Gedanken III

Ach ja: Im Nach-Denken über Erfahrungen in Brasilien muss m.E. auch dieser Aspekt kurz beleuchtet werden: das „Zusammenspiel“ zwischen den kleinen Gemeinschaften im Dorf und der Pfarre. Es geht hier nicht darum, unsere gewachsenen Strukturen schlechtzureden, sondern darum, deutlich zu machen, dass Pfarre eben weit mehr ist als „Pfarrer“ und Engagement in der Leitung und Koordination von Gemeinschaften in einem Dorf etwa durch Frauen nicht automatisch sofort die Frage nach der Weihe mit sich bringt. Dies wird m.E. eben anders gelebt, auch wenn Fragen bzgl. der Erfahrbarkeit von Sakramentalität der Kirche bleiben. Ähnlich wie in Afrika ist es ein selbstverständliches Zu- und Miteinander unterschiedlicher Erfahrungen von Kirche: da gibt es zum einen das, was vor Ort im Kleinen, im Dorf etc. selbstverständlich gelebt werden kann und das, was dann das eine oder andere Mal mit der Präsenz durch Priester hineingenommen wird etwa in die (große) Danksagung, Eucharistie der Kirche. Mitunter hege ich den Verdacht, dass wir Kirche weit mehr priesterzentriert und damit eucharistiezentriert denken als theologische Vernunft es uns weismacht. – Ob das, wie in Brasilien Kirche theologisch gelebt wird, tatsächlich „das Gelbe vom Ei“ ist, wage ich nicht zu unterstreichen, aber nachdenklich macht es allemal.

Dies hat wohl auch seinen Grund darin, dass weit mehr als bei uns die Sendungsperspektive der Kirche im Blick ist: „Wozu sind wir da?“ Und das wird tatsächlich dann auch evaluiert und in – ich sage es mal – Pastoralpläne gegossen. Da bleibt dann eigentlich keine Zeit für innerkirchliche Debatten, sondern Einsatz und Leben ist gefragt – und daraus ergibt sich dann etwa für die konkrete Situationen eine bestimmte Gestalt von Kirche, die sich bei Änderung der Bedingungen auch rasch wieder verändern kann (z.B. weil etwa die Pfarrstrukturen viel größer sind besteht mehr Möglichkeit flexibel auf so manche Angelegenheit zu reagieren). Dies wiederum bedingt – auch weil die Ressourcen beschränkt sind – nicht bei sich selbst stehen zu bleiben, sondern das „je Mehr“ von Kirche immer auch schon in die konkrete Lebensgestalt bei uns einzubeziehen: nicht dann, wenn wir „Festungsmauern“ hochziehen, wird Leben gezeugt, sondern dann, wenn wir lieben … (Das was im Leben miteinander gilt, gilt auch für eine Gesellschaft und damit auch die Kirche.)