Am 70. Jahrestag der sogenannen „Schumann-Erklärung“ vom 9. Mai 1950 – die Geburtsstunde dessen, was später zur Europäischen Union werden sollte und deswegen „Europatag“ – gab es ein virtuelles Treffen der konfessionsübergreifenden Initiative „Miteinander für Europa“. In dieser sind seit nunmehr 20 Jahren verschiedene Erneuerungsbewegungen christlicher Kirchen – aus katholischer, evangelischer, orthodoxer und auch freikirchlicher Tradition – lose zusammengeschlossen, um gemeinsam zu überlegen, was denn nun Auftrag der Jüngerinnen und Jünger Christi auf diesem Kontinent sei. Eigentlich war mit dem steirischen „Ableger“ dieser Bewegung ein Treffen im Grazer Rathaus angesagt. Dies war nicht möglich, so wurden kurzerhand 1 Stunde lang Erfahrungen aus sechs europäischen Ländern miteinander geteilt: Slowakei, Ungarn, Kroatien, Slowenien, Italien und Österreich. Knapp 100 Personen waren der Konferenz zugeschaltet.
Das, was berichtet wurde, waren einfachste Initiativen – nicht nur aus Corona-Zeiten – engagierter Menschen, denen das Miteinander der Völker und Nationen auf unserem europäischen Kontinent – gestaltet aus christlichem Geist – wichtig ist. Die Berichte waren alles andere als schlagzeilenträchtig. Und dennoch! Da hatte ein kleines Ding, ein Virus, Menschheitspläne durcheinander und Grenzen dicht gemacht. Das „Miteinander“ dieser Initiative – es ist für mich nach wie vor interessant, dass dieses Netzwerk von Erneuerungsbewegungen getragen wird, denen üblicher Weise nachgesagt wird, eher mit dem Blick nach innen in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften präsent zu sein – wurde durchkreuzt, denn leibliches Zusammenkommen war unmöglich. Dennoch war es mit Händen zu greifen: in jeder Erfahrung wurde deutlich, dass Menschen aus christlichem Geist heraus versuchen, nicht achtlos an den Nöten, Sorgen und Notwendigkeiten anderer vorüberzugehen. Das Miteinander wurde in diesem „Treffen“ daher nicht körperlich, sondern durch berichtetes Tun angreifbar. Einfach gerade deswegen nachhaltig, denke ich. Und damit wurde auch etwas deutlich, was uns schmerzlich derzeit auf europäischer Ebene abgeht: das Miteinander für Europa eben – so manches an Selbstisolation der einzelnen Staaten hat ja erneut fröhliche Urständ in dieser Krise gefeiert. Oder wurde darin nur etwas von dem sichtbar, was eigentlich ohnedies „unter der Bettdecke“ auch bislang eher schon gelebt wurde?
Für meine Schlussworte am Ende dieser Stunde ist mir daher der Vergleich eingefallen, der im Bild der durchkreuzten Pläne deutlich wird. Da war also – die Umstände, wieso es dazu gekommen ist, sind nicht relevant in diesem Fall – praktisch alles an Planungen durchkreuzt worden: Statt Miteinander: getrennt sein; statt gemeinsames Bekenntnis: virtuelle Berichte, einer nach dem anderen. Durch das Kreuz also – eine neue Form von – Einheit. Natürlich: die Begegnung, die für einen Tag geplant gewesen ist, kann nicht durch eine Videokonferenz in 1 Stunde ersetzt werden. Das Wesentliche – und das getraue ich mir zu sagen – „Miteinander für Europa“ unterwegs zu sein wurde dennoch gelebt und deutlich – in einer ganz anderen Art und Weise und auf einer anderen Ebene als ursprünglich geplant und gedacht. Menschen aus unterschiedlichen Nationen, mit unterschiedlicher Sprache, aus unterschiedlichen kirchlichen Erfahrungen – „durchkreuztes“ Christsein, das sich in dieser Art Jesus mit seiner Bitte um die Einheit aller, die durch die Jünger an ihn glauben, wohl so auch nicht gedacht hat (vgl. Joh17,20f) – sind dennoch im Leben ihres Bekenntnisses gleichsam geeint. So blieb mir eigentlich nur zu sagen: durch das Kreuz sind wir bei aller Verschiedenheit und Getrenntheit untereinander vereint. Möge diese Initiative in Graz, die durch das „Kreuz Corona“ beinahe Schiffbruch erlitten hätte, mutig vorangetrieben werden. – Ehrlich: ich freue mich jetzt schon auf den hoffentlich dann in realer Begegnung stattfindenden Tag im Mai 2021!