Gott zur Welt bringen

Bei der Predigt am 6. Sonntag der Osterzeit in Mürzzuschlag habe ich anlässlich der Segnung des neu erbauten „Hauses der Begegnung“ der Pfarre folgende Worte vorbereitet.

  1. Unglaublich schöne Bilder begegnen uns im letzten Buch der Bibel. Einige Ausschnitte aus dem 21. Kapitel (Offb 21,10-14.22-23) haben wir in der Lesung gehört. Der Seher auf der Insel Patmos schildert uns in diesem Kapitel den Himmel, was also auf ewig sein wird. Er schildert dies im Bild einer Stadt. Das Gewimmel an Menschen in ihr können wir uns vorstellen: über die verschiedenen Tore werden Menschen aus allen Himmelsrichtungen eingezogen sein und damit Menschen aus aller Herren Länder. Interessant ist für mich, dass es so etwas wie einen Tempel nicht braucht im „himmlischen Jerusalem“, weil Gott mit den Völkern in dieser Stadt lebt – und ER ist damit die Mitte aller.
  2. Gott: die Mitte aller. – Wir haben uns hier in der Pfarrkirche versammelt. Aus aller Herren Länder sozusagen – zumindest aus dem Pfarrverband – sind Menschen herbei geeilt. Hier wird die Mitte unseres Lebens gefeiert: Gott selbst hat uns eben angesprochen mit seinem Wort. Er schenkt sich uns aber auch als Speise für unser Leben. Hier wird uns das, was uns die Offenbarung des Johannes berichtet, im Zeichen mitten in unserem Leben geschenkt. Das heißt dann doch auch: Gott ist die Mitte aller –  im Hier und Heute. Im Jetzt.
    Ich glaube, dass wir uns da gemeinsam immer wieder neu als Christen zu stärken haben: das, was wir hier hören in unseren Gottesdiensten, das was wir in unseren Kirchen feiern, ist nicht „Schnee von gestern“, sondern ist unser Leben heute und hier! Ist Leben im Jetzt und nicht Tod und Untergang. Durch die Sakramente, die uns geschenkt werden, wird es uns immer wieder aufs Neue deutlich: Gott ist lebendig und Er ist da!
  3. Gott: Er ist die Mitte aller. – Gehen wir – zumindest gedanklich – einen Schritt weiter. Uns wird hier in diesen „4 Wänden“ sozusagen in der Feier der Liturgie immer wieder in Erinnerung gebracht, dass Gott da ist, uns begleitet, dass Er mitgeht mit unserem Dasein und alles andere als fern von ihm ist. Das heißt dann auch: Er geht mit uns aus dieser Kirche hinaus. Heute etwa ins neue Pfarrheim. ins neue „Haus der Begegnung“. Mit viel Aufwand ist es in den vergangenen Monaten errichtet worden und hinterlässt nun einen ganz neuen Eindruck rund um Pfarrkirche und Pfarrhof. Allen, die da mitgeholfen haben, Hirn und Hand angelegt haben, an dieser Stelle daher auch mein Dank.  Ja: Kirche verkündet nicht nur die Botschaft des Lebens, sondern ermöglicht als Arbeitgeber immer wieder Leben. Und natürlich gilt dieser Danke auch all jenen, die ihre Talente eingebracht haben und einbringen, damit die Finanzierung gesichert werden kann. – Nicht unerwähnt in dieser Dankesliste dürfen die solidarischen Beiträge all jener gesehen werden, die in der Steiermark ihren Kirchenbeitrag mehr oder weniger gern leisten. Anders ausgedrückt: irgendein „halber Fenstergriff“ wird wohl dort auch mir gehören … Ja: dort drüben bei all den Veranstaltungen, bei all dem Leben der Kleinsten bis hin zu den Ältesten, ob nun kirchlich oder nicht: bei alledem ist Gott präsent. Wir haben es als Christen in der Hand, ihn aufzudecken inmitten des Gewimmels und Gewurrls, das hoffentlich die neuen Räume in den kommenden Jahren erfüllen wird. Ja: Nicht nur in den behüteten Mauern einer Kirche ist ER präsent. Dort, wo Menschen sich in Seiner Liebe versammeln, also in der Art und Weise miteinander umgehen, wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist, lebt ER. Und das kann dann auch bei einem Vortrag, bei der E-Ki-Gruppe, bei der Sternsingerprobe oder beim gemeinsamen Weihfleischessen am Ostersonntag sein.
  4. Gott: Er ist die Mitte aller – dieser einfache Satz im Anschluss an die Lesung des heutigen Sonntags macht aber auch deutlich: unser Auftrag ist es, nicht unter uns zu bleiben. Die Feiern hier, die Veranstaltungen über dem Platz im Pfarrheim, die Begegnungen im Pfarrhof usw. sind eigentlich nichts anderes als Trainings- und Übungsfelder für die Bewährung unseres Christseins. Denn Gott ist zur Welt zu bringen. Zu dieser Welt hier in Mürzzuschlag, in Ganz, in Spital, in Hönigsberg und wie auch immer die Ortsteile heißen mögen. Denn: wenn ER Mitte ist, wenn alles sich an IHM und auf IHN orientiert, dann ist der Himmel auf der Erde angreifbar, dann ist ein Stück Ewigkeit hier erfahrbar. Wir wissen, schauen wir doch mit ehrlichem Auge in unsere Welt: da gibt es genug Gelegenheiten, in denen wir als jene, die darum wissen, IHN zu den Menschen bringen können, ja bringen müssen. In einer Gesellschaft, die wie mir scheint sich immer weiter auseinanderlebt, wir können ihn hineinbringen zwischen die Erfahrungen der Eheleute und der Familien, zwischen die Generationen und die Geschlechter, zwischen die Parteien, zwischen jene die Arbeit haben und jene die eine suchen, zwischen jene, die sich der Gesundheit erfreuen und jene die leiden und sich nach Heilung sehnen. – Es gibt praktisch keinen Moment, der nicht von uns (!) dazu genützt werden könnte, Gott als die Mitte und damit auch das Ziel des Lebens in dieser Welt gleichsam „heimisch“ zu machen.
    Nutzen wir die vielen Chancen! Lassen wir uns hier stärken mit dieser Gewissheit, nehmen wir Ihn wahr dort drüben wo sich das Leben der Pfarre in anderer Weise konkretisiert und nehmen wir Ihn vor allem dorthin mit, wo wir unseren Alltag verbringen und geben wir dort Zeugnis davon, dass Er die Mitte des Daseins ist. Die Welt lechzt danach!