instruiert werden – XXXVII

37. gemeinsam die Sendung der Pfarre leben: mit anderen, die zum Dienst geweiht sind

Ich habe es in meinen Beiträgen schon mehrmals erwähnt: es ist schade, dass die Instruktion in ihrem Aufbau nicht einer anderen Logik folgt und die Dienste erst nach den Aufgaben des Volkes Gottes benennt – auch Lumen gentium und das kirchliche Gesetzbuch sind dem entsprechend strukturiert – sondern von den Fragen der „Leitung“ her die konkreten Normen in Erinnerung ruft und damit Gefahr läuft, klerikal missinterpretiert zu werden. Auch wenn ich prinzipiell dennoch dem Aufbau der Instruktion mit meinen Darlegungen folge, jetzt „muss“ ich eine Ausnahme machen, denn dass über Vikare (also Priester, die keine Pfarre leiten), Diakone, die Gottgeweihten und die Laien mittendrin in den Gedanken der Instruktion zur „Übertragung der Hirtensorge“ in Kapitel VIII (d-g) gehandelt wird, verstärkt tatsächlich diesen eben kurz geschilderten Eindruck. So wird eigentlich ausgesagt, dass eben alles „vom Pfarrer“ abhänge und alle Dienste „ihm“ zugeordnet gelten würden, also er und nicht Christus (!) „der grundlegende Bezugspunkt für die Pfarrgemeinde“ (62) sei. Ich helfe mir damit, dass eben „Pfarre“ nicht ohne „Pfarrer“ gedacht werden kann und man dennoch (!) mit dem Verstehensschlüssel der Bekehrung an alle Themen – auch ohne den inneren Zusammenhang der Instruktion näher zu kennen – herangehen kann.

Zum Pfarrvikar – bislang war dies in der Steiermark eigentlich der „Kaplan“, nunmehr unterscheiden wir zwischen dem „Vikar“ als einem Priester nach der Weihe und der berufsbegleitenden Ausbildung mit den entsprechenden Kursen hin zum Pfarrer-Amt und dem „Kaplan“ als einem jungen Priester, der noch in der berufsbegleitenden Ausbildung steht – wird eigentlich nicht viel gesagt; lediglich 78 spricht von ihm. Drei Aspekte möchte ich dennoch kurz herausgreifen:

  1. Beauftragung für einen besonderen pastoralen Bereich: dies macht deutlich, dass es wohl auch Priester gibt[1], die mehr nach ihren persönlichen Charismen und Begabungen ihr Priestersein leben wollen und nicht nur unter Blickwinkel des „Pfarrers“ ihren Dienst versehen wollen.
  2. Wenn von der Möglichkeit die Rede ist, dass Vikare in einem bestimmten, mehrere Pfarren betreffenden Territorium für besondere seelsorgliche Aufgaben zugeordnet sind, wird von der Notwendigkeit der deutlichen Aufgabenklärung wie auch der Zuordnung gesprochen. Leider wird hier dies nur auf Dekret-Ebene abgehandelt: Gespräch zwischen Pfarrer und den anderen, die mit ihm gesendet sind, sind eigentlich Selbstverständlichkeit, damit der Dienst tatsächlich gemeinsam gelebt werden kann.
  3. Wenn von der Möglichkeit mehrerer Priester gesprochen wird, dann fehlt leider (!) meines Erachtens die an anderer Stelle besonders hervorgehobene Idee, dass durch gemeinsames Leben von Priestern auch ein Zeugnis in der Gemeinde gegeben werden kann. Hier wäre tatsächlich auch noch Platz gewesen, diesen Aspekt erneut zu vertiefen. Was dann eben auch bedeutet: nicht jeder Priester „muss“ Pfarrer werden[2].

Zu den Diakonen wird interessanter Weise ausführlicher Stellung bezogen (79-82), wohl auch deswegen, weil dieses Amt zum einen in manchen Weltgegenden (wie etwa Amazonien, wohl auch Afrika) derzeit nach wie vor nur spärlich gelebt wird[3], zum anderen auch, weil es in dieser Form erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und damit praktisch „neu“ eingeführt wurde: „In der Hierarchie eine Stufe tiefer stehen die Diakone, welche die Handauflegung ’nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung empfangen'“ führt LG 29 aus und zitiert damit die Konstitutionen der ägyptischen Kirche[4]. Dies mag auch ausschlaggebend dafür sein, manche Klärungen herbeizuführen – gerade in Gegenden, in denen das Diakonat noch nicht sehr weit verbreitet ist, haben diese Passagen der Instruktion, wenn ich es recht sehe, sehr positive Reaktionen hervorgerufen.

Mit dem Diakon soll der „Dienst“ in der Kirche deutlich gemacht, „behütet“ werden wie es Papst Franziskus in der von der Instruktion (zu) kurz zitierten Ansprache an Priester und Gottgeweihte in Mailand deutlich macht: „Der Diakon ist – sozusagen – der Hüter des Dienens in der Kirche. Jedes Wort muss gut bemessen sein. Ihr seid die Hüter des Dienens in der Kirche: des Dienstes am Wort, des Dienstes am Altar, des Dienstes an den Armen. Und eure Sendung, die Sendung des Diakons, und sein Beitrag bestehen darin: uns allen in Erinnerung zu rufen, dass der Glaube in seinen verschiedenen Ausdrucksformen – der gemeinsame Gottesdienst, das persönliche Gebet, die verschiedenen Formen der Nächstenliebe – und in seinen verschiedenen Lebensständen – der laikale, der klerikale und der familiäre – eine wesentliche Dimension des Dienens besitzt. Der Dienst an Gott und an den Brüdern. Und in diesem Sinne gibt es einen langen Weg zu beschreiten! Ihr seid die Hüter des Dienstes in der Kirche.“[5] Mitunter – ich bin mir unsicher, ob dies wirklich so gedeutet werden kann – sage ich: wenn der Priester „Christus, das Haupt der Kirche“ sakramental darstellt, dann der Diakon „Christus als den Diener der Kirche“ – ER ist beides und beides bedingt einander, macht den Einen aus.

Aus den weiteren Abschnitten, die die Instruktion dem Diakon widmet, wird ein weiterer Aspekt klar, der wohl als Konsequenz der „Neu-Einführung“ dieses Amtes nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil bezeichnet werden kann: es gilt vor „Straßengräben“ einseitiger Betonung dieses Amtes zu „warnen“: er ist weder „nur“ in der Liturgie anzusiedeln, noch auch nur im caritativen Bereich[6] kirchlichen Lebens; auch können ihm viele konkreten Dienste anvertraut werden – es gibt bekanntlich keine „nur“ dem Diakon vorbehaltene, aber: durch die Beauftragung eines Diakons mit der Ausführung derselben bekommen diese einen ‚besonderen Glanz‘.

[1] Schon seit Jahren haben wir bei so manchen Priestern erlebt, dass sie „in die 2. Reihe“ zurücktreten wollen, um ihrem ureigensten priesterlichen Auftrag aufs Neue leben zu können.

[2] Bei einer Begegnung von Bischöfen mit den Hausleitungen unserer Priesterseminare meinte zu Beginn des Jahres 2020 der Erzbischof von Wien, dass zu seinen Anfangsjahren wohl 2/3 der Priester nicht Pfarrer gewesen seien. – Nebenbei: Dass dann auch der „Leitungsdienst“ der Priester anders interpretiert und verstanden wurde ist klar.

[3] Wenn ich es recht sehe, wurde etwa bei der sog. „Amazonas-Synode“ die Frage aufgeworfen, wieso es denn praktisch keine Diakone gäbe. Ein Grund könnte wohl der sein, dass eben auf eine nicht dem was Kirche wirklich ist, entsprechende Weise Priester bzw. Pfarrer ihren Dienst ausüben?

[4] Diese Definition steht wohl in einer gewissen Spannung zur „Dreigliedrigkeit“ des einen geweihten Amtes in der Kirche, das üblicher Weise betont wird. M.E. kann dieser Abschnitt eben auch bereichernd und damit erweiternd verstanden werden, dass es neben dem Dienstamt der Priester, für die es eine „Durchgangsphase“ braucht, eben diesen wirklich selbständig zu betrachtenden Dienst braucht.

[5] Franziskus: Ansprache bei der Begegnung mit Priestern und Ordensleuten am 25.3.2017 in Mailand [http://w2.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2017/march/documents/papa-francesco_20170325_milano-sacerdoti.html].

[6] 82: interessant, dass auch die „Verwaltung der [materiellen] Güter“ in der Kirche unter diesem Blickwinkel zu sehen ist – auch hier gibt es m.E. viel an Notwendigkeit von Bekehrung.