„Herr, ich bin nicht würdig …“

Am 9. Sonntag im Jahreskreis wird im Lesejahr C das Evangelium vom „römischen Hauptmann“ (Lk 7,1-10) in den katholischen Kirchen verkündet. Für die Messfeier in Kumberg gestern hatte ich mir folgende Gedanken zurecht gelegt.

Wir alle wissen um die Stelle in der hl. Messe, von der das heutige Evangelium spricht. Vor der Kommunion wird uns mit Johannes dem Täufer zugerufen: „Seht das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt“. Und wir antworten mit dem römischen Hauptmann: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Ja: für die unmittelbare Begegnung mit Gott sind wir Menschen eigentlich gänzlich „ungeeignet“. Dies wird durchwegs in der Bibel des Alten Testaments geschildert. Seine Größe ist für uns nicht greif- und erfassbar. Wir „stammeln“ gleichsam etwas, um die Wirklichkeit Gottes auszudrücken. Wenn wir was sagen von ihm, müssen wir uns bewusst sein, dass Er noch immer größer ist als das, was wir in Worte und Begriffe einfangen können. – Darüber hinaus muss gesagt werden: weil der Mensch es von Anfang an in sich hatte, und das ist eben ein Aspekt der biblischen Erzählung von der Erschaffung des Menschen, seine Freiheit wirklich auszukosten, wollte er sich selbst auch zu Gott erheben, wie „er“ sein. Deswegen – welch Hochmut dies doch gewesen ist! – gibt es die Sünde und damit die Trennung zwischen Gott und dem Menschen.
In aller Kürze bedeutet das demnach: wir selbst sind nicht unendlich, sondern beschränkt. Daher gibt es eigentlich keine uns zur Verfügung stehende Möglichkeit, Gott wirklich zu begegnen. Nun aber, und in dieser Situation war ja auch ob der Traditionen des Judentums der römische Hauptmann, kommt uns aber in Jesus Christus Gott selbst – als Mensch unter uns Menschen – entgegen. Gott selbst überwindet den Graben zwischen Unendlichkeit und Endlichkeit und macht sich uns gleich. Weil er als Gott, der Liebe ist, nicht anders kann als lieben, holt er den Menschen auf seine Seite. Nicht wir sind es, die uns ihm würdig machen, das geht nicht; nein: Er begibt sich radikal auf unsere Seite und lädt uns zum Leben mit IHM ein. Das schafft Lebensmöglichkeit, das gibt Hoffnung, das eröffnet letztlich jene Perspektive, die uns ewiges Leben verheißt.
Daher: die Phrase kurz vor der Kommunion ist eigentlich nicht das x-te Bekenntnis der Kleinheit und vielleicht auch Sündhaftigkeit des Menschen, sondern eines von vielen Bekenntnissen, dass Gott eben in Seiner Größe nichts anderes im Sinn hat als die Grenzen, die Menschen gesetzt sind, zu überwinden. Um uns in Sein Leben einzulassen, das nicht erarbeitet werden kann, sondern Geschenk ist; das eben nicht mit einem tadellosen Leben allein erreicht werden kann, sondern aus Barmherzigkeit mit den Heilmitteln der Kirche vermittelt wird. Ja: Er kommt in unser Leben, niemand geringerer! Und so macht Er uns heil, ganz, lässt Er uns den eigentlichen Ruf erfahren, der somit zur Berufung wird: „Du: ich liebe Dich. Ich lade Dich ein, leb‘ mit mir – auf ewig!“ Niemand sonst kann diese Größe haben. Und wir dürfen als Christen darum wissen. Welch‘ großes Geschenk!