Und wieder habe ich sie einmal erfahren: die weltweite Dimension von Kirche. In den vergangenen Tagen durfte ich gemeinsam mit beinahe 70 Bischöfen aus der ganzen Welt eintauchen in die „Spiritualität der Gemeinschaft“. Als Bischöfe sin wir ja die ersten, die das Miteinander in der Gemeinschaft der Christen zu fördern haben. Bei Johannes heißt es bekanntlich in seinem Evangelium aus dem Mund Jesu beim Gang zum Ölberg: „Ich bitte nicht nur für diese hier [i.e. die Apostel, die mit ihm zum Ölberg hinabsteigen], sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“
Da kann es dann schon sein, dass Englisch mit Italienisch verwechselt wird, zwischendurch dann auch mal äthiopische oder koreanische Vokabel, natürlich italienisch und ob des Ortes des Zusammentreffens portugiesische Wörter durch den Rau schallen. Jedenfalls: unter uns hier in Braga, eine der ältesten Diözesen, fehlten nur Bischöfe aus Ozeanien. Dafür aber waren ein syrisch-orthodoxer und 2 lutherische Bischöfe einige Tage mit uns: Einheit trotz allem, was in der Welt trennt – und es ist wirklich ein Schmerz, wenn dann die eigenen Brüder nicht zum gemeinsamen Mahl der Eucharistie gehen, denn ER schenkt Einheit jenseits.
Zugleich aber ist uns Kardinälen und (Weih-, Erz- oder Diözesan-)Bischöfen deutlich geworden – im Hören auf Vorträge und im persönlichen Austausch, im Nachdenken und im stillen wie im gemeinsamen Gebet, eben im Leben (!): wenn wir wirklich mit IHM leben, der bekanntlich am Kreuz sich „ganz leer“ gemacht hat, ganz und gar Mensch war (schrie Er doch: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“), dann ist es unsere Berufung IHM ähnlich zu leben. Papst Franziskus würde wohl sagen, dann kann und darf uns keine existentielle Peripherie zu weit sein. Nur dann (!), wenn wir wirklich uns füreinander öffnen – und das ist in so manchen aufgeheizten Situationen in der Gesellschaft wie auch in der Kirche derzeit alles andere als logisch bzw. üblich, hat doch jede/r gleich mal, noch ehe dem anderen wirklich zugehört wurde, das parat, was er/sie ihm/ihr an den Kopf werfen bzw. antworten will. Ja: sich öffnen, alles eigentlich, wirklich alles, was einen selbst ausmacht, hintanstellen und lieben … Welche Welt sich uns da eröffnet!