Bildung: „Frohe Botschaft bringen …“

Am 3. Adventsonntag feierte ich im Bischöflichen Internat mit den rund 70 Internatsschülern und -schülerinnen, deren Eltern und Verwandten, den Erzieherinnen und Erziehern sowie einigen Lehrpersonen aus den Partnerschulen die heilige Messe. Hier der Text der vorbereiteten Predigt. 

1. Wir  haben vor wenigen Tagen fas 800. Geburtsjahr unserer Diözese zu feiern begonnen. Da in der Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja (61,1-2a.10-11) vom „Gnadenjahr des Herrn“ die Rede ist, ist mir unser aller Jubeljahr bei der Vorbereitung auf die heutige Feier gleich eingefallen – auch deswegen, weil bei Jesaja dieses Gnadenjahr von dem ausgerufen wird, der als Gesalbter des Herrn den Armen eine Frohbotschaft zu bringen hat. An diesem Ort in unserer Diözese wird dies seit 1830 in unterschiedlichen Formen gelebt. Es  ist wohl eine der bedeutsamsten Arten und Weisen, wie wir als Kirche von Graz-Seckau mit den Menschen unterwegs sein wollen, wenn wir ihnen die frohe Botschaft „Bildung aus dem Evangelium“ ermöglichen. So wie Kirche „Zeichen und Werkzeug“ Gottes ist inmitten unserer Welt, so kann sich dieses Haus als Zeichen unserer Diözese dafür verstehen, am Einwurzeln der Botschaft der Bibel im Leben der Menschen um ihrer selbst willen Interesse zu haben. Ja: es ist frohe Botschaft, wenn wir sagen und behaupten, dass der Mensch einer ist, der von Gott her kommt und auf ihn hin zu leben berufen ist. Denn das ist Heilung, das ist Befreiung zum wahren Menschsein. Und das sage ich im vollen Bewusstsein dessen, wie sich hin und wieder in den vergangenen Jahrhunderten im vermeintlichen Leben aus dieser Botschaft Menschen auch in unserer Kirche an anderen versündigt haben. 

2. Wieso kann ich dies behaupten? Ich tue es vor allem deswegen, weil der Mensch, der nur auf sich bedacht ist, letztlich sich selbst zum Nonplusultra versteigt. Damit aber meint er Herr über andere sein zu können oder gar sein zu müssen. Wenn wir nicht um Gott wissen, um einen also, dem gegenüber wir alle (!) verantwortlich sind – egal welchen Alters, welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe oder Nation wir sind – ist die Gefahr tatsächlich groß, dass wir nicht mehr miteinander leben, sondern bestenfalls nebeneinander. Ein solcher Lebensstil wird im bekannten Sprichwort deutlich: „homo homini lupus – der Mensch wird/ist dem Menschen ein Wolf“. Dass immer wieder heutzutage so gelebt wird, sei an einigen Beispielen erläutert. Mitunter sagen ja einige: „Solange der Papst oder der Bischof das sagt, was meine Ansicht ist, ist er in Ordnung.“ Dasselbe gilt für die Gesellschaft: „Solange Fire Bürgermeisterin derselben Ansicht ist wie ich, passt sie.“ Ein solcher Lebensstil führt sahn dazu, dass alles was eben nicht meinem Blickwinkel entspricht, „niedergemacht“ wird.  In sogenannten „sozialen Medien“ oder auch auf der Straße werden dann andere sprichwörtlich niedergemacht. Und selbst ist man der „champ“.

Erst dann, wenn wir anerkennen, dass meine persönliche Freiheit dort ihre Grenze hat, wo die Freiheit meines Nächsten anhebt, erst dann also, wenn wir das Kindsein Gott gegenüber wirklich ernst nehmen und dem entsprechend leben, wird Miteinander unter den Menschen zur Möglichkeit und damit wirklich erlösten Daseins. Dann nämlich werden wir aus den Fesseln unseres Ich’s befreit und anerkennen, dass mein(e) Nächste(r) jemand ist, dem ich erst dann gerecht werde, wenn ich seine Herkunft von Gott her ernstnehme und mich ihm gegenüber so verhalte, dass ihm/ihr deutlich wird: Auch du bist ein geliebtes Kind Gottes und eben nicht bloß ein Mensch, der „neben“ mir existiert und der mir meine eigene Identität in Gefahr bringt. – Vielleicht wird deutlich, wie aktuell eine solche, wirklich von der Botschaft der Heiligen Schrift getragene Bildung, notwendig ist angesichts einer Gesellschaft, die – wie es scheint – mehr und mehr im Kleinen wie im Großen polarisiert ist und teilweise auseinanderzubrechen droht. 

3. Daher möchte ich mir und uns hier in diesem Haus nichts anderes mitgeben als diese Botschaft des heutigen Sonntags: Der Herr „hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“