Als wir am Flughafen von Entebbe auf den Weiterflug über Narobi nach Daressalam warteten, ist uns durch mehrere UN-Flugzeuge vieles auch von der schwierigen Seite Afrikas blitzlichtartig aufgestrahlt: Uganda ist ja ein Stützpunkt für die Hilfe des Sudsüdan und überhaupt für (Zentral-Afrika). Hunger, Not, Armut, kriegerische Auseinandersetzungen und die damit verbundenen vorangegangenen Waffenlieferungen, Korruption, Menschenrechtsverletzungen, politische Instabilität, demographische Entwicklungen, Kinder- und Müttersterblichkeit, Anfragen an Religionsfreiheit und damit zusammenhängende Fragestellungen (1), Pressefreiheit, Stammesfehden, schlechtes wirtschaftliches Vorankommen, Engagement von China, Indien und anderen Ländern (2) – mit der Erwartung von Gegenleistungen, nicht oder zu wenig wahrgenommene oder zu ‚konservative‘ kirchliche Stellungnahmen (3), Machtmissbrauch von (politischen) Verantwortungsträgern und vieles andere mehr quälen dieses Land seit vielen Jahrzehnten. Wohl auch deswegen entsteht der Eindruck, den viele von uns über Afrika haben. Ich muss nach einigen Tagen hier sagen: das ist alles wahr – und.
Ich muss aber auch sagen, dass dies eben nur ein Teil des Gesamteindrucks ist. Vieles hängt ja davon ab, aus welchem Blickwinkel wir die ganze Wirklichkeit anschauen. Und da gibt es eben auch all das, was ich in den vergangenen blog-Einträgen niederzuschreiben versucht habe. Und das zählt, hoffentlich, auch. Ja – und noch einmal: in Afrika muss noch viel geschehen. Kein Zweifel. Aber an alles bloß mit der Brille des Zuschauers heranzugehen taugt noch, noch dazu wo einfach auch gesagt werden muss, dass vieles an diesen Zuständen aufgrund der Geschichte – früher und heute – die sogenannte „entwickelte Welt“ mit verursacht hat: Kolonialismus, Grenzziehung zwischen Staaten die nicht auf Stammesgebiete Rücksickt nahm, wirtschaftliche Abhängigkeiten, Klimawandel und und und … Wir können und dürfen nicht nur zuschauen! Wir haben die Menschen hier (endlich!) ernst zu nehmen und ihnen jene Würde zu geben, die jede/r von ihnen verdient. Kirchliche Entwicklungszusammenarbeit habe ich hier in diesen Tagen vielleicht als „Tropfen auf den heißen Stein“ erfahren, der mitunter auch einer Sisyphos-Arbeit ähnelt, ist aber – so sie nicht geprägt ist von einer bloßen (überheblichen) Geber-Mentalität – eigentlich selbstverständlich, etwa wenn und weil wir die Vorteile der einen Welt tagaus, -ein auch in unseren Einkaufstaschen genießen. Stehen wir dazu, dass wir in einer Welt leben und picken wir uns nicht „nur“ das heraus, was uns zu unserem eigenen (wirtschaftlichen) Vorteil gereicht. Es gibt eben keine einfachen Antworten, weil wir weltweit vernetzt sind (dieses Medium, über das Sie eben diese Zeilen lesen, ist ein sehr gutes Beispiel dafür) und das macht alles komplex.
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(1) Als wir in Daressalam eine erste Begegnung im kleinen Kreis hatten wusste etwa ein Gesprächsteilnehmer davon zu berichten, dass vor einigen Jahren einige Priester mit Säure auf offener Straße attackiert wurden.
(2) Sichtbar etwa in der neu entstehenden Autobahn zwischen (Jinja,) Kampala und Entebbe, die von der CCCC (China Comunications Construction) gebaut wird, und auf der schon während der Bauarbeiten die Autos fahren und auch Maut eingehoben wird …
(3) Auch da liegt zumindest teilweise europäische Sichtweise vor: katholische Kirche bildet eben nicht die große Mehrheit, zumeist nicht einmal die Mehrheit in der Bevölkerung [in Uganda etwa 1/3, wobei Christen die klare Mehrheit sind]. Für wen also „röm.-kath. Kirche“ spricht wird unterschiedlich wahrgenommen in der Öffentlichkeit und es ist auch nicht so, dass die Kirchen immer mit einer Zunge sprechen …