instruiert werden – XL

40. gemeinsam die Sendung der Pfarre leben: Dienste und Ämter I

Ein Abschnitt im jüngst erschienen Artikel des emeritierten Kirchenrechtlers aus Würzburg, Heribert Hallermann, in der Herderkorrespondenz hat mich auf einen Aspekt aufmerksam gemacht, der mir für das Kapitel IX der Instruktion „Pfarrliche Beauftragungen und Dienste“ wesentlich erscheint: „Im Unterschied zur DBK[1], die hauptamtliche Laien als Personen betrachtet, ‚die vom Bischof mit bestimmten Aufgaben und Ämtern, die zum Dienst des Priesters gehören‘ (Rahmenordnung vom 1. Oktober 2011, Nr. 1.3.4) beauftragt sind, sieht das Kirchenrecht die Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten als Inhaberinnen und Inhaber von mit Seelsorge verbundenen Kirchenämtern im Sinne des c. 145 CIC. Das Konzept des Kirchenamtes bringt den Anspruch auf eine verbindliche Umschreibung der Aufgaben mit sich, die mit eigener, nicht delegierter Verantwortung verbunden sind. Demgegenüber geht die DBK vom vorkonziliaren Konzept des Laienapostolats aus, das aufgrund von Notlagen lediglich die Delegation von Aufgaben und Verantwortung kennt. Die geltende Rechtsordnung hingegen geht von den eigenen Aufgaben der Getauften aus (vgl. c. 204 §1 CIC/1983) und davon, dass ihnen mittels eines Kirchenamtes bestimmte zusätzliche Aufgaben übertragen werden können, die sie im Namen der Kirche ausüben.“[2]

Wenn dieser Befund stimmt, dann ergibt sich für mich eine völlige „Neubetrachtung“ so mancher Situationen in unseren Breiten: Sind wir wirklich in unseren Aufbaustrukturen so weit wie das Kirchenrecht denkt? Oder denken wir – und sind gerade deswegen sehr „allergisch“ – eher alles von „Leitung“ her und verstehen darunter etwas anderes als das kirchliche Recht, das eben darunter „nur“ die umfassende Hirtensorge versteht? – Auch wenn es die Instruktion erneut so durch ihre Struktur darlegt? Die Canones 228ff. im Kirchenrecht sprechen von Ämtern, die im Namen der Kirche von Laien ausgeübt werden können, Akolyth und Lektor sind darunter solche, die auch liturgisch übertragen und damit auf Dauer angelegt sind[3]. Ob mit den Diensten, die das Kirchenrecht – wenn auch unter besonderen und unterschiedlichen Voraussetzungen – unter Umständen auch für Laien vorsieht (etwa Taufspendung oder Trauungsassistenz, aber eben auch Predigterlaubnis – außerhalb der Messe) tatsächlich – wie es Paul M. Zulehner in einem pointierten Kommentar zur Instruktion meint[4] – das Weiheamt ausgehöhlt wird, wage ich auf diesem Hintergrund mal zu bezweifeln – auch deswegen, weil es eben nicht vom Weiheamt her verstanden wird. Dass wir in unserer erfahrbaren Kirchenwirklichkeit aber – auch aufgrund unserer Geschichte – immer „nur“ von dorther Kirche denkend (und vielfach auch real) aufbauen und deswegen nicht anders denken können/wollen sei zumindest auch angemerkt. Und nebenbei sei auch noch ergänzt, dass damit freilich einem bloß funktionalen Verständnis des Weiheamtes („Was darf ich – und eben nur ich – im Unterschied zu anderen?“) entgegengetreten wird.

So wäre es an der Zeit, meine ich, diese neuen Ämter, die dann freilich auch Frauen zugänglich sind, zu beschreiben und in einzelnen Diözesen zu benennen – jene, die mit dem Dienst der „umfassenden Hirtensorge“ dann betraut werden, die Pfarrer also, ist es demnach aufgegeben, alle diese Dienste in Einheit und damit im Blick auf unser aller gemeinsamen Herrn zusammenzuführen, damit sie der einen Sendung der Kirche dienen. Ich ergänze: interessant ist eben auch, dass etwa die Amazonien-Synode vom Papst Ämter erbeten hat, die nicht nur für den innerkirchlichen Bereich bestimmt sind[5]

Dass freilich die Instruktion – „semantischen Feinspitz“ ähnlich – darauf drängt (96) keine Begrifflichkeiten für diese Ämter zu verwenden, die den Weg der Ableitung vom Dienst der „umfassenden Hirtensorge“ und damit des Pfarrers her denkt, ist zum einen verständlich – um Verwechslungen zu vermeiden. Andererseits muss aber auch gesagt werden, dass wir – zumindest in unseren Breiten und geprägt von einer Geschichte, die eben so war wie sie war und sich daher auch in unser Bewusstsein eingegraben hat, dies versucht sind, von der „falschen Seite“ her zu denken und damit auch zu interpretieren und mitunter sogar die bislang oft be- und eingeklagten „Macht-miss-verhältnisse“ strukturell fortführen wollen[6], unter anderen Vorzeichen. Der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil scheint es aber doch um etwas „Neues“ zu gehen … Umkehr ist angesagt …

[1] Deutsche Bischofskonferenz.

[2] Heribert Hallermann: Über den Unterschied von Gemeinde und Pfarrei. Zur Debatte zum Thema Leitung in der Kirche, in: HerKorr Nr. 9(2020), 50f., hier: 51.

[3] Dass hierbei die Beschränkung auf „Männer“ (can. 230 §1) der Herkunft der Beauftragungen [Paul VI. hat die „niederen Weihen“ abgeschafft und dafür mit „Ministeria quaedam“ zwei neue „Beauftragungen“ geschaffen] geschuldet ist und eigentlich einfach erneuert werden sollte wie es auch die Synodalen der Amazoniensynode erbeten haben [Schlussdokument der Synode 102], sei am Rand erwähnt. – Ob darüber hinaus die Begrifflichkeit (ministeria, officia, ….) auch im Urtext zwischen den verschiedenen Texten eine einheitliche ist, wage ich – trotz Unkenntnis – ganz einfach zu bezweifeln.

[4] Paul Michael Zulehner: Die stille Erübrigung der Ordination (https://zulehner.wordpress.com/2020/07/22/2074/)

[5] vgl. Schlussdokument der Amazonien-Synode (https://www.adveniat.de/fileadmin/user_upload/Informieren/Themen/Zukunft_Amazonas/Schlussdokument_Amazonien_final.pdf), u.a. 93ff.

[6] Auch diesbezüglich gibt der Beitrag Hallermanns in HerKorr Nr. 9(2020), 50f. einige Aufschlüsse, auch wenn dazu gesagt werden muss, dass er die deutsche Situation vor Augen hat, in der staatskirchenrechtlich so manches anders als etwa in Österreich und wohl auch der Schweiz aufgestellt ist.