instruiert werden – XXXI

31. Leitung der Pfarre III

Wie jede soziale Größe, soll sie „funktionieren“ auch Abläufe und Zuständigkeiten braucht, so ist dies auch in der Pfarre so, so ist dies auch in der Liturgie: „Bei den liturgischen Feiern soll jeder, sei er Liturge oder Gläubiger, in der Ausübung seiner Aufgabe nur das und all das tun, was ihm aus der Natur der Sache und gemäß den liturgischen Regeln zukommt.“[1] Es geht eben – auch in der „Übertragung der Hirtensorge für die Pfarrgemeinde“ – um eine Klärung der Ordnung im Miteinander und damit in der Sendung der Kirche vor Ort. Die Instruktion listet mehrere Möglichkeiten auf, die hierbei vom Recht her gegeben sind und beschreibt diese (VIIIa – VIIIc, VIIIh), wobei sie – wieder einmal – an Logik vermissen lässt, da eben auch der Dienst der Diakone wie der Laien unter dem Blickwinkel der „Hirtensorge“ beschrieben werden und nicht in einem entsprechenden und eigenen Kapitel. Dies kann freilich als Vorwurf der verengten und auf den Pfarrer/Priester fixierten Sichtweise de Instruktion gewertet werden; ein anderes Ordnungsprinzip in der Schilderung des „Lebens der Pfarre und ihre Dienste“ wäre m.E. weit besser gewesen; dies sage ich auch deshalb, weil eben unter Kapitel VIII eben auch Diakone und Pfarrvikare, Gottgeweihte [Ordensleute] und eben die Laien subsumiert werden (VIIId – VIIIg).

Nun denn: Pfarre ist ohne „Pfarrer“, also damit Priester in der Leitung nicht denkbar. Das hat zur Folge, logisch-konsequent, dass dieser Dienst – im Sinn der Kirche – nur von einem Priester ausgeübt werden kann. Und das bedeutet eben auch „1“ Priester[2] ist für die Grundverantwortung zuständig. Dass hierbei – wie auch in der einen oder anderen Kritik beschrieben wird[3] – von einem „Idealbild“ ausgegangen wird, kann und darf de Instruktion wie auch dem Kirchenrecht nicht übel genommen werden[4]: ich konnte von meiner ersten priesterlichen Arbeitsstelle an bis heute als Bischof so manches nicht in diesem Idealbild leben. Ich musste lernen, damit umzugehen. Um es an einem Beispiel zu erläutern: wenn dem Bischof die jährliche Visitation seiner Pfarren, wenigstens aber innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren vorgeschrieben wird, so mag dies in einer Diözese wie Frascati mit 24 möglich sein: wie gestalte ich diese Forderung bei 386 Pfarren, auf diesem großen Territorium etc. Es gibt die Möglichkeit der Veränderung der Diözesangrenzen – also mehrere Diözesen auf demselben Gebiet; auch Pfarrzusammenlegungen im rechtlichen Sinn wären eine Möglichkeit oder aber ein „kreativer Umgang“ mit dem kirchlichen Vorgaben [etwa mit der Visitation durch Beauftragte, mit einer Adaptierung an die modernen Techniken, sodass manches auch über die IT einer Revision unterzogen werden kann etc.], weil eben die vorgegebene Größe der Diözese auch eine stimmige Einheit ist. Als ich Pfarrer wurde, gab es eben diesen Gedanken bei mir: „Der Bischof schickt mich zu diesen 20.000 Menschen, die rechtlich in 2 bzw. 3 Pfarren leben, wir haben insgesamt 11 Kirchen etc. etc. – Ich habe den Auftrag als Pfarrer, meinen Dienst hier den Vorgaben entsprechend zu ordnen.“ Ob dies Sinn macht oder die Zulassungskriterien für das Weiheamt geändert werden müssten entbindet mich nicht meiner „Hirtensorge“ im Jetzt, sondern fordert mich heraus, gemeinsam dies gut „auf die Füße zu stellen“ und daher auch Verantwortung anderen zu übertragen, die mit mir gemeinsam gesendet sind. So etwa wird in der Pfarrkanzlei viel an Verwalterischem (im herkömmlichen Sinn) erledigt, so etwa gibt es auch noch Kapläne, so etwa gehen viele in Arbeitskreisen und Gremien gestalterisch mit, so etwa gibt es Pastoralassistenten[5]. Ich muss mir, Gott sei Dank (!), nicht einbilden, dass ich „Hansdampf in allen Gassen“ sein muss: wir können unser Handeln gemeinsam gestalten und auch verantworten.

Das Pfarrer-Amt dient der „umfassenden Hirtensorge“ – Leitung wird eben so (!) verstanden[6] – und muss daher einer „natürlichen Person“, die Priester und auch entsprechend vorbereitet und ausgebildet ist, übertragen werden. Von der Logik her ist es daher einleuchtend, dass es nicht von einer Gemeinschaft übernommen werden kann [wie es früher etwa bei inkorporierten Pfarren der Fall war, wo die Ordensgemeinschaft „Pfarrer“ war]. Das aber bedeutet eigentlich nicht, jedenfalls glaube ich, dass dies logisch ist, dass für die Ausführung der Dienste, damit Seelsorge gewährleistet werden kann, damit die Sendung vollbracht werden kann, alles dieser 1 Person „umgehängt“ werden kann – wichtig ist „nur“, den im Kirchenrecht anders verstandenen Begriff von „Leitung“ richtig zu verwenden als er im organisationstheoretischen Rahmen/Kontext verwendet wird.[7] Wir sprechen daher – und das ist eben aufgrund der unterschiedlichen Bilder und frames, die jeder Begriff automatisch mit sich bringt, alles andere als „Wortklauberei“ – um der Klarheit der Unterscheidung willen eben von „Grund-“ bzw. „Handlungsverantwortung“ und damit von „Leitung“ (beim Pfarrer oder einem Priester-Team [can. 517§1]) bzw. „Führung“.

[1] Liturgiekonstitution „Sacrosanctum concilium“ 28.

[2] Wer genau hinsieht, wird auch entdecken, dass bei der „solidarischen Übertragung“ der Hirtensorge an mehrere Priester nicht vom „Pfarrer“ gesprochen wird (Instruktion 6 bzw. can. 517§1), sondern von der „solidarischen Übertragung der Hirtensorge“. In unserer Diözese haben wir daher für diesen Fall „mit dem Titel ‚Pfarrer‘ gem. can. 517§1 vorgesehen.

[3] vgl. etwa die von Rainer Bucher: https://www.feinschwarz.net/der-widerstreit/.
Wie das gehen soll, dass der Pfarrer (vgl. Instruktion 70), dem mehrere Pfarren anvertraut sind, alle kennen soll, um seiner Hirtensorge entsprechen zu können – und dies auch noch vom Bischof klug abgewogen werden soll, ist – etwa angesichts der vorhandenen Zahl an Priestern und deren Alter und damit auch Einsatzfähigkeit – leicht hingeschrieben, doch angesichts unserer Geschichte und unserer Art, Seelsorge und Pastoral zu sehen und professionell zu gestalten – im Unterschied etwa zu ‚jungen Kirchen‘ – nicht unbedingt einfach möglich. Dass daher manche Diözesen ihre Entwicklungsprozesse, um eine rechte „Ordnung im System“ zu halten, auch an der Priesterzahl festmachen und ihr entsprechend Pfarren rechtlich zusammenlegen verwundert mich nicht. Dass damit dann aber auch erst Recht der Vorwurf der „Klerikalisierung“ einhergeht, wundert mich auch nicht. Es ist wohl ein Dilemma, in dem wir – gut steirisch gesagt – auf alle Fälle auf der einen oder anderen Seite die „Arschkarte“ ziehen – ganz abgesehen davon, dass es immer wieder auch Priester gibt, die als Seelsorger sehr gut geeignet sind, aber eben nicht als Hirte für die umfassende Seelsorge.

[4] Ich hege freilich den Verdacht, dass wir mit unserer Mentalität uns da sehr schwer tun, dies „flexibel“ und „situationselastisch“ zu lesen und zu verstehen.

[5] unsere Reform sieht den neuen Begriff „PastoralreferentInnen“ vor.

[6] vgl. auch oben: https://krautwaschl.info/instruiert-werden-xix/.

[7] Ob diese Begriffsverwirrung gut ist, sei dahingestellt. Ich meine auch, dass es sinnvoller wäre, für ein- und dieselbe Sache einheitliche Begrifflichkeiten zu verwenden. Dies ist aber weder in den vatikanischen Dokumenten, noch im Kirchenrecht der Fall, soweit ich es überblicke (Hirtendienst, Leitung, ….). Die Differenzierung in der Begrifflichkeit müsste aber wohl auch in der deutschen Übersetzung römischer Dokumente daher m.E. deutlicher zum Ausdruck kommen oder aber, wie ich andernorts schon gebeten habe, durch ein „Glossar“ vielleicht erklärt werden.