„Zukunft säen“

Für die Festmesse am 11. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) in der Filialkirche St. Ulrich in der Stanz am Ende deren Renovierung nach einem Brand hatte ich folgende Predigt vorbereitet:

  1. „Zukunft säen“ steht als Motto über der Feier des 800. Geburtstages der Gründung der ersten Diözese auf steirischem Boden. Wenn wir dies wirklich ernst nehmen, bedeutet dies ein Mehrfaches:
  2. Wir haben eben ein Gleichnis aus dem Mund Jesu vernommen: das Reich Gottes breitet sich aus inmitten der Welt. So wie der Same keimt und wächst, ohne dass da viel dazugetan wird. Interessant ist für mich zum Beispiel, dass in den ersten Berichten über die Ausbreitung des Evangeliums in der Apostelgeschichte oft davon die Rede ist, dass sich das Wort Gottes ausgebreitet hat – wie von selbst. – Dass dem so ist, dafür sind auch wir hier Zeugen, auch diese Kirche, die nun in neuem Glanz erstrahlt. Ich danke allen, die sich dafür eingesetzt haben. –
    Für mich jedenfalls wird damit auch deutlich: Das Evangelium hat Kraft. Auch in sich ändernden Zeiten steckt in ihm jene Kraft, die Welt zu gestalten. Mein Dank gilt also auch all jenen, die sich in unserer Heimat darum mühen, mit ihrem Leben dem Evangelium Gestalt zu verleihen. Dies ist alles andere als einfach – auch ich kann dies bezeugen. Dies aber wird gerade heute mehr und mehr notwendig, da in unserer Gesellschaft mitunter der Eindruck entsteht, dass Eigeninteresse und Eigennutz prägendste Eigenschaften sind. Als Christen wissen wir aber, dass es gilt, den Nächsten gleich zu lieben wie sich selbst. Wir können nicht anders und sind aufgefordert, nie (!) bei uns selbst stehen zu bleiben, sondern immer auch über uns selbst hinaus zu wachsen. Ja: Wir (!) sind der Same, den Gott in diese Welt hineinstreut!
  3. Wir haben aber auch eine Stelle aus der Geschichte des Volkes Gottes vernommen in der Lesung aus dem Buch des Propheten Ezechiel, die eine alles andere als glorreiche Situation der Geschichte Israels widerspiegelt. Sie ist hineingesagt in die Zeit des Babylonischen Exils. Dieses einschneidende Ereignis wurde in der Geschichte des Judentums immer wieder gedeutet als Mahnung Gottes an sein Volk, das eben nicht Seine Wege ging, sondern immer wieder versucht war, eigene Wege in den Vordergrund zu rücken und damit das Weggeleit schlechthin, Gott nämlich, „außen vor“ zu lassen. Die Stelle hat uns geschildert: selbst dann, wenn das Volk abweicht und Gott nicht mehr ernst nimmt – wird Gott versuchen, durch einen Setzling dem Land und damit der Welt und den Menschen neues Leben, Zukunft einzuhauchen. – Auch hierfür kann die Geschichte des Christentums als lebendiges Zeugnis bezeichnet werden. In unserer steirischen Kirchengeschichte war bei weitem nicht immer alles rosig, auch wir heute wissen uns aufgefordert, wirklich authentisch dem Wort Gottes Leben durch unser Dasein einzuhauchen und wissen auch darum, dass wir es oft und oft durch unser Dasein verdunkeln. Gott sei Dank – im wahrsten Sinn des Wortes: Er lässt in seiner Liebe nicht nach – und so kam neues Leben von Kirche auch nach Phasen der Dunkelheit und des Niedergangs immer wieder zum Vorschein.
  4. „Säen wir Zukunft!“ indem wir uns mehr und mehr wirklich dem ganzen Wort Gottes verpflichtet wissen. Machen wir uns auf, die Schätze unseres Glaubens zu vertiefen, denn diese sind bedeutsamer als die noch so schönsten Steine, die davon stumm Zeugnis geben! Zu sagen „Ich bin eh katholisch“ wird in Zukunft noch mehr als bislang nicht reichen; auch wird es zu wenig sein auf jene zu verweisen, die amtlich für die Kirche in der Welt eintreten. Jede und jeder ist in der persönlichen Entscheidung gefragt: „Nimmst du Gott wirklich an und ernst? – Dann leb auch dem entsprechend: Gib Zeugnis von dieser Leben spendenden Beziehung, die dich leben lässt. Mach dich auf und lass dich ein auf diese Welt mit ihren Freuden und (!) mit ihren Leiden!“ Denn: gegen „andere“ zu sein – ob in Gesellschaft oder auch in der Frage der Religionen – bringt’s nicht, mit einem „dagegen“ kann nicht gesät und erst recht nicht geerntet werden. Leben wir vor Ort mit dem, was uns möglich ist, unser Christsein und hauchen wir damit einer mitunter sich sterbend gerierenden Gesellschaft vor Ort neues Leben ein! Er traut es Ihnen zu.

Folgende biblische Lesungen wurden verkündet:
Lesung: Ez 17,22–24;
Ev:angelium Mk 4,26–34