Kirche im Lockdown (?) – X

Wenn ich mir die Aufgabe der Kirche in Erinnerung rufe – nicht nur in Zeiten des Lockdowns – dann fällt mir ein, dass wir Evangelium zu bringen haben, Frohe Botschaft – jenseits „billiger Fröhlichkeit“, mit der sich so manche versuchen über die Tristesse ihres eigenen Daseins hinwegzuturnen versuchen. Da unser Hoffnungsanker weit ausgeworfen ist – bei Gott nämlich – wird genau diese Ankerkette in Zeiten der Krise gefordert. Unser Beitrag als Glaubensgemeinschaft ist daher ein wesentlicher: wir leisten einen Dienst an der Gesellschaft, weil es unser innerster Auftrag ist, das Heute vom Blickwinkel Gottes aus zu sehen und dem entsprechend auch mit Leiden, Krankheit, Sterben, Tod und allem, was sich querlegt zu dem was üblicher Weise „gelingendes Leben“ genannt werden kann, umzugehen.

Alle Taten Jesu, von denen die vier Evangelien in unterschiedlicher theologischer Dichte erzählen, sind von dieser Sicht „angetrieben“: „ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10b). Wie wahr doch auch der erste Halbsatz dieses Verses ist: „Diebe“, die das Leben verunmöglichen oder es mit Blendwerk anfüllen gibt es immer wieder – auch und gerade heute. So gesehen könnte gesagt werden: in fundamentaler Verunsicherung kann die Botschaft eines uns nahen Gottes, der von Ewigkeit her ist, wirklich Halt geben. Daher kann ich auch derzeit nicht anders, als dass ich bei der Feier jeder Messe deutende Worte in einer kurzen Homilie an jene richte, die vor Ort oder auch via sozialen Medien mitfeiern. Diese spirituelle Kraft jenseits dessen, was sich uns darbietet und an Möglichkeiten gegeben ist, kann und darf nicht gering geschätzt werden. Dieses innere Wesen von Kirche freilich muss teilweise auch neu gehoben werden, da wir in der Welt mitunter lediglich als Brauchtumserhalter akzeptiert und daher auch von so manchen allen möglichen anderen Lebensäußerungen der Gesellschaft gleich gestellt werden.

Und tatsächlich ist es auch so: wie viele Gläubige doch einfach, wenn auch nicht jauchzend, die ihnen auferlegten Regelungen bei der Feier der Gottesdienste gelebt haben. Die Selbstverpflichtung der Kirchen und Religionsgesellschaften war weitgehend mit schärferen Auflagen verbunden als die, die der Staat verlangt hat. Und „selbstverständlich“ war auch, dass die großen Feiern, zu denen sich Hunderttausende in Österreich etwa Sonntag für Sonntag versammeln, zugunsten und aus Rücksicht auf die Gefährdung von Einzelnen bis auf ein Mindestmaß reduziert wurden. Das ist schwerwiegend, weil damit Grundlegendes unseres Selbstverständnisses zumindest zeitweise auf ein Minimum reduziert wird: um der Menschen willen kann unser Feiern nicht gänzlich aufhören. Aber das stellvertretende Beten und Singen wird gerade in diesen Wochen neu vertieft: Wir sind eben nicht für uns selbst Christen, sondern als Getaufte hinein gesendet in diese Welt mit jener Botschaft, die Halt, Trost und Orientierung zu geben vermag – trotz all der Dunkelheit, in der sich so manche derzeit befinden, trotz der nach wie vor weltweit grassierenden Pandemie.