Einander WIRKLICH begegnen

Einander begegnen – so jedenfalls haben wir unsere Reise nach Afrika vor mehr als 1 Woche begonnen. Und das bedeutet eben auch: einander jene Würde zubilligen, die uns als Menschen zusteht. „Auf Augenhöhe“ einander begegnen also. Ich merke bei mir allerdings immer wieder die Versuchung, mein Denken anderen „überzustülpen“ – und diese haben dann in derselben Art und Weise mein Denken ernstzunehmen. Das geschieht recht rasch. Im Kleinen des Alltags genauso wie im Gestalten der großen Welt. Ein Beispiel gefällig? Ich mache hier ganz andere Erfahrungen von Kirche als wir sie zu Hause (er)leben. Soweit so gut. Was ich aber auch entdecke: Ich kann das Erlebte (und damit Strukuturen, …) eben nicht einfach in unseren Kontext kopieren. Die Grundlinien sind aufzudecken und diese dann „neu“ in unsere „Welt“ zu übersetzen. Und die heißen: Taufe ernstnehmen und das Amt ernst nehmen (vgl. mein Eintrag von vor 2 Tagen). Es wäre also verfänglich und gänzlich verkehrt, zu meinen, wenn ich hier Pfarren mit 80 Außenstationen („Kirchorte“) gesehen habe und Priester, die in diesen Erfahrungen sehr „relaxed“ wirken, zu meinen, das ginge auch in der Steiermark. Nein, ist auch nicht anzustreben. Es gilt aber – und das muss ich mir selbst einhämmern – die Bilder und Erfahrungen, die mein Denken von Kirche prägen, mal hintan zu stellen, sie auf die Seite zu legen, weil es eben auch (ganz) anders geht.

Ein zweiter Gedanke ist mir in diesem Zusammenhang auch immer wieder gekommen: Wenn ich die Menschen wirklich ernst nehme, dann bestimmen sie das Tempo, wiewohl die Richtung klar – auch wir haben authentische Nachfolge, Christsein im Heute erst durch viele Irrungen und Wirrungen der Geschichte „gelernt“. Fragestellungen, die uns wichtig sind, müssen in anderen Kontexten, in anderen Gesellschaften, in anderen Kulturen – derzeit – alles andere als wichtig sein. So leid mir das auch tun mag, weil dies oder jenes eben für mich wichtig ist: nicht alles, was uns Europäern derzeit bedeutsam erscheint muss daher der ganzen Welt bedeutsam sein, so wie es auch umgekehrt für afrikanisches Denken gilt. Ob es mir passt oder nicht: ich kann nicht mein, ich kann nicht „europäisches“ Denken anderen überstülpen – die Geschichte müsste uns dies ohnedies deutlich lehren. Es geht eigentlich nur über wirklichen Dialog: ich nehme mich an in meiner Identität und Einmaligkeit [ich bin mir nicht immer sicher, ob wir als europäische Katholiken wirklich um die Schönheit unseres Glaubens wissen und diese dann auch denken und leben] und nehme dich an in der deinen. Da wir beide von IHM beseelt sind, wir haben ja Christus in der Taufe als Gewand angelegt (!), begegnen wir dann einander in IHM und nicht mehr „überheblich“ oder unterwürfig, weil wir IHN ins Spiel des Denkens, Redens und Glaubens einbringen. Das bedarf meinerseits einen – ich habe dies eingangs erwähnt – gehörigen Mentalitätswandel: Nicht ich, aber auch nicht du, bist der Wichtigste, nein ER lässt uns wirklich als Brüder und Schwestern erleben, ER ist der Kommunikator, Er stiftet communio. – Wie weit doch ich von einem wirklich so gelebten Dasein noch entfernt bin. Ich möchte jedenfalls meinen Beitrag dazu leisten, dass wir – ob im Dialog mit der afrikanischen Kirche oder auch intern bei uns, ob im Dialog der Ökumene oder auch mit Menschen anderen Glaubens oder Weltanschauung diesen Mentalitätswandel (ein Wort, das mir zugesagt wird, ist schon eingeprägt in so manches interne Gespräch unter Kirchenverantwortlichen und sei hier angeführt: „Perspektivenwechsel“) zum Wohle aller (!) anpacken.

„Aggiornamento“ meinte seinerzeit Johannes XXIII. Und wirklich: „Was willst du, Gott, mir, durch die Erfahrung, in die ich in diesen Tagen eintauchen durfte, für mich und die Kirche in unseren Breiten sagen?“