instruiert werden – XIV

15. (staats)kirchenrechtliche Situation

Die heutigen Überlegungen mögen nicht unbedingt die wichtigsten sein, sind aber dennoch notwendig, weil die Instruktion der Kleruskongregation die allgemeine Situation der Welt im Blick hat, die aber durch staatskirchenrechtliche wie auch teilkirchenrechtliche Besonderheiten auch mit zu bedenken sind. Diese aber haben immer (!) Vorrang und haben daher logischer Weise – so es sie gibt – nicht von den allgemeinen Normen des Kirchenrechts umfasst. Wobei ich daran denke? Nun etwa an die deutsche Situation, in der das, was bei uns „Pfarrgemeinderat“ heißt und das, was bei uns in der Steiermark „Wirtschaftsrat“ heißt andere Aufgaben haben und daher auch anders strukturiert sind. – Mag dies aufs erste nicht von besonderer Bedeutung sein, so ist dies zu bedenken vor allem dann notwendig, wenn Strukturen verändert werden sollen/wollen.

Nun denn: es gibt also das Rechtsinstitut „Pfarre“. Vereinfacht gesagt: diese Institution ist kirchenrechtlich betrachtet, in dieser Form erst mit dem neuen Kirchenrecht 1983 eingeführt worden. Vorher gab es die „Pfarrkirche“ („Kirchenpfründe“), durch die die materiellen Notwendigkeiten für das Leben der Kirche vor Ort, also der Pfarre, aufgebracht werden sollten; die „Pfarrpfründe“ hingegen wurden dem amtierenden Pfarrer „verliehen“ und dienten als – vereinfacht gesagt – „Bauernhof“ des Pfarrers zu dessen persönlicher Versorgung. Zu früheren Zeiten, auch wieder vereinfacht ausgedrückt, war es also notwendig, dass eine Gemeinschaft, die „Pfarre“ werden wollte, dem kirchlichen bzw. staatlichen Oberhaupt (letzteres ist auch interessant!) nachweisen musste, dass sich der Pfarrer wie auch die Pfarre selbst versorgen können. Diese Trennung wurde prinzipiell mit dem Codex des kanonischen Rechts aufgehoben; das österreichische Teilkirchenrecht behielt diese unterschiedlichen – auch staatlichen – Rechtspersonen aber bei; das sogenannte Benefizialwesen wurde zwar abgeschafft, aber die Verwaltung der Pfarrpfründe als getrennter staatlicher Rechtsperson wurde beibehalten. Und tatsächlich ist es nach wie vor in unserer Diözese so: ein Teil der Besoldung der Priester wird aus den Erträgnissen der in der „diözesanen Pfründenverwaltung“[1] veranlagten Güter erwirtschaftet. Dies macht insofern Sinn, als es eigentlich sinnlos wäre, die Substanz für die Besoldung der Priester herzunehmen, wäre doch diese auf kurz oder lang aufgebraucht. Ein anderer Teil der Priesterbesoldung kommt aus den Kirchenbeiträgen aller. Vor Ort wird freilich oft zwischen den unterschiedlichen Rechtspersonen nicht unterschieden: „Kirche“ ist „Kirche“ – und tatsächlich ist im „Normalfall“ dem auch (fast) keine Bedeutung beizumessen. Sehr wohl aber ist die Zweckwidmung ernst zu nehmen: Pfarrpfründe dienen, vereinfacht gesagt, dem Lebensunterhalt der Priester; die Kirchenpfründe („Pfarrkirche“ in der Rechtsperson oder noch einfacher lediglich „Pfarre“) dem Unterhalt für das pfarrliche Leben. Mit dem Kirchenbeitrag wird daher prinzipiell das „bewirtschaftet“, was darüber hinaus notwendig sind: das sind vor allem die Personalkosten für jene, die in der Seelsorge angestellt sind, darüber hinaus gibt es Zuschüsse für Bauwerke (vor allem die Pfarrkirchen und die Pfarrhöfe; allesamt gibt es derzeit ca. 2.000 Gebäude, die in irgendeiner Art und Weise der diözesanen Verwaltung unterliegen) und Gelder fließen an überdiözesane Notwendigkeiten wie etwa die Bischofskonferenz und diözesane Einrichtungen (Priesterseminar usw.). Wichtig: es muss auch noch angeführt werden, dass Ordensgemeinschaften weitestgehend „außerhalb“ der diözesanen wie pfarrlichen „Rechtssprechung“ sind: so etwa gibt es „Admonter Pfarren“, deren Verwaltung eben dem Stift unterliegen[2]. Wo andererseits Ordenspriester oder Ordensfrauen im diözesanen Dienst (als Kapläne, als Pfarrer, in anderen Kategorien der Seelsorge …) eingesetzt sind, dort überweist die Diözese dem Orden entsprechend den Vereinbarungen Abgeltungen. – Alles klar?

All das – und dies ist hier vereinfacht (!) dargestellt – muss freilich bei allen Fragestellungen von Pfarr-Errichtungen, Pfarr-Auflösungen, Kirchenprofanierungen[3] etc. zu bedenken. Jede vereinfachende Behauptung ist demnach zu einfach und muss auch nicht auf andere Diözesen zutreffen. Dass diese Instruktion eben vom geltenden allgemeinen Kirchenrecht ausgeht und nicht alle „Besonderheiten“ weltweit kasuistisch benennen kann ist klar, bedeutet aber auch, dass das, was mit der Instruktion als „Leitplanken“ angegeben wird, tatsächlich der Füllung durch das Leben bedarf. Deutlich wird dadurch aber eben auch – erneut – dass die Veränderungen unter Bedachtnahme vieler Argumente zu erfolgen hat und nicht allgemein, sondern – um das Leben wirklich ernst zu nehmen – speziell begründet werden müssen.

[1] Es muss ergänzt werden: aufgrund der Geschichte einzelner Pfarren ist „klar“, dass die Besitzungen unterschiedlich groß waren, was zur Folge hatte, dass die Pfarrer eben einen größeren oder auch kleineren Bauernhof zu bewirtschaften hatten. Erst mit der Einführung der „diözesanen Pfründenverwaltung“ wurde daher eine Besoldung für die Priester ermöglicht und Ungleichheiten zwischen den „Pfarrherren“ beseitigt.

[2] Und selbst hier gibt es Unterschiede: „inkorporierte Pfarren“ sind solche, wo die Gebäude einem Stift gehören; „Patronatspfarren“ hingegen sind wieder solche, wo der Eigentümer bzw. Stifter („Patron“) besondere Rechte hat (das können sowohl Orden wie auch Privatpersonen oder juristische Personen sein). Aus alledem wird deutlich, dass die Geschichte und damit „Kirchen-Entwicklung“ in den vergangenen Jahrhunderten alles andere als eine geradlinige war: Form und Gestalt von Kirche hat sich immer wieder verändert – und auch wir sind in unseren Tagen eben auch – wieder einmal – Zeugen von Veränderungen in der äußeren Gestalt von Kirche. Das zeugt von Lebendigkeit, macht aber so manches auch kompliziert und vor allem: es ist „alles nicht so einfach“.

[3] Im Übrigen können Kirchen nicht nur im Eigentum von Orden stehen, sondern auch im Eigentum von privaten und im Eigentum öffentlicher juristischer Personen.