Kirche im Lockdown (?) – V

Der neue Generalsekretär der Bischofssynode Mario Grech hat Anfang Oktober der italienischen Zeitschrift „La civiltà cattolica“ ein Interview gegeben – Interviewpartner waren Antonio Spadaro und Simone Sereni (https://www.laciviltacattolica.it/articolo/la-chiesa-sulla-frontiera/). Ende Oktober erschien es auf Englisch (https://www.laciviltacattolica.com/bishop-mario-grech-an-interview-with-the-new-secretary-of-the-synod-of-bishops/). Im Interview nimmt der von Papst Franziskus zum Kardinal erhobene frühere Vorsitzende der Bischofskonferenz von Malta und Bischof der dortigen Diözese Gozo zu Fragen rund um die Kirche in der Zeit der Pandemie Stellung. Dies ist bedeutsam, um seine Gedanken zu verstehen, die uns mitten in der „2. Welle“ erneut bewegen. – Hier nun der 5. Teil des Interviews.

Spadaro-Sereni: Wer sind die Diener der „Hauskirche“?

Grech: Für den heiligen Paul VI. wird das gemeinsame Priestertum in hervorragender Weise von den Ehegatten gelebt, die mit der Gnade des Sakraments der Ehe ausgestattet sind.[1] Eltern sind daher aufgrund dieses Sakraments auch die „liturgischen Diener“, die während der häuslichen Liturgie das Brot des Wortes brechen, mit ihm beten und somit die Weitergabe des Glaubens an ihre Kinder ermöglichen. Die Arbeit der Katecheten (Religionslehrer) ist bedeutsam, kann aber den Dienst der Familie nicht ersetzen. Die Familienliturgie ist es, die die Familienmitglieder veranlasst, sich aktiver und bewusster an der Liturgie der Pfarre zu beteiligen. All dies trägt dazu bei, den Übergang von der bloß klerikalen zur familiären Liturgie zu ermöglichen.

Glauben Sie, dass die Besonderheit dieses „Dienstes“ der Familie, der Ehegatten und der Ehebeziehung neben dem rein häuslichen Raum auch eine prophetische und missionarische Bedeutung für die gesamte Kirche und die Welt haben kann und sollte? In welcher Form zum Beispiel?

Obwohl die Kirche seit Jahrzehnten bekräftigt, dass die Familie Quelle pastoralen Handelns ist, befürchte ich, dass dies in vielerlei Hinsicht nur noch Teil der Rhetorik eines familiären pastoralen Dienstes ist. Viele sind immer noch nicht vom evangelisierenden Charisma der Familie überzeugt; Sie glauben nicht, dass die Familie eine „missionarische Kreativität“ hat. Es gibt viel zu entdecken und zu einzubeziehen. Ich persönlich hatte in meiner Diözese eine sehr anregende Erfahrung mit der Teilnahme von Paaren und Familien am Familienpastoraldienst. Einige Paare waren an der Ehevorbereitung beteiligt; andere begleiteten das Brautpaar in den ersten fünf Jahren ihrer Ehe.

Durch die Erfahrung in ihren eigenen Familien bereichert können Ehepartner nicht nur alltägliche Glaubenszeugnisse des Familienlebens austauschen, sondern auch eine neue theologisch-katechetische Sprache für die Verkündigung des Evangeliums an die Familie finden. Nach dem Vorbild der „Kirche, die hinausgeht“ muss die „Hauskirche“ darauf ausgerichtet sein, aus dem Zuhause herauszukommen. Daher muss sie auch in die Lage versetzt werden, ihre soziale und politische Verantwortung zu übernehmen. Wie Papst Franziskus betonte, hat Gott „der Familie nicht die Sorge um ein sich selbst genügendes »Zuhause« anvertraut, sondern das spannende Projekt, die Welt »heimisch« zu machen.“[2].

Die Familie ist „berufen, in der Gesellschaft, in der sie lebt, ihre Spuren zu hinterlassen, um andere Formen der Fruchtbarkeit zu entwickeln, welche die Liebe, von der sie selbst getragen wird, gleichsam ausdehnen.“[3] Eine Zusammenfassung all dessen findet sich im Abschlussdokument der Bischofssynode über die Familie, in der die Synodenväter geschrieben haben: „Die Familie konstituiert sich so als Subjekt pastoralen Handelns, über die ausdrückliche Verkündigung des Evangeliums und das Erbe vielfältiger Formen des Zeugnisses: die Solidarität gegenüber den Armen, die Offenheit für die Verschiedenheit der Personen, die Bewahrung der Schöpfung, die moralische und materielle Solidarität gegenüber den anderen Familien, vor allem den bedürftigsten, der Einsatz für die Förderung des Gemeinwohls, auch durch die Überwindung ungerechter sozialer Strukturen, ausgehend von der Umgebung, in der man lebt, indem Werke leiblicher und geistlicher Barmherzigkeit geübt werden..“[4]

[1] Paul VI, Generalaudienz 11.8.1976.

[2] Franziskus, Generalaudienz, 16.9.2015.

[3] Franziskus, Amoris laetitia, 181.

[4] Abschlussbericht der Bischofssynode, 24.10.2015, 93.