instruiert werden – XLVIII

48. Schlussbemerkungen II

Eigentlich wollte ich nur kurz so manche Gedanken liefern, um deutlich zu machen, dass ich bereit bin, im „Hören“ auf diese Instruktion – ich hoffe ich habe es getan – manches an Tageslicht zu befördern, was im grellen Scheinwerferlicht der Beobachtung mitunter nicht gesehen wird oder übersehen wird. Ich meine auch, dass dieses „ruhige Hinhören“ gewinnbringender ist bei allem, was auch „dagegen“ gesagt werden muss – und auch das ist in den nunmehr knapp 50 blog-Einträgen geschehen – als bloß das schnelle und nach Aufmerksamkeit heischende Antworten im grellen Scheinwerferlicht der Klassifizierungen zwischen „progressiv“ und „konservativ“ u.ä.m.

Ich meine, dass es sich „lohnt“, die Überschrift wirklich als Verstehensschlüssel für alle Passagen der Instruktion her zu nehmen und diese Art von „Gesellschaft“ zu leben, die eben Kirche so einzigartig macht als „Leib Christi“. Von der Sendung her gilt es Kirche „neu“ zu verstehen – so jedenfalls interpretiere ich selbst immer wieder unseren Papst und gebe ihm vollkommen recht: die bloße Lehre als hieratischen Block ohne Leben aus der und der Liebe den Menschen anzubieten ist fahrlässig und wird uns ohnedies durch eine Glaubwürdigkeitskrise sondergleichen, die wir derzeit wahrnehmen, offensichtlichst aufgetischt. Und nach wie vor beschäftigen wir uns als Innenarchitekten statt die Sendung als uns bestimmend wahrzunehmen, nach wie vor meinen wir unsere Identität (als Kirche bzw. als Glieder in ihr, als Amtsträger usw.) zu retten und zu erhalten, indem wir uns abgrenzen von anderen. Wir merken dabei zu wenig, dass wir an der christlichen Identität mehr als vorbeischrammen, die eben heißt: nicht Identität durch Abgrenzung, sondern durch Liebe und Hingabe. Ich ergänze sogleich, dass ich um mich als sündigen Menschen weiß – das ist kein „fishing for compliments“! Auch ich hoffe, dass ich mich redlich mühe – gerade weil ich ein geweihtes Amt in der Kirche und für sie ausübe – den Worten und damit Geboten unseres Meisters zu entsprechen. Das ist Leitung, die freigibt und eben nicht „bestimmt“, aber gerade darin bestimmend ist, weil einen Lebensstil in diese Welt einpflanzend, den sie gerade im Heute nötig hat, das vielfach von egoistischen Antrieben gezeichnet ist[1].

Man würde mich wohl auch dann „falsch“ verstehen, wenn all das, was ich mir in den vergangenen Wochen so zu dieser Instruktion gedacht und niedergeschrieben habe – tagebuchmäßig, als bloße „Verteidigung“ der römischen Position gelesen würde. Ich verstehe meine Überlegungen zum Einen als hinhörendes Reflektieren und damit auch als Kritik im ursprünglichen Sinn des Wortes und hoffe, dass sich hier einige wiederfinden. Ich habe daher versucht, an für mich „entscheidenden Stellen“ das deutlich zu machen, etwa

  • wenn ich meinte, ob eine Instruktion das richtige Vehikel sei, prinzipielle pastorale Erwägungen zu transportieren – und habe mich dennoch darauf eingelassen, weil es nun mal so vorgegeben ist;
  • wenn ich angefragt habe, ob und wie gesamtkirchliche Dokumente ohne Rücksprache mit den Ortskirchen und damit auch einer einfühlsameren Übersetzung, die den Denkhorizont der Empfänger wirklich ernst nimmt, sinnvoll sind;
  • wenn ich den inneren Aufbau der Normen, die in Erinnerung gerufen werden, als unglücklich um nicht zu sagen „falsch“ dargestellt habe, weil es in der missionarischen Sendung der Kirche und damit auch unserer Pfarren eben nicht nur um Themen rund um die Leitung und damit die Rolle und Funktion der Pfarrer bzw. Priester geht, sondern wesentlich diese Dimension der ganzen Kirche in den Vordergrund gerückt werden soll;
  • wenn ich manche Themen in einer weltweiten Instruktion als eigentlich nicht angebracht betrachte oder deren Bedeutung durch eine falsche Setzung von Kapiteln und Abschnittsunterteilungen infrage stelle;
  • wenn ich darüber hinaus das Instrument der „Instruktion“ in manchen Bereichen als nicht entsprechende literarische Form für so manche Darstellungen hinterfragt habe;
  • usf.

Habe ich mit diesen ausführlichen Überlegungen, die wie gesagt weit länger wurden als ich mir selbst gedacht habe, nicht doch – gegen meinen anfangs getätigten Einwand – dieses römische Dokument „zu ernst“ genommen? Die Frage mag gestellt werden. Genauso aber irritiert mich bei so manchen der – beinahe schon – prinzipielle hermeneutische Verdacht an Dokumenten unter dem Motto: „Kann denn aus Rom etwas Gutes kommen?“ Ich finde, dass im aufmerksamen Hinhören auch so manches mir selbst für unseren Weg in der Diözese klarer und deutlicher wurde und daher werde ich mich mühen, dies – und das ist eben diese evangelisierende Dimension von Kirche, die sich gemeinsam gesendet weiß mitten hinein zu allen in unserer Welt, vor allen zu denen am Rand – auch in meinem Verantwortungsbereich entsprechend deutlich einzumahnen. Ob ich fähig bin, ob wir fähig sind zu einer solchen Umkehr hoffe ich.

[1] Derzeit in der COVID19-Krise sind ja sehr viele die richtigen und besten Virologen; bekanntlich ist Österreich ja eine Nation, in der es mehr als 8.000.000 Fußballnationaltrainer gibt usw. – Wenn ich es recht sehe – und damit wird deutlich, dass dies für mich kein Vorwurf ist – ist es auch irgendwie nachvollziehbar, dass Menschen in einer zunehmend komplexer werdenden Wirklichkeit ihr „Heil“ im eigenen Selbst als dem vermeintlich einzig Stabilen suchen. Und diese Wirklichkeit macht auch vor den JüngerInnen Jesu im Heute des 21. Jahrhunderts nicht Halt.