Mit Gott in die Zukunft: sich entäußern

Am 2. Adventsonntag feierte ich bei den Karmelitinnen am Heiligen Berg in Bärnbach Messe. Hier die dafür konzipierte Predigt. 

1. Lesung: Jes 40,1–5.9–11; 2. Lesung: 2Petr 3,8–14; Evangelium: Mt 1,1-8

1. Das Wort vom Bau des Weges für den Herrn „durch die Wüste“ ist mittlerweile ein geflügeltes. Das wiederum bedeutet, dass es auch (!) und gerade deswegen ein aktuelles ist. In der Tat: so manches kann im Heute unserer Welt als „Wüste“ umschrieben und betrachtet werden – und wir in dieser (!) Welt sind es, die dieses Wort heute aus dem Mund des Propheten Jesaja gehört haben. Wir sind es, die es in der Hand haben, den Weg zu bauen, die Straßen zu ebnen, damit Gott im Heute unserer Tage ein Platz gleichsam „gesichert“ ist. Die Welt so zu sehen – als Wüste – ist nicht eine Abwertung, sondern macht m.E. lediglich deutlich, wie notwendig unser Dienst als JüngerInnen in dieser Welt ist, damit sie sich nicht selbst überlassen bleibt. Denn in der Wüste – um das Bild entsprechend inhaltlich zu füllen – kommt es auf das Wesentliche an: da überlebt nichts, was die Wurzeln nicht tief genug eingesenkt hat. Gerade deswegen haben wir ja auch einen Auftrag für die Zukunft, der in einigen Linien vergangenen Sonntag als Geleise für unseren Weg als Diözese in die Zukunft bekannt gemacht wurde.

2. Zwei Aspekte seien in aller Kürze benannt, wo ich meine, dass es „nottut“: Wir reden immer mehr von den „säkularisierenden Tendenzen“ in der Gesellschaft. Und tatsächlich ist der Westen und Norden „Europas“, so jedenfalls manche Soziologen, von einem interessanten Phänomen gekennzeichnet, nämlich dem, dass er erstmals in der Menschheitsgeschichte Menschen hervorbringt, die ihr Leben ohne jeglichen Transzendenzbezug gestalten können. Diese Realität mag in unserer Erfahrung schier unglaublich sein, aber für einen sehr großen Teil etwa der Bevölkerung in den neuen deutschen Bundesländern ist dies Wirklichkeit. Hier sind ChristInnen aufgerufen, Wege zu bahnen, Verständniswege für sich, um den Menschen wirklich begegnen zu können. – Weil wir um einen auf die Erde „heruntergekommenen Gott“ wissen, weil wir glauben, dass der Mensch ganz und gar Gottes Anliegen ist, so sehr, dass er sich nicht scheute, selbst einer von uns zu werden, weil alledem so ist und wir uns als Getaufte immer wieder dessen neu vergewissern und uns darin vertiefen, gerade deswegen können auch wir den Menschen in seinem So-Sein ernst nehmen und müssen nicht meinen, dass wir ihm mit dem „zuschütten“ müssen, was wir üblicher Weise mit Glauben und Kirche verbinden. Wir haben vom Menschen auszugehen und von seinem Dasein mitten in der Welt und vorurteilsfrei unser Leben mit ihnen zu teilen, weil wir sie lieben – und Liebe ist in ihrer Tiefe wirklich absichtslos. Ich weiß: da ist so manches „neu“ zu denken und „neu“ zu sehen, weil wir ein solches Leben in und mit der Welt „nicht gewohnt“ sind. Der aber, der das Menschsein bis ins Letzte geliebt hat – Krippe und Kreuz sind wohl die deutlichsten und ernsthaftesten Beweise dafür (!), ist uns diesen Weg der Entäußerung vorausgegangen – und dies ist der Weg derer, die sich Christen nennen, dies ist der Weg, auf dem Gott zur Welt kommt.

3. Im Anschluss an diesen ersten Aspekt ein zweiter, kürzerer: wenn wir um Gottes Willen den Menschen ernst und wirklich annehmen, dann wissen wir uns von selbst zu den Menschen gesendet, in ihren Nöten und Freuden, in ihren Hoffnungen und Ängsten – und daher auch vor allem zu denen, die in Not sind, die sich also selbst „am Rand“ wissen. Weil ER als Gott der „ganz Andere“ wurde, kann und muss die Not der Menschen jenes Maß sein, das unser Zeugnis inmitten einer vielleicht uns gottvergessen erscheinenden Welt ausmacht. Wenn wir Not sehen und den Menschen, der dieser ausgeliefert ist, dann heißt es IHM Wege zu bereiten.

4. Machen wir uns mit diesen und anderen Punkten auf den Weg in das 9. Jahrhundert unserer Diözese – werden wir mit diesen und den anderen im sog. „Zukunftsbild“ benannten Schritten fit für ein verwesentlichtes Christsein. Und werden wir nicht müde, immer mehr und deutlicher zu erkennen, wie wichtig unsere Verankerung in Gott für eine solche Existenz der Liebe ist.