Neuer Schwung

Wenn ich etwas aus den Tagen von Braga mit nach Hause genommen habe, dann sicher das: es braucht neuen Schwung! Denn Er drängt uns voran. Unser Papst gibt mir und uns da einiges vor. Er spricht nicht viel, aber es zeigt an, wohin es geht. Ich hoffe, dass ich mit „seiner Geschwindigkeit“ mitkomme. Oder – um es mit Gedanken auszudrücken, die mir hängen geblieben sind: Wenn das Konzil in seiner dogmatischen Konstitution über die Kirche etwa davon spricht, dass „die Kirche Zeichen und Werkzeug … für die innigste Vereinigung mit Gott und der ganzen Menschheit“ (LG 1) ist, dann hat das doch eigentlich Auswirkungen für den Dienst eines Bischofs, für das Leben als Kirche vor Ort, im Kleinen wie im Großen, oder? Wo also leben wir bzw. lebe ich diese Realität? Was heißt es, ernst zu machen damit, dass wir als Kirche hier mitten in dieser unserer Welt für die Einheit sichtbares Zeichen und Gottes Werkzeug sind? Da haben wir unter uns einiges zu lernen, „damit die Welt glaubt“ (vgl. Joh 17,21). Wenn ich bedenke, dass das schon vor mehr als 50 Jahren gesagt wurde und heute aktueller denn je ist? Und zwar auf allen Ebenen kirchlichen Lebens! Denn: wir sind eine Menschheitsfamilie!

Ich glaube, und da gebe ich Piero Coda ganz und gar Recht: wir haben den Lebensstil Jesu Christi und damit Gottes Lebensstil, so wie er etwa in Phil 2 uns begegnet, erst ansatzweise in unseren kirchlichen (Lebens-)Alltag umgesetzt, denn: wenn wir so arm werden, dass wir uns gleichsam „ganz im anderen“ wissen, dann hat das Auswirkungen auf das Leben von Kirche, Auswirkungen auf mein Leben als Bischof, Auswirkungen auf das Leben der Amtsträger in ihr, ob männlich oder weiblich, geweiht oder nicht. Menschheit und Gottheit sind in IHM nicht auseinander zu dividieren, so wie in der Kirche nicht die menschliche Dimension und die göttliche Dimension nebeneinander stehen (vgl. LG 8). Und auch darüber könnte meines Erachtens mehr als kurz meditiert und erst Recht mehr als bloß einmal geschrieben werden, weil es Dauerauftrag für mich und diejenigen ist, die in der Nachfolge Jesu stehen (wollen), wenn es in der Kirchenkonstitution dann auch heißt (LG 8): „So ist die Kirche, auch wenn sie zur Erfüllung ihrer Sendung menschlicher Mittel bedarf, nicht gegründet, um irdische Herrlichkeit zu suchen, sondern um Demut und Selbstverleugnung auch durch ihr Beispiel auszubreiten. Christus wurde vom Vater gesandt, ‚den Armen frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, die bedrückten Herzens sind‘ (Lk 4,18), ‚zu suchen und zu retten, was verloren war‘ (Lk 19,10). In ähnlicher Weise umgibt die Kirche alle mit ihrer Liebe, die von menschlicher Schwachheit angefochten sind, ja in den Armen und Leidenden erkennt sie das Bild dessen, der sie gegründet hat und selbst ein Armer und Leidender war. Sie müht sich, deren Not zu erleichtern, und sucht Christus in ihnen zu dienen. Während aber Christus heilig, schuldlos, unbefleckt war (Hebr 7,26) und Sünde nicht kannte (2 Kor 5,21), sondern allein die Sünden des Volkes zu sühnen gekommen ist (vgl. Hebr 2,17), umfasst die Kirche Sünder in ihrem eigenen Schoße. Sie ist zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung.“