Die eine Welt

In den Tagen in Braga mit beinahe 70 anderen Bischöfen aus 4 Kontinenten, nur Ozeanien war nicht „mit von der Partie“ war es mir gegönnt, einen „anderen“ Blick auf diese, unsere Welt (neu) kennen zu lernen. Meiner ist ja – und die Brillen machen es deutlich (Kurzsichtigkeit und ein Auge ist überhaupt nicht ganz entwickelt …) – beschränkt. Welche Wahrnehmungen sind zu machen – und welche zählen tatsächlich? Einige Spannungsfelder seien benannt:

  • global – universal
    Ich bin es gewohnt, zwischen „links“ und „rechts“ zu unterscheiden, auch in gesellschaftspolitischen Fragen. Stimmt diese Spannung noch? Wäre nicht eher von „offen“ und „geschlossen“ zu sprechen? Denn: es gilt in den Entscheidungen auch die Dimension der ganzen Welt mit einzubeziehen und nicht nur an sich selbst zu denken, oder? Nur ernst zu nehmen, dass wir in einer globalen Welt leben und das vielleicht auch täglich im berühmten Einkaufssackerl zu reklamieren ist zu wenig; nicht nur Ich kann und darf das Maß der Dinge sein, sondern den/die Anderen heißt es mit zu sehen …
  • Zentrum – Peripherie
    Wir merken: unsere Welterklärung ist nicht mehr die alleinige. Da spielen ganz neue Player mit im internationalen Konzert. Ob es uns passt oder nicht. Ich kann, darf und muss lernen, die Ereignisse der Welt auch mit anderen Augen zu betrachten – vgl. etwa die Sichtweise des Nuntius in der Ukraine, die er jüngst kundgetan hat – ; ist die Euro-Zentrierung nicht auch zuletzt ob der Krise der europäischen Integration eigentlich zu ergänzen?
  • Multilateralität – Multipolarität
    Die Welt zu ordnen und die Vorgänge in ihr möglichst friedlich zu klären: eine der Begründungen, wieso es internationale Organisationen – wie etwa die UNO – gibt. Andererseits gibt es die G7 oder G8 oder G9 oder G20, die ihre Entscheidungen damit legitimiert, einen Gutteil der Weltwirtschaft zu „verwalten“, ist aber wirklich alles weltweit damit in Ordnung? Was hat in Burkina Faso wirklich Priorität …?! Wie ist das mit dem internationalen Waffenhandel, der wirtschaftlich „boomt“? Klar: Multipolarität mag einiges auch erschweren, aber Gott sei Dank sind wir nicht die einzigen „Welt-Erklärer“. Es gilt, alle Menschen mit ihrer Würde ernst zu nehmen …

Geht es derzeit nicht eher darum, aus den „Engen“ der eigenen „Denke“ in die Weite des „Ganzen“ zu treten, auch weil von dort aus betrachtet das Eine oder Andere vielleicht auch anders aussieht? Gerade auch, wenn wir heute etwa sagen müssen: „Was in Syrien passiert, wird in einigen Ländern Europas derzeit ausgelitten? Was bedeutet also die lokale Erfahrung für globales Handeln?

Danke im Übrigen an Pasquale Ferrara, der mich mit seinen Überlegungen in Braga auf den Weg gebracht hat.