voneinander lernen

Als „mein Teil“ der größeren Delegation gestern nach den Besuchen bei Projekten von IRPAA und CPT in Bom Jesus angekommen waren [siehe auch https://www.facebook.com/BischofKrautwaschl] fanden wir unsere Gruppe im gemeinsamen Austausch mit den Verantwortungsträgern der Diözese Bom Jesus da Lapa vor, die uns zu Beginn der Partnerschaft fünf Themenschwerpunkte vorgeschlagen hat: Umweltpastoral, Jugend, Priester-Ausbildung, Religionsunterricht, Laienapostolat. Bei letzterem ist zu beachten, dass in der sogenannten CPT („Landpastoral“) sowohl seelsorgliche wie auch caritative Agenden der Laien zusammengefasst sind, wobei diese völlig unabhängig von den diözesanen Strukturen finanziert werden, pfarrlich bzw. pfarrlich oder auf Gemeinde-Ebene „darunter“ aber organisiert sind und von einem Bischof geleitet werden – hier in Bahia ist der Bischof von Barra, den wir am Tag zuvor besucht haben.

Schon allein diese Unterschiede machen deutlich, wie wichtig der Austausch ist, um sich wirklich begegnen zu können und auch partnerschaftlich unterwegs zu sein. Zugleich wird sichtbar, dass Strukturen der Kirche unterschiedlichst – eben den Gegebenheiten vor Ort entsprechend gestaltet sind. Das wurde dann auch heute bei einem Besuch in einer von ca. 50 „Gemeinden“ („Dorf-“ oder auch „Basis-„) der einen Pfarre Carinhinha deutlich, die von Pfarrer Heber geleitet wird, der zugleich Verantwortlicher ist für den erst vor kurzem gesamtstaatlich eingerichteten Religionsunterricht, der freilich dem brasilianischen Schulsystem entspricht und daher auch anders aufgesetzt ist.

Gemeinsam mit Bischof João Santos Cardoso tauschte ich mich über Priesterausbildung aus und die unterschiedlichen Situationen, mit Vertretern mehrerer Gemeinden entstand ein lebendiges Gespräch über Fragen der österreichischen Kirche und Gesellschaft (auch ein Kennenlernen der unterschiedlichen Gegenden war dabei) und denen in Brasilien. Kirche ist eben mehr als das „Braten im eigenen Saft“ und daher auch lebendig, weil es andere Erfahrungen gibt, die uns vielleicht weiterbringen können: Hier in Bahia ist es wohl eindeutig, dass die seelsorglichen Schwerpunkte die Fragen der Menschen sind und damit eben Fragen rund um die Lebensmöglichkeiten [Armut und Hunger haben während der Pandemie und auch der früheren Präsidentschaft zugenommen] und Unterstützung bei Konflikten – etwa in den Fragen rund um Landraub und die durch groß-industrielle Initiativen vielfach herausgeforderte Landbevölkerung, der vielfach Dinge einfach genommen werden und die auch oft Kriterien der Nachhaltigkeit und damit des Lebens im Einklang mit der Natur nicht beachten [dies sei auch in gewisser Weise „Warnung“ für uns in Europa] … Jedenfalls – und das wurde auch in den beiden Homilien deutlich, die Bischof João gestern Abend und heute gehalten hat: Initiativen, Kirche lebendig zu gestalten, sind wichtige Faktoren im gegenseitigen Austausch, sodass auch etwa bei Fragen rund um „Jugend und Kirche“ gemeinsames Suchen einander geschenkt werden kann …

Lebensnotwendig

Luis Flavio Cappio ist mittlerweile 76 Jahre alt. Seit 26 Jahren ist er Bischof von Barra und hat sich immer auf die Seite der Kleinen und Armen gestellt (vgl. Luís Flávio Cappio – Wikipedia), deren Lebensader „Wasser“, versinnbildlicht im Rio Sao Francisco, immer wieder von anderen Interessen infragegestellt wird. Nach wie vor schläft er daher in einer Kapelle am Fluss, der für so viele wichtig ist, da und dort aber auch durch Industrie und wenig Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien ausgenutzt wird …

Er ist eine beeindruckende Persönlichkeit, der in der Begegnung mit ihm seine große Zufriedenheit und Freude über unseren Papst zum Ausdruck gebracht hat: „Die am Rand werden wahrgenommen, die Kleinen …!“ Und ihnen das Evangelium zu bringen, damit sie Leben haben ist eine der vornehmsten Aufgaben, denen er sich widmet – auch wenn er hofft, bald durch einen guten und hier beheimateten Bischof abgelöst zu werden. Dies deshalb, weil die Wunden seit der Kolonialisierung nach wie vor nicht vernarbt sind: die Indigenen flohen vor den Kolonialherren, die sie versklaven wollten und brachten dann Afrikaner her … In dieser – armen – Gegend von Bahia, der sich so wenige wirklich annehmen wirkt dies nach wie vor nach. Daher hat er auch den neuen Gouverneur von Bahia erst vor kurzem gebeten, wirklich auf die Menschen zu schauen – der Küstenstreifen ist weit vorangeschritten, der Westen bzw. dessen Böden werden vielfach zu sehr ausgenutzt und wohl in den nächsten Jahrzehnten vielfach zugrundegehen. Die Gegend – den Rio Grande und Rio Sao Francisco entlang – wird aber zu wenig gesehen und damit die Interessen der hier Wohnenden, auch derer, die hier schon seit Jahrhunderten in Eintracht mit der ohnedies nicht sehr bevorteilten Natur nachhaltig leben.

Die Konflikte, bei denen vielfach die Kleinen das Nachsehen haben, werden in einer Gemeinde deutlich, in die wir eingeladen sind. Der Pfarrer betreut -zig Außenstellen in dieser Gegend zwischen den beiden großen Flüssen. Einige unter den Pfarrmitgliedern leben mit den „Großen“, andere wiederum wissen sich kaum zu helfen, wie sie weiterleben können angesichts derer, die ihre Lebensart im Einklang mit den Gegebenheiten, nicht bewahren wollen: die „Spaltung“ geht mittendurch – was heißt es hier, Einheit zu bringen, die nicht nur diese Gemeinde, nicht nur Brasilien, sondern eigentlich in unterschiedlichsten Akzenten die ganze Welt nötig hat?

Zukunft

P. Josef Hehenberger kam als Zisterzienser-Student nach Brasilien. 1966. Und er lebt nunmehr hier am Rand von Jacobina in einem „Kurhaus“ [so würden wir das wohl in Ö nennen, aber es ist mit einem solchen bei uns nicht vergleichbar] – nach aufregenden Jahrzehnten, in denen seine Arbeit alles andere als immer wohlgelitten war. Mehr als 100 (Pfarr-)Schulen hat er eröffnet, auch für kirchliche Verantwortungsträger war sein Engagement für die „Kleinen“ und die „Armen“ da und dort eine Herausforderung. Er hat Menschen „am Rand“ hier in vielfacher Weise – oft begleitet von Ordensfrauen – geholfen. „Wer Gott hat, hat Zukunft!“ fällt mir ein, wenn ich an seine Tränen, die er gestern Abend bei unserem Ankommen nur schwer unterdrücken konnte, und an seine Erzählungen aus den Jahrzehnten im Nordosten Brasiliens denke, das so ganz anders ist als der Süden und erst Recht als die Städte, die üblicher Weise uns sofort einfallen, wenn wir an Brasilien denken … Heute zeigte er uns noch voller Stolz die Kapelle der Muttergottes von Guadelupe, die auf einer Anhöhe am Kreuzweg auf der anderen Seite des Bachtales steht, verehrt wird. Hier ist Zukunft, dachte ich mir nach dem Segen, den ich ihm gegeben habe – trotz des von Alterserscheinungen gezeichneten Leibes …

Zukunft und Fragen an sie haben wir einige Minuten mit dem Auto entfernt dann gleich nochmals gesehen. Die Augen der jungen Frau in einem Dorf nach der größten Goldmine von Brasilien glänzen, auch wenn die Perspektive nach Zukunft und damit Leben alles andere als rosig für sie und die Dorfbewohner sind – eines wurde erst vor geraumer Zeit von praktisch allen Bewohnern verlassen, weil die Wasserquelle vergiftet war – und keiner will’s gewesen sein … Der riesige Staudamm – mittlerweile der dritte – hinter dem die kontaminierten Gesteine aus dem Berg gelagert werden und mittlerweile ein Tal „aufgefüllt“ haben ist nicht unbedingt nur Sicherheit gebend. Gott sei Dank unterstützt hier die „Landpastoral“ der Kirche (CPT) die hier schon lange vor dem industriellen Goldabbau, der immer mehr in den letzten Jahrzehnten zunahm, Lebenden mit Rechtsbeistand und Beratung. Nachdenklich macht mich auch ein Satz unseres Begleiters in diesen Tagen: „Was wird, wenn die Mine geschlossen wird? Das Wasser, das hier reichlich vorhanden ist, wird weiter in die Stollen einsickern, die schon ca. 400 km unter Tag ausmachen, und damit weiterhin ungenießbar sein und irgendwann …?“ Ich möchte mir nichts ausmalen von dem, was hier passieren könnte und fahre still und sehr nachdenklich mit den anderen aus dem Welthaus und der missio weiter.

heilend

In einem Evangelium der letzten Tage war wieder einmal davon die Rede, dass die Begegnung mit Jesus heilend ist … Von den gestern besuchten Kleinbauern, die von IRPAA begleitet wurden bzw. werden, ist mir eine Bäuerin in Erinnerung, die meines Erachtens durch das Wirken von IRPAA sich selbst und damit auch ihren Wert neu und vertieft kennenlernen durfte: Klarissa. Stolz präsentierte uns die in Sao Paolo Geborene „ihr Reich“, in dem sie nunmehr Hühner züchtet, Gebrauchswasser mit den neuesten Methoden, die sie kennengelernt hat, für die Pflanzenzucht wiederaufbereitet. Und sie bekannte, dass sie mit ihrer Arbeit – auch in der Pandemiezeit verdiente sie, obwohl keine Marktfahrt möglich war, etwa. 16.000 Reals! – sich sogar ein eigenes Motorrad kaufen konnte, mit dem sie unabhängig agieren kann und noch leichter ihre Waren an Mann und Frau bringt. Somit kann sie auch manches ausgleichen, was ihrem kranken Mann an Tätigkeit verwehrt wird, ganz abgesehen davon, dass er sie nunmehr ganz anders schätzt … Ein Stück Menschenwürde durch Arbeit.

Und zwischendurch sagt sie uns: „Es gibt keinen schöneren Flecken Erde als hier zu wohnen. – Ich war schon viel unterwegs, aber dennoch ist hier der beste Platz für mich.“ Sie präsentiert uns auch die bei IRPAA ausgegebenen Aufzeichnungshefte, in die sie seit Jahren fein säuberlich alles einträgt, was in ihrer Familie selbst verbraucht, was weitergeschenkt, was mit anderen Dingen getauscht und was verkauft wird: So hat sie ganz einfach gelernt, wie wertvoll sie und ihre Arbeit sind.

Wirklich beeindruckt zogen wir von dannen und haben in anderer Art und Weise auch noch andere kennengelernt, die in Agrargemeinschaften zusammengeschlossen sich kleine Aufarbeitungslager für Eier oder auch für Früchte-Verarbeitung aufgebaut haben, sodass ihre Arbeit mit mehr Ertrag sich lohnt – und das Umbu-Gelee oder auch die Marmelade und der Likör sind schon was Besonderes …

Schließlich hieß es von IRPAA Abschied nehmen, wiewohl uns noch viel zu zeigen gewesen wäre – in den kommenden Tagen werden wir die CPT in unterschiedlichen Facetten kennenlernen, die Landpastoral mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten. Der Weg nach Bom Jesus ist noch weit, aber die Erfahrungen, die wir unterwegs machen werden, sind sicher auch gute – P. Josef Hehenberger, ein bekannter mittlerweile über 80-jähriger Missionar, der als Student 1966 nach Brasilien kam, hat uns am Abend in Jacobina schon ein wenig kennenlernen lassen, wofür er brennt, seit er hier ist …

ungerecht verteilt

Immer wieder hören wir den „Gründungssatz“ von IRPAA [https://irpaa.org], der von Bischof José Rodrigues de Souza, dem Gründer dieses Vereins, in unterschiedlicher Abwandlung: „Nicht das im semiariden Gebiet fehlende Wasser ist das Problem, sondern dessen Verteilung.“ Im mittlerweile mehr als 1 Mio. km2 großen Gebiet Brasiliens – im Nordosten – in dem weite Teile des Jahres über (8 Monate Dürre, 4 Monate Regenzeit – noch einige Wochen) die Verdunstung den Niederschlag übersteigt (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Semiarides_Klima) ist die Bewirtschaftung mit Wasser gerade deswegen von besonderer Bedeutung. IRPAA – dessen Schulungseinrichtung nahe Juazeiro am großen Rio Sao Francisco wir besuchten – versucht daher, die regionale klein strukturierte Landwirtschaft zu stärken, indem Ausbildungsmaßnahmen und innovative Projekte zur Wasserbewirtschaftung gesetzt werden, aber auch auf politischer Ebene für das Recht auf Wasser eingetreten wird. Ja: der Rio Sao Fransisco hat viel Wasser – und so manches wird ihm auch entnommen, das meiste aber lediglich für Monokulturen wie Zuckerrohr u.ä.: Auch wenn Kanäle, die dieses Wasser ins Landesinnere weiterbringen da und dort Dörfer durchschneiden, so ist es nicht klar, dass die Bewohner dort das Wasser nutzen dürfen. Ja: es ist eine ungerechte Verteilung, die auch mit vielen Fragen rund um den Besitz von Land zu tun hat.

Beim Rundgang am Schulungsgelände, ca. 30 ha wird uns einiges gezeigt: Wiederaufbereitung von Wasser für die Bewässerung von Pflanzen (nicht Gemüse), Bevorratung für Haushalt, Bevorratung für die Herden – Ziegen und Schafe brauchen weit weniger Wasser als Rinder – Bevorratung in Zisternen und Wasserbecken für Tiere etc. machen deutlich: hier will man Menschen dabei helfen, im Einklang mit der Natur und dem Klima zu leben, damit Zukunft gegeben wird. Gerade deswegen werden von den Verantwortlichen große Wirtschaftsabkommen, etwa MERCOSUR nicht gerade positiv gesehen, da diese eher die großen wirtschaftlichen Spieler hier stärkt und nicht die, die vor Ort leben und sich hier auch engagieren wollen. Mit Studierenden aus den Gegenden dieses Klimas will IRPAA auch erreichen, dass der Landflucht vorgebeugt wird, sondern Menschen für sich und die Ihren Hoffnung auf dem Land erhalten …

Dreikönigsaktion, Welthaus Graz wie auch „Sei so frei“ der KMB Steiermark unterstützen IRPAA-Einrichtungen und Pläne, wobei der Schwerpunkt der Arbeit rund um Juazeiro liegt. „Alle Achtung!“, was da an Hoffnung und Zuversicht geleistet wird [vgl. auch meine Bilder auf dem fb-account „BischofKrautwaschl“]. Übrigens: teilweise hatten wir gestern 38° in den Gegenden, die wir besuchten …

Wasser – und doch nicht

In Juazeiro im Nordosten Brasiliens angekommen fahren wir über die Brücke des Rio Franscisco – eines großen Flusses – und verlassen den einen Bundesstaat, um auf der anderen Seite in Bahia anzukommen. Vorgezogener Karneval: die Gruppen sind auf dem Weg zum ca. 10 Tage dauernden Feiern in Santiago … Viel Polizei, da Juazeiro bekannt ist für Gewalt – nicht nur während des Karnevals: es gab allein im Jänner 2023 mehr als 30 Morde in dieser Stadt mit etwas mehr als 200.000 Einwohnern.

Das Hotel, das wir beziehen: direkt an diesem großen Fluss, der bedächtig dahinfließt: eigentlich viel Wasser, denke ich mir. – Beim Abendessen mit Maria aus Bayern, die knapp die Hälfte ihres bisherigen Lebens hier verbracht hat, wird deutlich, dass dies nur eine Seite ist: es regnet zwar während einiger Monate, aber eben zu unregelmäßig, sodass Landwirtschaft vor großen Herausforderungen steht. IRPAA, die Organisation die wir hier in diesen Tagen besuchen, versucht daher seit ihrer Gründung vor 32 Jahren, Ausbildungsvorgänge zu lancieren, um eben nicht gegen, sondern mit dem Klima zu leben … Allein die Erfahrung von Bauern, die früher Brandrodungen durchgeführt haben, und bei einem Kurs, bei dem die Erde ausgehoben wurde und damit auch die Bodenlebewesen entdeckt wurden, wurde ihnen deutlich, was damit auch alles geschieht …

Das Abendessen in einem Lokal, das aus biologischen und Produkten aus der Region bewirtschaftet wird – auch Mülltrennung ist deutlich zu sehen – war vorzüglich: es geht auch mit – und nicht immer nur gegen die Natur.

Freilich: die Geschichte zehrt und „belastet“, da das mit Grund und Boden hier eine große Herausforderung ist [Präsident Lula hat schon in seiner ersten Amtszeit, auch damals hatte seine Partei keine Mehrheit im Parlament keine Landreform durchgebracht] und wohl auch noch längere Zeit bleiben wird. – Und so lassen wir den Tag mitten im Karneval bei rund 30° und so manchen Gedanken unserer Gastgeberinnen hier ausklingen ….

Bedenkenswert

Wir feiern Sonntags-(Vorabend-)Messe in den Schulen der Franziskanerinnen von Graz in Sao Paolo. Gemischt: deutsch – portugiesisch („brasilianisch“) – je nachdem, wer gerade was zu sagen hat. Gesungen wird portugiesisch – die Gabenprozession wurde feierlich gestaltet: jede Gabe, die nach vor gebracht wurde, wurde der ganzen Gemeinde feierlich gezeigt, gepredigt wurde deutsch mit portugiesischer Übersetzung usw.

Nach der Messe bedankten sich einige für die Erfahrung, dass Christsein und Kirche eben „größer“ ist als die eigene Erfahrung, in der wir drin stecken. Die Feier war ganz einfach – und gerade das wurde deutlich. Die Erfahrungen damit – die Kontakte „nach außen“ sind in Brasilien ja immer sehr weit, wenn sie gepflegt werden [3 Stunden sind wir vom Norden bis nach Sao Paolo im Flugzeug unterwegs gewesen!] – lassen mich nachdenken: erst die Erfahrung des/der Anderen ermöglicht es mir, mich selbst im Großen und Ganzen neu zu entdecken, etwa als einen, der nicht aus sich und nur für sich zu leben berufen ist.

Sich auf-machen, nicht bei sich bleiben, lieben … – ist das nicht eine Grunderfahrung, DNA der Christenheit? Und damit jeder und jedes Einzelne, der in der Nachfolge lebt und in den Fußstapfen Jesu zu gehen vorgibt und dies versucht? Ja: Kirche, weil sie eben IHN mir schenkt, ist mehr als das, was wir „machen“ – so großartig auch der Mensch des 21. Jahrhunderts ist. Kirche ist immer auch „das über sich hinaus“ …

Hier in Brasilien wird es mir wieder einmal deutlich …

Einfach groß

Wenn ich es recht sehe und in Erinnerung habe, dann hat die Metropolitanregion Sao Paolo mit ihren rd. 32 Millionen Einwohnern 8 Diözesen, eine davon ist die Erzdiözese mitten drin in der Stadt: auf einer Fläche von 654 km2 leben mehr als 5 Millionen Katholiken – von insgesamt knapp 8 Millionen [zum Vergleich: die Diözese Graz-Seckau kommt auf rd. 16000 km2 mit rund 750000 Katholiken. Der Kardinal-Erzbischof hat 7 Hilfsbischöfe …

Einige erste Eindrücke sind das von unserer Fahrt in unsere Partnerdiözese Bom Jesus da Lapa im Nordosten Brasiliens, das bekanntlich als Staat in etwa die Größe Europas hat … Wir 14 begannen unseren Besuch bei Projekten der kirchlichen Hilfsorganisationen und in der Partnerdiözese am 4. Februar mit einem „Abstecher“ in Sao Paolo: 1922 kamen die Franziskanerinnen von der unbefleckten Empfängnis auf Bitten einer brasilianischen Adeligen auf diesen Kontinent, um hier Schulen und damit Bildungsstätten für Frauen zu errichten. Mittlerweile ist Brasilien eine eigene Provinz der unter dem Namen „Grazer Schulschwestern“ bekannten Gemeinschaft. Neben einigen wichtigen Punkten der mehr als 400 Jahren alten Stadt, die mittlerweile Wirtschaftszentrum Südamerikas ist, statteten wir auch den Bildungseinrichtungen in der Pfarre „Maria von Lourdes“ im Herzen Sao Paolos einen Besuch ab: von 2-jährigen bis zu dem, was bei uns Matura heißt, werden hier knapp 700 Schülerinnen und Schüler in mehreren Schulen gebildet – ein für Privatschulen im Umfeld Brasiliens alles andere als einfaches Unterfangen, gerade in Zeiten des Umbruchs und der vielen Armut dieses Landes, die unter anderem uns in einer Lebensmittelausgabe vor den Stufen zur Kathedrale deutlich wurde. Auch die Franziskaner, die hier schon mehr als 300 Jahre beheimatet sind, helfen vielen in Not Geratenen weiter: die letzten Jahren haben die Schwierigkeiten vieler noch mehr verschärft – deutlich in so manchen Zelten oder anderen mitten in der Stadt auf den Böden vorzufindenden „Wohnungen“ der Obdachlosen.
„Über den Wolken“ der vielen Hochhäuser – soweit das Auge reicht – verbrachten wir mit den brasilianischen Ordensfrauen im „circolo Italiana“ eine gute und gemütliche Stunde, die uns auch ein wenig von den Strapazen der Reise vergessen hat lassen.
„Danke!“ für das Engagement für die jüngsten in unserer Gesellschaft und damit für einen wichtigen Beitrag zum Fortschritt des Landes, in dem wir dieser Tage zu Gast sein dürfen …