sondern um unsere Sendung. Es geht nicht zunächst darum, wie wir uns selbst verstehen und daher organisieren, sondern darum, wie wir nach dem Willen Gottes fragen und die erkannten Antworten im Dienst an Welt und Gesellschaft in dieser und für sie leben. Es gilt also, dass wir das Evangelium allen anbieten, hier vor allem an jene denken und sie „hereinholen“, die „draußen“ sind und dies gemeinsam bezeugen. Gerade deswegen ist es sinnvoll, dass es einen Ort gibt, an dem die Sendung der Kirche – je nach den vorgefundenen Umständen bedacht, reflektiert und in den Blick genommen wird.

Interessant ist, dass nach der Einschärfung Papst Franziskus‘, Pastoralräte einzurichten – in unserer Diözese heißen diese Diözesanrat und Pfarrgemeinderat – die Instruktion in 108 auf die unterschiedlichen Möglichkeiten verweist, wie dieser Räte eingeführt und gelebt werden können. Hierbei ist (109) die Chance der unterschiedlichen Charismen, die den Leib Christi aufbauen, zu nutzen: „Weit davon entfernt, ein schlichter bürokratischer Organismus zu sein, unterstreicht und verwirklicht der Pastoralrat folglich die Bedeutung des Volkes Gottes als Subjekt und aktiver Protagonist der missionarischen Sendung kraft der Tatsache, dass alle Gläubigen die Gaben des Heiligen Geistes in der Taufe und in der Firmung empfangen haben“ (110).

Gerade deswegen würde es sich wohl auf diözesaner Ebene wie auch pfarrlicher Ebene, auf der Ebene der Pfarrverbände oder auch der Seelsorgeräume – wie auch immer in den einzelnen Diözesen diese synodalen Räte genannt werden – lohnen, die Tagesordnungspunkte der letzten Jahre durchzusehen: „Wo beschäftigten wir uns mit der missionarischen Sendung der Kirche?“, wie es in 110 deutlich verlangt wird. Und – um auch 112 in Erinnerung zu rufen: Ist wirklich das Gesamt des Volkes Gottes in unseren Räten abgebildet: „Er stellt einen spezifischen Bereich dar, in dem die Gläubigen ihr Recht wahrnehmen und ihrer Pflicht nachkommen, ihre Meinung hinsichtlich des Wohls der Pfarrgemeinde den Hirten und auch den anderen Gläubigen mitzuteilen“. Daher ist er eben nicht so sehr auf die Organisation kirchlichen Lebens ausgerichtet, sondern auf die Sendung der Kirche in die Welt. „Damit der Dienst des Pastoralrates wirksam und fruchtbar ist, gilt es zwei Extreme zu vermeiden: zum einen dass der Pfarrer sich darauf beschränkt, dem Pastoralrat bereits getroffene Entscheidungen vorzulegen, vorausgehend nicht in geschuldeter Weise informiert oder den Rat nur pro forma zusammenruft; andererseits dass der Pfarrer nur Mitglied des Rates und seiner Rolle als Hirte und Leiter der Gemeinde beraubt ist“ (113).

Damit wird – analog dem Vermögensverwaltungsrat – auch die beratende Stimme in Erinnerung gerufen[2]. Schließlich wird daran erinnert, dass jene die in der Pastoral tatsächlich auch Verantwortung tragen, mit beteiligt sind, damit eben nicht der Fall eintritt – um es plakativ zu machen: da gibt es diejenigen, die „anschaffen“ und jene, die „umzusetzen haben“. All dies scheint mir wohl dann am ehesten gegeben, wenn sich alle (!) in Erinnerung rufen: es geht um die Sendung der Kirche, der Pfarre, des Seelsorgeraumes hinein in die jeweiligen Situationen der Welt, die mit dem Evangelium beseelt werden soll/t/en. In vielen Pfarren geschieht sehr viel, wird dies auch unter dieser Priorisierung bedacht, beraten und gelebt? Und: wird Kirche als „mehr“ gesehen denn „Feier-Ort“, wird „Kirche“ auch als „Caritas“ wahrgenommen oder/und als Ort, an dem Glaube verkündet und bekannt wird?[3]

[1] http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19651207_gaudium-et-spes_ge.html

[2] Wie schon beim Wirtschaftsrat (https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xliv) sei hier auch an die Ausführungen zum Thema „Leitung“ erinnert – als Verstehens- und Verständnishilfe, dass eben „Rat“ zu geben etwas ganz und gar Bedeutsames ist: vgl. u.a. https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xix/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxiv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxx/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxi/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxii/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxiii/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxiv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxvi/.

[3] Einige Jahre meines priesterlichen Lebens war ich Leiter im Schul- und Bildungszentrum „Augustinum“ unserer Diözese: hier wurde nur selten sonntags Eucharistie gefeiert – auch in Ermangelung anwesender SchülerInnen oder Internatler. Ist ein solcher Ort dann nicht „Kirche“? Und: welche Bilder von „Kirche“ prägen uns in unserem Inneren?

instruiert werden – XLIV

44. gemeinsam Verantwortung tragen – für das Vermögen

Es ist wohl ein als interessant zu bezeichnender Aspekt, dass weltkirchlich für die Ebene von Pfarre und Diözese „nur“ der Vermögensverwaltungsrat zwingend vorgeschrieben ist (can. 492 bzw. 537); dies gilt im Übrigen auch (vgl. can. 1280) für jedwede kirchliche juristische Person. Wenn ich dies beschreibe muss ich unwillkürlich an eine Aushilfe denken, die ich vor Jahrzehnten in einer obersteirischen Kleinpfarre geleistet habe. Nahe des Eingangs zur Kirche war eine Heiligenfigur auf einem Sockel mit 2 Löchern platziert. Nach der Messfeier fragte ich jemanden aus dem Ort, was denn diese beiden Löcher bedeuten bzw. was denn die Kiste gewesen sei, die das Podest für die Statue bildete. Die Person antwortete: „Das war mal die Kirchenkasse. Der Propst hatte nur gemeinsam mit dem Pfarrer – und umgekehrt – Zugriff zum Vermögen.“ Vieraugenprinzip des 18. Jahrhunderts.

101 beginnt mit den Worten „Die Verwaltung der Güter, über die alle Pfarreien in verschiedenem Ausmaß verfügen, ist ein wichtiger Bereich der Evangelisierung und des evangelischen Zeugnisses gegenüber der Kirche und der Gesellschaft“ und macht damit deutlich, wofür es Gelder, Immobilien, Grund und Boden etc. zu verwalten gilt: es geht um die Sendung der Kirche, die Güter seien eben „mit missionarischem Eifer und Geist“ zu verwalten. Klar ist: ein solcher Rat, der aus mehreren Personen zu bestehen hat, ist daher zwingend in jeder Pfarre zu errichten und für das Ganze der Pfarre zuständig. In unserer Diözese entspricht der „Wirtschaftsrat“[1] dem, was im allgemeinen kirchlichen Recht „Vermögensverwaltungsrat“ benannt wird[2].

Für die Neustrukturierung dieses Gremiums auf weltkirchlicher Ebene ist interessant, dass der gesamtkirchliche Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit der Personenidentität in mehreren Vermögensverwaltungsräten vorsieht (14). Ob dies staatskirchenrechtlich möglich ist und ob dies die einzelnen Pfarren in ihrer je eigenen Identität überhaupt wollen steht auf einem anderen Blatt. Interessant an den allgemeinen Ausführungen der Instruktion ist freilich, dass der Transparenz wegen die Vermögensverwaltung so geordnet werden soll. Dass es das Vermögen der Pfarre und nicht des Pfarrers ist (107) wird in der Instruktion auch in Erinnerung gerufen. Vor allem aber soll der ursprüngliche Zweck kirchlicher Güter und damit auch deren Verwaltung – eben im Sinn der notwendigen pastoralen Umkehr – deutlich gemacht und dies bearbeitet und beraten werden. Welch andere Prioritätensetzung (was nicht heißt, dass man sich nicht auch um kirchliche Gebäude zu kümmern hätte, aber eben an die Sache mit diesem prinzipiellen „Blick“ der Sorge um die Verkündigung und die Sendung zu allen heranzugehen ist).

Das, was in so manchen Debatten rund um die Instruktion kritisiert wurde ist der Beratungscharakter des Vermögenverwaltungsrates, der analog auf Diözesanebene und damit als „Kontrolle“ des Ökonomen der Diözese installiert ist. Dies kann eigentlich nur auf dem Hintergrund der doppelten Sendung der geweihten Amtsträger verstanden werden: „in“ der und „für“ die Kirche und deren Ausgestaltung mitunter zum Ärgernis wird. Die verschiedenen theologischen Überlegungen, die ich im Laufe der Blog-Beiträge hierzu aus einem Vortrag von Klaus Hemmerle gegeben habe, mögen hier genauso wie die Ausführungen zum Thema „Leitung“ in Erinnerung gerufen und vertieft werden[3]. Das Zusammenspiel und nicht das „sich gegenseitig Ausspielen“ zweier Momente ist eben Grundlage synodalen Lebens, das daher auch nicht einfach mit „demokratischen Prozesses“ verglichen werden kann. Noch einmal: staatskirchenrechtliche Vorgaben in der BRD etwa sind der Grund, wieso dies dort anders geregelt ist – und gerade deswegen (!) ist der innere Sinn des Mit- und Zueinanders von Kirche und wie sie sich selbst versteht, in dieses System einzupflanzen, damit eben nicht Kirche „verkommt“ zu einer Institution, die wir „uns selbst“ machen, sondern zuinnerst und immer Verweis ist auf den einen und lebendigen Herrn Jesus Christus.

[1] Die derzeit geltenden Statuten sind hier (https://www.katholische-kirche-steiermark.at/dl/proNJmoJmMJqx4KJKJKJKMoM/KVBL_2016_3_PGR_web.pdf) zu finden. Zu betonen ist, dass der eine oder andere Paragraph bis heute novelliert wurde und die anstehenden Veränderungen wie auch die Wahlen zum Pfarrgemeinderat wohl eine Neuausgabe der Statuten bedingen werden.

[2] Nebenbei: unterschiedliche Begrifflichkeiten können irritieren und tun das bisweilen auch, machen aber auch die innere Verfassung der Kirche deutlich, denn „Rom“ – um es plakativ zu sagen – ist eben nicht die „Konzernzentrale“, aus der dirigiert und alles stromlinienförmig geregelt wird. Dies ist ein Bild, das schon angesichts der weltweiten Situationen, in denen Kirche lebt, ad absurdum geführt wird. – Im übrigen merken wir auch staatlich an so manchen Debatten, wie sensibel es ist, wenn etwa supranationale Firmen einzelne staatliche Regeln für Niederlassungen zu akzeptieren haben; dies ist vor allem derzeit – wenn ich es recht sehe – für Internetfirmen in Debatte, etwa mit der Fragestellung, welchem Steuerrecht, Datenschutzrecht etc. diese unterliegen.

[3] vgl. u.a. https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xix/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxiv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxx/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxi/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxii/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxiii/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxiv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxv/ und https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xxxvi/.

instruiert werden – XLIII

43. gemeinsam Verantwortung tragen

Mit dem vorletzten Kapitel werden allgemein geregelte Verantwortlichkeiten in einer Pfarre in Erinnerung gerufen. Sofort ist zu ergänzen, dass hier teilkirchlich unterschiedlichste Ausprägungen gelebt werden. So etwa ist die staatskirchenrechtliche Verankerung der deutschen „Kirchengemeinde“ mit ihren daraus erwachsenden Strukturen, etwa dem Pfarrgemeinderat, nicht (!) mit dem zu vergleichen, was zwar prinzipiell in Österreich mit dem Institut der „Pfarrkirche“ gemeint ist; daher hat auch der „Pfarrgemeinderat“ bei uns ganz andere Aufgaben. Ähnlich verhält es sich mit dem, was gesamtkirchlich „Vermögensverwaltungsrat“ genannt wird; in der Steiermark etwa ist dies der pfarrliche „Wirtschaftsrat“. Die Reaktionen auf so manche Aussagen in der Instruktion sind schon allein auf diesem Hintergrund „anders“ zu verstehen und müssten wohl daher redlicher Weise zunächst immer benennen, was wirklich (!) in der „Realverfassung“ zu kritisieren ist. Um ein Beispiel zu nennen: staatskirchenrechtlich wird die Kirchengemeinde in der BRD, wenn ich es recht verstanden habe, eben von Laien geleitet. Da das allgemeine Norm im Kirchenrecht keine geltenden staatlichen Vereinbarungen abändert[1], so es diesem nicht widerspricht, wurden etwa was die Güterverwaltung anlangt schon in den 80iger Jahren in Rom entsprechende Ordnungen gutgeheißen, die dieses Recht „vor Ort“ ernstnehmen. Daher betreffen manche Regelungen der Instruktion deutsche Sachverhalte gar nicht, weil es eben andere Regelungen gibt[2]. – Nachfrage: wieso man sich dann mitunter so aufregt, frage ich mich schon.

Daher kann und muss (!) „anders“ an die Lektüre und damit auch die Bewertung der nun folgenden Ausführungen über den pfarrlichen „Vermögensverwaltungsrat“ (101-107), den pfarrlichen „Pastoralrat“ (108-114) sowie andere Organe (115-117) herangegangen werden als es vielfach mit der bloßen Begrifflichkeit erfolgt, da eben die Inhalte unter Umständen sogar staats(kirchen)rechtlich anderes bedeuten.

Allgemein kann und muss gesagt werden: wenn es um „Organe kirchlicher Mitverantwortung“ (corresponsability, corresponsabilità) geht, wie das Kapitel X der Instruktion überschrieben wird, wird deutlich, dass es nur „miteinander“ geht, soll Kirche als Institution gedacht und gelebt werden. Verantwortung zu tragen ist eben nie eine „one-man-show“, sondern geht nur miteinander. Freilich bleibt die Frage der Ausgestaltung dieser Mitverantwortung. Daher ist es nur logisch, dass es etwa in 101 der Instruktion bzgl. des Vermögensverwaltungsrats heißt: der „Pfarrer kann und darf daher in dieser Aufgabe nicht allein bleiben“, und Papst Franziskus die etwas weichere Formulierung des Codex[3] verschärft: „Ein Bischof kann eine Diözese ohne die pastoralen Räte nicht leiten. Ein Pfarrer kann die Pfarrei ohne die pastoralen Räte nicht leiten!“ Wenn ich dem Grundduktus folge, der in dieser Instruktion die geltenden Regeln in Erinnerung ruft[4] und mir den „hermeneutischen Schlüssel“ – wohl auch der Grund, wieso die Instruktion verfasst wurde – in Erinnerung rufe, dann gilt es, die gemeinsam getragene Verantwortung so zu leben, dass die Sendung der Kirche und nicht deren Selbsterhalt – um es plakativ auszudrücken – im Vordergrund steht: zu allen, vor allem zu denen am Rand und immer miteinander.

[1] can. 3 CIC 1983: „die Canones des Codex heben die vom Apostolischen Stuhl mit Nationen oder anderen politischen Gemeinschaften eingegangenen Vereinbarungen weder ganz noch teilweise auf; diese gelten daher wie bis jetzt fort ohne die geringste Einschränkung durch entgegenstehende Vorschriften dieses Codex.“
can. 4: „Wohlerworbene Rechte und ebenso Privilegien, die vom Apostolischen Stuhl bislang physischen oder juristischen Personen gewährt wurden, in Gebrauch sind und nicht widerrufen wurden, bleiben unangetastet, es sei denn, daß sie durch die Canones dieses Codex ausdrücklich widerrufen werden.“

[2] Auch hier ist der schon mehrmals erwähnte Beitrag von Hallermann in der HerKorr Nr. 9(2020), 50-51 aufschlussreich.

[3] can. 511 zum diözesanen Pastoralrat: „In jeder Diözese ist, sofern die seelsorglichen Verhältnisse es anraten, ein Pastoralrat zu bilden“; can. 536 zum pfarrlichen Pastoralrat: „Wenn es dem Diözesanbischof nach Anhörung des Priesterrates zweckmäßig scheint, ist in jeder Pfarrei ein Pastoralrat zu bilden“. Letzteres ist in der Diözese Graz-Seckau seit 1970 der Fall, wenn ich mich recht erinnere.

[4] Das schon vorher einmal Gesagte (vgl. https://krautwaschl.info/instruiert-werden-i/) wird im kirchlichen Rechtsbuch wie folgt im can. 34 ausgedrückt: „§1. Instruktionen, welche die Vorschriften von Gesetzen erklären und Vorgehensweisen entfalten und bestimmen, die bei deren Ausführung zu beachten sind, werden zum Gebrauch derer gegeben, die dafür sorgen müssen, daß die Gesetze zur Ausführung gelangen, und binden sie bei der Ausführung der Gesetze; diese Instruktionen geben innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit diejenigen rechtmäßig heraus, die ausführende Gewalt besitzen.

  • 2. Anordnungen von Instruktionen heben Gesetze nicht auf, und wenn irgendwelche mit Vorschriften von Gesetzen nicht in Einklang gebracht werden können, entbehren sie jeder Rechtskraft.
  • 3. Die Rechtskraft von Instruktionen endet nicht nur durch ausdrücklichen oder einschlußweise enthaltenen Widerruf seitens der zuständigen Autorität, die diese herausgegeben hat, oder seitens der übergeordneten Autorität, sondern auch durch Wegfall des Gesetzes, zu dessen Erklärung oder Ausführung sie gegeben worden sind.“

instruiert werden – XLII

42. gemeinsam die Sendung der Pfarre leben

Die Reaktionen auf die Instruktion sind unterschiedlich – wenn wirklich die ganze Welt eingesehen wird. Diese machen auch deutlich, wie unterschiedlich Kirche in den verschiedenen Regionen unserer Welt gelebt und gestaltet wird. Dies wirft natürlich ein besonderes Licht auf gesamtkirchliche Dokumente, woraus Notwendigkeiten erwachsen, die eigentlich zu beachten wären. Verschiedenste nennenswerte Punkte hierfür habe ich in den vergangenen Beiträgen schon erwähnt:

  1. unterschiedliche Kirchengeschichte und Erfahrungen im Leben von Kirche
    Da bekanntlich mit den „eigenen Ohren“ gehört wird – Kommunikationstheorie – wird wohl auch mit „eigenen Augen“ gelesen – angesichts der unterschiedlichen Stadien der Kirchenentwicklung in unterschiedlichen Regionen dieser Welt „hört“ bzw. „liest“ man gesamtkirchliche Dokumente auf dem je eigenen Horizont und mit den je eigenen Erfahrungen
  2. Begrifflichkeiten
    Wie schon zu Beginn am Begriff „Leitung“ festgestellt[1] wird in unterschiedlichen Regionen mit ein- und demselben Begriff unterschiedliches verbunden und gemeint. Für die Übersetzungen eines weltkirchlichen Dokuments ist daher besondere Vorsicht notwendig, damit nicht – wie bei „Leitung“ – die Gefahr besteht, dass Bilder, die sich mit Begriffen unweigerlich festsetzen, Ideen zu einer falschen Interpretation führen.
    Andererseits ist mehr denn je einzumahnen, dass auch geklärt wird, dass jene, die ein solches Papier ausarbeiten, dieselben Begriffe für dieselben Inhalte verwenden, vgl. etwa: „Dienst“, „Amt“, „Beauftragung“ etc. – Dies scheint mir in den unterschiedlichen römischen Dokumenten auch nicht immer gegeben, was freilich deren Adaptierung in die verschiedenen ortskirchlichen Situationen erschwert.
  3. unterschiedliche Geschwindigkeiten
    Alte und neue Kirchen in der Welt leben ganz anders. Die Erfahrung ist vorhanden – und diese ist gut, weil man sich auch gegenseitig inspirieren kann. Andererseits treffen weltkirchliche Dokumente auch auf diese unterschiedlichen Entwicklungsstände und laufen daher Gefahr, missverstanden zu werden. Dem kann nur insofern abgeholfen werden als solche Dokumente vorab gut bedacht und auch einer Art „kritischen“ Lektüre der unterschiedlichen Ortskirchen unterzogen werden oder aber, dass dieselben Prinzipien in unterschiedlichen Dokumenten auf die verschiedenen Situationen adaptiert veröffentlicht werden. – Die Rezeption der Instruktion macht dies ohnedies deutlich: was für die einen eher nach Rückschritt klingt ist für andere eine „Offenbarung“, weil bislang unbekannt.
  4. Aufgabe der römischen Behörden
    Ganz abgesehen davon, dass etwa die Zuordnung der Herausgeberschaft einer Instruktion wie der uns vorliegenden, in der es um das Leben der Kirche vor Ort in den Pfarren geht, bei der Kleruskongregation schon von vornherein „suspekt“ erscheint, wären wohl auch in der anstehenden Kurienreform die Aufgaben sinnvoll neu zu verteilen, um solchen „Vorverurteilungen“ von vornherein so gut es geht zu entgehen. Und sinnvoll wäre es wohl auch, dass die einzelnen Dikasterien an der römischen Kurie sich mehr und mehr vernetzen und gemeinsam auftreten, auch weil damit der eben erwähnte Eindruck mehr vermieden werden könnte. Darüber hinaus scheint es wohl auch Aufgabe der Ortskirchen zu sein, den Dialog mit den römischen Behörden intensiv zu leben, sodass Kirche auch auf dieser Ebene als „Leben, mit einem der lebt“ erfahrbar wird: sind wirklich die Entwicklungen der einzelnen Ortskirchen „präsent“ – die Tradition der „ad limina“-Besuche wäre wohl auch diesbezüglich neu zu bewerten und dem entsprechend zu gestalten.

[1] vgl. https://krautwaschl.info/instruiert-werden-i/

instruiert werden XLI

41. gemeinsam die Sendung der Pfarre leben: Dienste und Ämter II

Ein kleiner Exkurs muss gestattet sein, um speziell auf unsere Situation gesondert zu blicken. Weltweit betrachtet gibt es hauptamtlich angestellte Laien in verantwortlichen seelsorglichen Berufen nur sehr vereinzelt. Diese sind daher bei einer weltkirchlichen Instruktion nicht oder zumindest nicht vorrangig im Blick[1]. Daher erlaube ich mir, kurz auch im Angesicht der Instruktion zur „pastoralen Umkehr“ auf die verschiedenen Berufsgruppen der Laien einzugehen, die in der Seelsorge da und dort hauptamtlich angestellt die gemeinsame Sendung unserer Kirche um Heute vorantreiben. Ich denke da vor allem und beispielhaft an den Berufsstand der „PastoralassistentInnen“ bzw. „-referentInnen“ und auch an die PfarrsekretärInnen, also MitarbeiterInnen in den Pfarrbüros/-ämtern.

Die im vorigen Blogeintrag[2] zitierte Stelle des Artikels von em. Univ.-Prof. Hallermann sei in Erinnerung gerufen[3] erinnert daran, dass diese Berufsgruppen vielfach nach dem Krieg, rund um bzw. nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entstanden sind[4]. In Österreich gab und gibt es – um die Pastoralreferenten/-assistenten im Blick zu haben – prinzipiell 2 Ausbildungswege: den akademischen und damit der Priesterausbildung analogen oder aber einen auf einer kirchlichen Schule, die derzeit in Österreich (nur) berufsbegleitend angeboten wird. Wird beim Studium als Voraussetzung zur Anstellung in der Seelsorge die Analogie zum Einsatz als Priester deutlich, so war die zweite Ausbildungsform in der Entstehung vor allem an Frauen und diese wiederum analog zur Lebensform der Priester strukturiert. Die Absolventinnen[5] wurden bezeichnenderweise „Pfarrschwestern“ genannt[6]. Beide Ausbildungsformen mach/t/en deutlich, dass der Beruf „hauptamtlicher Laie in der Seelsorge“ – vereinfacht gesagt – als „Ersatzposten“ für die weniger werdenden Priester gesehen und eben in all den Bereichen vor Ort eingesetzt wurden, die Laien offenstehen. Es muss ergänzt werden, dass ein Einsatz solcher Personen von Haus aus nur in „reichen“ Kirchen möglich ist. Eine solche Einstellung wirkt anscheinend in der Rahmenordnung der DBK aus 2011 nach – eine entsprechende österreichische Ordnung ist mir derzeit nicht geläufig, wiewohl es diese wohl geben wird.

In den letzten Jahren wurden vielfach in internen Diskussionen nunmehr andere – wohl auf dem Kirchenbild des VatII gründende – Fragen zu diesen Berufen gestellt: „Wo brauchen wir in unserer Kirche theologisch voll ausgebildete Laien? Wo diese in der Seelsorge?“ Und damit begann ein Umdenken, das ich wahrnehme: weg vom „Priester-Ersatz“ – die simplifizierende Sprache sei mir verziehen – hin zu einem wirklichen „Amt in der Kirche“, wie es auch Hallermann beschreibt, das aus Taufe und Firmung erwächst. Mitten in diesem Umbauprozess stecken wir[7] – es wird wohl noch Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte dauern, um das neue Zusammenspiel verschiedener kirchlicher Sendungen im Denken zu verankern und dieses dann auch im alltäglichen Tun umzusetzen, ohne dass die von einer priesterzentriert denkenden und handelnden Kirchenform unter anderen Vorzeichen sich immer wieder durch Wortmeldungen und Taten „Bahn“ bricht. Umkehr ist nötig, wie wahr.

[1] Eine analoge Situation finden wir etwa auch auf dem Bereich der theologischen Studien vor, die weltweit üblicher Weise an katholischen Fakultäten unterrichtet werden. In BRD, Schweiz und Österreich hingegen – wo noch ist mir derzeit nicht präsent – hingegen wird Theologie, nicht nur Religionspädagogik auch an staatlichen Fakultäten gelehrt. Daher muss bei Rundschreiben der hierfür zuständigen Bildungskongregation immer dieser „weltkirchliche Blick“ „nostrifiziert“ werden, um zwischen Intention der römischen Behörde und den konkreten Maßnahmen zu unterscheiden, die eben nur teilweise – wenn überhaupt – auf unsere Situation anzuwenden sind. Derzeit gibt es u.a. zwei nicht unbedeutende Felder, wo dies notwendig erscheint: Nach dem Erscheinen von „veritatis gaudium“ (http://w2.vatican.va/content/francesco/de/apost_constitutions/documents/papa-francesco_costituzione-ap_20171208_veritatis-gaudium.html) muss ein „Akkomodationsdekret“ erarbeitet werden, um die Vorgaben unseren Gegebenheiten anzupassen. Auch die Adaptierung der „ratio fundamentalis“ für die Priesterausbildung („Das Geschenk der Berufung zum Priestertum“ vom 8.12.2016, https://www.dbk-shop.de/media/files_public/fnsjpjbueet/DBK_2209.pdf) auf die „ratio nationalis“ braucht wesentlich die Adaptierung auf unsere Ausbildungswege und -schwerpunkte.

[2] https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xl/

[3] Heribert Hallermann: Über den Unterschied von Gemeinde und Pfarrei. Zur Debatte zum Thema Leitung in der Kirche, in: HerKorr Nr. 9(2020), 50f., hier: 51: „Im Unterschied zur DBK, die hauptamtliche Laien als Personen betrachtet, ‚die vom Bischof mit bestimmten Aufgaben und Ämtern, die zum Dienst des Priesters gehören‘ (Rahmenordnung vom 1. Oktober 2011, Nr. 1.3.4) beauftragt sind, sieht das Kirchenrecht die Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten als Inhaberinnen und Inhaber von mit Seelsorge verbundenen Kirchenämtern im Sinne des c. 145 CIC. Das Konzept des Kirchenamtes bringt den Anspruch auf eine verbindliche Umschreibung der Aufgaben mit sich, die mit eigener, nicht delegierter Verantwortung verbunden sind. Demgegenüber geht die DBK vom vorkonziliaren Konzept des Laienapostolats aus, das aufgrund von Notlagen lediglich die Delegation von Aufgaben und Verantwortung kennt. Die geltende Rechtsordnung hingegen geht von den eigenen Aufgaben der Getauften aus (vgl. c. 204 §1 CIC/1983) und davon, dass ihnen mittels eines Kirchenamtes bestimmte zusätzliche Aufgaben übertragen werden können, die sie im Namen der Kirche ausüben.“

[4] Die Einführung von Laien als ReligionslehrerInnen begann – zumindest in unserer Diözese – nicht nur, wohl aber auch aufgrund der Abnahme der Priesterzahlen. Diese wurde erleichtert dadurch, dass in unseren Breiten Theologie auch an staatlichen Fakultäten gelehrt wird und daher eine Ausbildung zum Religionspädagogen nicht nur Bewohnern der Seminare offenstand.

[5] Ursprünglich wurden zu dieser Ausbildung meines Wissens nur Frauen zugelassen, die während der Ausbildung im „Seminar für kirchliche Berufe“ lebten. – Ein Steirer „brach“ meines Wissens den Bann und wurde dort als 1. Mann und dann auch verheiratet zum Pastoralassistenten ausgebildet.

[6] Analog dazu wurden dann in der Steiermark auch Ordensfrauen in „priesterlosen Pfarren“ als sogenannte „Gemeindeassistentinnen“ eingesetzt.

[7] Wenn ich hier von den PfarrsekretärInnen nicht schreibe, dann deswegen, weil diese sukzessive zur Entlastung der Pfarrer vom üblichen „Verwaltungskram“ eingesetzt wurden, damit dieser mehr und mehr freigespielt werde könne für die Seelsorge. Hier zeigt sich m.E. ohne viel Reflexion ein ähnliches Bild: dort, wo – in diesem Fall – der Pfarrer „selbst“ nicht mehr alles machen wollte oder konnte, wurden ihm Hilfen zur Seite gestellt.

instruiert werden – XL

40. gemeinsam die Sendung der Pfarre leben: Dienste und Ämter I

Ein Abschnitt im jüngst erschienen Artikel des emeritierten Kirchenrechtlers aus Würzburg, Heribert Hallermann, in der Herderkorrespondenz hat mich auf einen Aspekt aufmerksam gemacht, der mir für das Kapitel IX der Instruktion „Pfarrliche Beauftragungen und Dienste“ wesentlich erscheint: „Im Unterschied zur DBK[1], die hauptamtliche Laien als Personen betrachtet, ‚die vom Bischof mit bestimmten Aufgaben und Ämtern, die zum Dienst des Priesters gehören‘ (Rahmenordnung vom 1. Oktober 2011, Nr. 1.3.4) beauftragt sind, sieht das Kirchenrecht die Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten als Inhaberinnen und Inhaber von mit Seelsorge verbundenen Kirchenämtern im Sinne des c. 145 CIC. Das Konzept des Kirchenamtes bringt den Anspruch auf eine verbindliche Umschreibung der Aufgaben mit sich, die mit eigener, nicht delegierter Verantwortung verbunden sind. Demgegenüber geht die DBK vom vorkonziliaren Konzept des Laienapostolats aus, das aufgrund von Notlagen lediglich die Delegation von Aufgaben und Verantwortung kennt. Die geltende Rechtsordnung hingegen geht von den eigenen Aufgaben der Getauften aus (vgl. c. 204 §1 CIC/1983) und davon, dass ihnen mittels eines Kirchenamtes bestimmte zusätzliche Aufgaben übertragen werden können, die sie im Namen der Kirche ausüben.“[2]

Wenn dieser Befund stimmt, dann ergibt sich für mich eine völlige „Neubetrachtung“ so mancher Situationen in unseren Breiten: Sind wir wirklich in unseren Aufbaustrukturen so weit wie das Kirchenrecht denkt? Oder denken wir – und sind gerade deswegen sehr „allergisch“ – eher alles von „Leitung“ her und verstehen darunter etwas anderes als das kirchliche Recht, das eben darunter „nur“ die umfassende Hirtensorge versteht? – Auch wenn es die Instruktion erneut so durch ihre Struktur darlegt? Die Canones 228ff. im Kirchenrecht sprechen von Ämtern, die im Namen der Kirche von Laien ausgeübt werden können, Akolyth und Lektor sind darunter solche, die auch liturgisch übertragen und damit auf Dauer angelegt sind[3]. Ob mit den Diensten, die das Kirchenrecht – wenn auch unter besonderen und unterschiedlichen Voraussetzungen – unter Umständen auch für Laien vorsieht (etwa Taufspendung oder Trauungsassistenz, aber eben auch Predigterlaubnis – außerhalb der Messe) tatsächlich – wie es Paul M. Zulehner in einem pointierten Kommentar zur Instruktion meint[4] – das Weiheamt ausgehöhlt wird, wage ich auf diesem Hintergrund mal zu bezweifeln – auch deswegen, weil es eben nicht vom Weiheamt her verstanden wird. Dass wir in unserer erfahrbaren Kirchenwirklichkeit aber – auch aufgrund unserer Geschichte – immer „nur“ von dorther Kirche denkend (und vielfach auch real) aufbauen und deswegen nicht anders denken können/wollen sei zumindest auch angemerkt. Und nebenbei sei auch noch ergänzt, dass damit freilich einem bloß funktionalen Verständnis des Weiheamtes („Was darf ich – und eben nur ich – im Unterschied zu anderen?“) entgegengetreten wird.

So wäre es an der Zeit, meine ich, diese neuen Ämter, die dann freilich auch Frauen zugänglich sind, zu beschreiben und in einzelnen Diözesen zu benennen – jene, die mit dem Dienst der „umfassenden Hirtensorge“ dann betraut werden, die Pfarrer also, ist es demnach aufgegeben, alle diese Dienste in Einheit und damit im Blick auf unser aller gemeinsamen Herrn zusammenzuführen, damit sie der einen Sendung der Kirche dienen. Ich ergänze: interessant ist eben auch, dass etwa die Amazonien-Synode vom Papst Ämter erbeten hat, die nicht nur für den innerkirchlichen Bereich bestimmt sind[5]

Dass freilich die Instruktion – „semantischen Feinspitz“ ähnlich – darauf drängt (96) keine Begrifflichkeiten für diese Ämter zu verwenden, die den Weg der Ableitung vom Dienst der „umfassenden Hirtensorge“ und damit des Pfarrers her denkt, ist zum einen verständlich – um Verwechslungen zu vermeiden. Andererseits muss aber auch gesagt werden, dass wir – zumindest in unseren Breiten und geprägt von einer Geschichte, die eben so war wie sie war und sich daher auch in unser Bewusstsein eingegraben hat, dies versucht sind, von der „falschen Seite“ her zu denken und damit auch zu interpretieren und mitunter sogar die bislang oft be- und eingeklagten „Macht-miss-verhältnisse“ strukturell fortführen wollen[6], unter anderen Vorzeichen. Der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil scheint es aber doch um etwas „Neues“ zu gehen … Umkehr ist angesagt …

[1] Deutsche Bischofskonferenz.

[2] Heribert Hallermann: Über den Unterschied von Gemeinde und Pfarrei. Zur Debatte zum Thema Leitung in der Kirche, in: HerKorr Nr. 9(2020), 50f., hier: 51.

[3] Dass hierbei die Beschränkung auf „Männer“ (can. 230 §1) der Herkunft der Beauftragungen [Paul VI. hat die „niederen Weihen“ abgeschafft und dafür mit „Ministeria quaedam“ zwei neue „Beauftragungen“ geschaffen] geschuldet ist und eigentlich einfach erneuert werden sollte wie es auch die Synodalen der Amazoniensynode erbeten haben [Schlussdokument der Synode 102], sei am Rand erwähnt. – Ob darüber hinaus die Begrifflichkeit (ministeria, officia, ….) auch im Urtext zwischen den verschiedenen Texten eine einheitliche ist, wage ich – trotz Unkenntnis – ganz einfach zu bezweifeln.

[4] Paul Michael Zulehner: Die stille Erübrigung der Ordination (https://zulehner.wordpress.com/2020/07/22/2074/)

[5] vgl. Schlussdokument der Amazonien-Synode (https://www.adveniat.de/fileadmin/user_upload/Informieren/Themen/Zukunft_Amazonas/Schlussdokument_Amazonien_final.pdf), u.a. 93ff.

[6] Auch diesbezüglich gibt der Beitrag Hallermanns in HerKorr Nr. 9(2020), 50f. einige Aufschlüsse, auch wenn dazu gesagt werden muss, dass er die deutsche Situation vor Augen hat, in der staatskirchenrechtlich so manches anders als etwa in Österreich und wohl auch der Schweiz aufgestellt ist.

instruiert werden – XXXIX

39. gemeinsam die Sendung der Pfarre leben: mit den Laien

Die strukturelle Einbindung der beiden Artikel, die dem größten Teil des Volkes Gottes gewidmet sind (85-86) unter das Kapitel über die „Übertragung der Hirtensorge“ in der Instruktion ist – ich habe es schon mehrfach beschrieben – mehr als missglückt. Nicht nur, dass eben die AmtsträgerInnen in der Kirche genauso zum Volk Gottes („Laie“ kommt bekanntlich von laos, griechisch für „Volk“) gehören wie jene, die keines ausüben, sondern auch deswegen, weil sie damit – scheinbar – dargestellt werden nur als „Handlanger“ für jene, die die leiten. Die Beschreibung – auch hier gibt es keine einer Instruktion von ihrem Wesen her eigentlich zu erwartenden Normierungen – dessen, was die Berufung der Glieder des Volkes Gottes ausmacht[1] entspricht der oft in der Theologie seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil debattierten „ersten Aufgabe“ der „Laien“, nämlich dem „Weltcharakter“. Dies ist – und hier sollte meines Erachtens im Dialog eine begriffliche Klärung recht bald angegangen werden – insofern zu hinterfragen, weil sowohl im Recht wie auch in der Instruktion insgesamt immer wieder von der „gemeinsamen Sendung“ der Kirche die Rede ist und andererseits auch in der Instruktion die Heranziehung der Laien zur Mitwirkung am Wachstum des Leibes Christi betont wird: „Die Laien, denen der Weltcharakter in besonderer Weise eigen ist, d. h. «kraft der ihnen eigenen Berufung in der Verwaltung und gottgemäßen Regelung der zeitlichen Dinge das Reich Gottes zu suchen», «können sich auch berufen fühlen oder berufen werden zur Mitarbeit mit ihren Hirten im Dienst an der kirchlichen Gemeinschaft, für ihr Wachstum und ihr volles Leben. Sie können dabei sehr verschiedene Ämter übernehmen, je nach der Gnade und den Charismen, die der Herr ihnen schenkt».“

Angemerkt sei, dass – soweit ich es überblicke oder auch wahrnehme – in unseren Breiten der Dienst der Laien immer und immer wieder als Dienst in und für den Aufbau der Kirche verstanden wird und vielfach der andere Aspekt der Sendung – freilich der ganzen Kirche – hinein in die Welt nicht besonders beachtet wird. Die gemeinsame Sendung aber ist jene der „Umkehr“, die eingemahnt wird – und heißt dann eben auch: als Kirche, als – gegliedertes – Volk Gottes haben wir einen Dienst an Welt und Gesellschaft zu leisten. Es kann und darf uns nie nur um uns gehen! Wir haben uns allen zuzuwenden, wir haben uns vor allem denen am Rand zuzuwenden und wir haben uns unserer Sendung vor allem gemeinsam zuzuwenden. Dies ist, soweit ich es sehe, jene pastorale Umkehr, von der die Instruktion schon in ihrem programmatischen Titel spricht. Die Art und Weise, wie diese Grundausrichtung in der Instruktion eingebettet wird, ist mangelhaft; genauso mangelhaft ist – wie mir scheint – aber auch diese Grundausrichtung vielfach im Leben unserer Pfarrgemeinden und derer, die in ihnen einen Dienst ausüben: vielfach wird hier „Kirche“ lediglich mit „Liturgie“ wahrgenommen, und auch in der Öffentlichkeit wird dies als Aufgabe der Kirche gesehen. Kirche aber ist eben „mehr“ als das – und diese Erkenntnis ist uns, so hoffe ich, zugewachsen in der und durch die Cornona-Krise.[2] Feier – Bekenntnis – Dienst: wesentliche Eckpfeiler, auf denen kirchliches und damit gemeinschaftliches Leben derer aufruht, die sich in der Christus-Nachfolge wissen. Wie nehmen wir diese „Grundfunktionen“ in unserem täglichen Leben wahr und leben tatsächlich dies so wie manchen Heiligen, etwa Vinzenz von Paul, es nachgesagt wird? Und – dem Verstehensschlüssel der Instruktion entsprechend: müss/t/en wir uns hierzu nicht bekehren? Ich weiß: es wird diesbezüglich viel in unseren Pfarren gelebt, aber wird es wirklich zuinnerst als Berufung der Kirche wahrgenommen, den Glauben zu bekennen und diesen in Taten der Liebe zu tun?

[1] Die Terminologie sieht eben als „Laien“ jene an, die nicht geweiht sind.
Das kirchliche Gesetzbuch (cann. 204–207) benennt „Gläubige“ jene, die durch die Taufe in das gesamte Volk Gottes eingegliedert sind, und unterscheidet zwischen Klerikern und Laien, aus denen dieses Volk gebildet wird (can. 207 207 „§1. Kraft göttlicher Weisung gibt es in der Kirche unter den Gläubigen geistliche Amtsträger, die im Recht auch Kleriker genannt werden, die übrigen dagegen heißen auch Laien.
§2. In diesen beiden Gruppen gibt es Gläubige, die sich durch das von der Kirche anerkannte und geordnete Bekenntnis zu den evangelischen Räten durch Gelübde oder andere heilige Bindungen, je in ihrer besonderen Weise, Gott weihen und der Heilssendung der Kirche dienen; auch wenn deren Stand nicht zur hierarchischen Struktur der Kirche gehört, ist er dennoch für ihr Leben und ihre Heiligkeit bedeutsam.“
Etymologisch müsste freilich eine andere Terminologie gefunden werden, was bislang aber – wie mir scheint – noch niemandem einfach gelungen ist. Zu sehr wird in unseren Breiten „Laie“ als „Nicht-Fachmann“ betrachtet.

[2] In einem kurzen Hirtenwort zum Ende des lockdowns Mitte Mai 2020 habe ich dies versucht zum Ausdruck zu bringen: https://www.meinekirchenzeitung.at/steiermark-sonntagsblatt/c-sonderthemen/kirche-ist-eben-mehr_a5549.