Kirche im Lockdown (?) – XV

Ein Lockdown oder auch andere krisenhafte Phänomene im persönlichen wie auch im gesellschaftlichen Bereich lassen bei so manchen verstärkt nach spirituellen und religiösen Quellen für Hoffnung und Zuversicht suchen. Kirchen und Religionsgemeinschaften haben mit ihren Vergemeinschaftungsformen eine erprobte und solide Basis, darauf adäquate Antworten zu geben. Damit wird Verschwörungstheorien und irrationaler Emotionalisierung vorgebeugt. Dieser Gedanke, der mir wie so manches in den letzten Tagen von Prof. Reinhold Esterbauer benannt wurde, hat nach dem schrecklichen Attentat von Wien am 3.11. einen weit beachteten Erweis erhalten: im fast leeren Stephansdom standen VertreterInnen verschiedener Religionsgesellschaften gemeinsam mit der Regierung von Staat und Land zusammen, um deutlich zu machen, dass die religiöse Dimension des Menschen die innere Kraft hat, zusammenzuführen, wird sie nicht – wie tags zuvor – pervertiert benutzt.

Vor einigen Jahren gab es in Graz eine ähnlich Erfahrung: noch am Abend der Amokfahrt durch die Innenstadt fanden sich viele in der Stadtpfarrkirche ein, um Ihr Fragen und Ihr „Warum?“ „abzulegen“ bei einem Gott, so können wir als Christen sagen, der selbst das große „Warum?“ in die Dunkelheit der Welt hinausgeschrien hat (vgl. Mk 15,34). Am Ende der gemeinsamen Trauer gab es Tage danach einen großen Schweigemarsch die Route der Amokfahrt entlangt – und bei der Schlusskundgebung am Hauptplatz fanden sich auch die Religionsgesellschaften ein, um ihrer Sprachlosigkeit und Hoffnung Ausdruck zu verleihen.

Auch in diesen Wochen des Lockdowns – zumal in diesen Tagen des Advent – wird deutlich wie bedeutsam für jene, die hierfür einen Zugang haben, Rituale aus dem Glauben sind, damit der Mensch erneut fähig wird, dem entgegenzutreten, das sich seinen Planungen und Überlegungen querlegt, mit dem im Jetzt umzugehen, was die angedachten Wege durchkreuzt.