instruiert werden – XXX

30. Leitung der Pfarre II

Nach diesem für – mich jedenfalls notwendigen – Exkurs kehre ich nun erneut zur Frage zurück, was denn nun die „Leitung der Pfarre“ ausmacht. Ich „musste“ ganz einfach und das relativ ausführlich schildern, wie ich persönlich zu einem lebbaren Verständnis von „Leitung in der Kirche“ gekommen bin. Wenn ich den hermeneutischen Schlüssel, den ich für die Lektüre der Instruktion von Anfang an empfehle und anlege[1], dann lesen sich die nun folgenden kirchenrechtlichen Erinnerungen „anders“[2].

  1. Alle Ämter und Dienste in der Pfarre stehen unter dem Anspruch der „pastoralen Umkehr“. Sie haben dem missionarischen Auftrag der Kirche zu dienen.
  2. Die Amtsträger selbst sind unter die Anforderung der (persönlichen) Umkehr gestellt[3].
  3. Kirche verstanden als „Leib“ mit unterschiedlichen Gliedern muss als Kirche ihrem Namen entsprechend leben – leben also mit einem, der lebt. Nur unter diesem Vorzeichen können Dienste und Ämter in ihr recht verstanden werden.
  4. Jeder Dienst, jedes Amt ist nicht einer/eines „gegen“ etwas Anderes, sondern dazu da, den anderen Gliedern des Leibes dazu zu verhelfen, ihre Gaben zum Aufbau des Ganzen entsprechend leben zu können. – In der Nachfolge – und damit auf der Ebene der Heiligkeit – gibt es kein „oben“ und „unten“, kein „Mann oder Frau“.
  5. Das Miteinander aller in der Sendung der Kirche, die immer wieder – nicht nur im „1.“, „prinzipiellen“ Teil der Instruktion Erwähnung findet, muss (!) eben auch für den „besonderen Teil“ der „kirchenrechtlichen Leitplanken“ als Lese- und Verstehenshilfe angewendet werden.[4]

Dass in der Instruktion recht ausführlich über Möglichkeiten gesprochen wird, wie der Dienst der Leitung im kirchlichen Sinn recht „übertragen“ werden kann, hat wohl auch seinen Sinn darin, das Unverzichtbare des Miteinanders ans Licht zu heben [eben sakramental auf den eigentlichen Leiter und Herrn der Kirche zu verweisen] und damit auch den, das Engagement derer, die üblicher Weise „Laien“ genannt werden, aber alles andere als „Nicht-Fachleute“ im Glauben sind, zu schützen vor unangebracht gelebtem „Macho-Dasein“ derer, die leiten. Zum anderen freilich gibt es eben unterschiedliche Möglichkeiten, ein solches – auch soziologisches – Gebilde wie es die Pfarre eben ist, zu leiten, also jene Grundverantwortung zu leben, die beständig die Orientierung an IHM in Erinnerung ruft. Dass in der Handlungsverantwortung dies von unterschiedlichen Personen mit ihrer je eigenen Fachexpertise etc. zu leben ist, ist ohnedies klar: in unserer Diözese nennen wir dies dann „führen“, um nicht den eigentlich theologisch gefüllten Begriff von „leiten“ mehrdeutig zu verwenden[5]. Ich vermute, dass sich ein Gutteil der Kritik und der „Abwehr“ gegenüber der Instruktion sich aufgrund dieser sprachlichen Verwirrung ergibt, die aber meines Erachtens in den vergangenen blog-Beiträgen immer wieder und hoffentlich deutlich genug als eine solche entlarvt wurde. Vereinfacht gesagt: die üblichen Bilder, die wir mit „leiten“ verbinden sind wohl nicht die, die in der Kirche damit verbunden werden (Stichwort: Frage nach der Bereitschaft zur Leitung bei der Priesterweihe, die im lateinischen eben mit „Hirte sein“ gestellt wird und im italienischen überhaupt „dem Volk Gottes dienen“ gestellt wird). Dass wiederum die Einbettung der Leitung in das Gesamt des Volkes Gottes nicht wie in Lumen gentium erfolgt, habe ich schon an anderer Stelle erläutert und ist zweifellos ein schweres Manko der Instruktion[6]. Durch die Betonung aber der Leitungsfrage entsteht – berechtigter Weise – tatsächlich darüber hinaus der Eindruck einer einseitigen Betonung des priesterlichen Dienstes gegenüber der immer wieder gemeinsamen Sendung aller Getauften – und damit auch der Geweihten – zum Aufbau der Kirche und der Sendung hinein in die Welt.

[1] Ich glaube mittlerweile immer mehr, dass dies eine berechtigte Möglichkeit ist, die Instruktion zu lesen und zu verstehen, selbst dann, wenn man – wie etwa die Exegetin Juliane Eckstein (https://eulemagazin.de/von-v-und-h-eine-exegetin-liest-die-instruktion-aus-dem-vatikan/) – feststellen muss, dass sie alles andere als „aus einem Guss“ gefertigt ist.

[2] Der Münchener Kirchenrechtler Stephan Haering nimmt in seinem Kommentar, bezogen auf die Prozesse in München m.E. in großer Differenziertheit Stellung und macht damit auch deutlich, wie sich die Instruktion selbst versteht: https://mk-online.de/meldung/richtschnur-fuer-geltendes-kirchenrecht.html.

[3] In der Instruktion wird in Kapitel VI von der rechten Reihenfolge der Umkehr gesprochen: „Von der Umkehr der Personen zur Umkehr der Strukturen“ (34-41).

[4] Ich bin überzeugt, dass hier noch weitere Punkte angeführt werden müssten, will es aber – dem Charakter meiner Überlegungen in diesem blog entsprechend aber bei diesen ersten Überzeugungen, die mir gekommen sind, belassen.

[5] Ich gebe zu: diese Unterscheidung haben auch wir in unserem Prozess erst mit der Zeit „gelernt“ und sind nach wie vor wohl nicht am Ende, diese wirklich zu Ende gedacht zu haben.

[6] Auch wenn mir vorgeworfen werden kann, dass ich der Instruktion gegenüber zu „positiv“ eingestellt sei, so erlaube ich mir bewusst diesen anderen Zugang – negativ Kritisches ist ohnedies zuhauf bekanntgemacht worden. – Darüber hinaus verhehle ich nicht, dass auch für meinen Geschmack die kirchenrechtlichen Erinnerungen zum Eingang der Instruktion in einem gewissen Sinn inhaltlich „abfallen“, muss aber auch daran erinnern, dass eben die literarische Gattung einer Instruktion ohnedies nicht gut getroffen wurde, sodass eben auch durch den Einstieg Erwartungen geweckt wurden, die kirchenrechtliche Änderungen erwarten ließen. Den hermeneutischen Schlüssel der „Umkehr“ anzuwenden und ihn dann auch konsequent zu leben ist alles andere als leicht aus dem geschriebenen Wort zu entnehmen.