Kraft in trockenen Zeiten IV

In den letzten Jahren durfte ich des öfteren P. Fabio Ciardi begegnen. Kurz vor dem ersten Sonntag, an dem heuer in Italien keine öffentlichen Gottesdienste mehr gefeiert werden durften, rief er in Erinnerung:
„Am nächsten Sonntag werden zum ersten Mal die Kirchen in ganz Italien für die Gläubigen geschlossen sein, sodass sie nicht an der Messe teilnehmen und die Eucharistie empfangen können.
Werden sie deshalb Jesus beraubt sein?
Des Jesus in der Eucharistie, des sakramentalen Jesus ja, aber nicht des Jesus. Es wird eine Gelegenheit sein, Ihn in seinen vielen Gegenwartsweisen zu entdecken.

Die Eucharistie ist zweifellos der Platz der Gegenwart Jesu par excellence.
Ihre Definition als „reale Gegenwart“ hat trotzdem ein wenig die anderen Gegenwartsweisen in den Hintergrund treten lassen, als ob jene eucharistische Gegenwart die einzig „reale“ Gegenwart wäre, während die anderen weniger „real“ wären oder geradezu einfach nur symbolische.
Das II. Vatikanische Konzil hat von neuem über die Eucharistie hinaus die vielen Gegenwartsweisen Christi in den Mittelpunkt gestellt: seine Gegenwart in den anderen Sakramenten, aber auch in seinem Wort, unter denen die im Namen Christi vereint sind, in seinen Dienern, in den Kleinsten der Brüder und Schwestern, mit denen er sich identifiziert hat (vgl. Sacrosanctum Concilum, 7).
Die eucharistische Gegenwart, hat Paul VI. geschrieben, heißt „real“ nicht per Ausschluss, also ob die anderen nicht „real“ wären, sondern per Antonomasie (andere Benennung). Eher dass eine isolierter, von den anderen respektierter Ort Gottes jenen Zweck hat, die anderen Gegenwartsweisen Christi in der Gemeinschaft und in jedem seiner Glieder zu vertiefen Es nützt, dazu die Gedanken von Papst Paul VI. wieder zu lesen: „Wir wissen alle wohl, dass es nicht nur eine einzige Weise gibt, in der Christus seiner Kirche gegenwärtig ist. (…) Gegenwärtig ist Christus seiner Kirche, wenn sie betet, da er selbst es ist, der ,,für uns betet und in uns betet, zu dem wir beten; er betet für uns als unser Priester, er betet in uns als unser Haupt, und wir beten zu ihm als unserem Gott“. Er selbst hat ja versprochen: ,,Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“. Gegenwärtig ist er in seiner Kirche, wenn sie Werke der Barmherzigkeit ausübt, nicht nur weil wir, wenn wir einem seiner geringsten Brüder Gutes tun, dieses Christus selbst tut, sondern auch weil Christus es ist, der durch die Kirche diese Werke tut, indem er beständig dem Menschen mit seiner göttlichen Liebe zu Hilfe kommt. Gegenwärtig ist er seiner Kirche, die auf der Pilgerfahrt ist und zum Hafen des ewigen Lebens zu gelangen strebt, da er selbst durch den Glauben in unseren Herzen wohnt und in ihr die Liebe ausgießt durch den Heiligen Geist, den er uns gibt.
Diese verschiedenen Weisen der Gegenwart erfüllen den Geist mit Staunen und führen zur Betrachtung des Geheimnisses der Kirche.“ (Mysterium fidei, 36-40).

Auch der Schmerz, an der Eucharistie nicht teilnehmen zu können – wie in jedem anderen Schmerz muss man bei jenem, der alle in diesen Tagen plagt, beginnen – , ist eine „Gemeinschaft“ mit Jesus. In meinem Buch „Wo bist du? Die Orte Gottes“ (2016) habe ich geschrieben:
„Befinde ich mich in einer Situation, die mich vom Zugang zu Eucharistie ausschließt? Es ist eine Situation, die mich schmerzt: gerade dieser Schmerz kann mir jetzt einen direkten Zugang zu Gott geben. Wenn ich in mein „Zimmer“ zurückkehre, fühle ich nicht mehr die Stimme des Geliebten, fühle ich mich leer, in der Trockenheit, in der Unfähigkeit zu zu beten? Es ist eine Abwesenheit, die einen schrecklichen Schmerz hervorruft: gerade dieser Schmerz eröffnet den Zugang zu Gott. Die Beziehung mit der Person neben mir, die mir ein Sakrament Gottes war, beachte ich nicht, sodass sie mir ein Hindernis wird, Gott zu erreichen? Es ist die Gemeinschaft mit dem verratenen Christus: gerade dieser öffnet den direkten Zugang zu Gott.
Es sind dies die Schmerzen, die Christus am Kreuz erfahren hat. Er hat sie zu den Seinen gemacht hat und erlebt sie wieder in unserem Leiden. Er erreicht uns dort, wo wir sind. In jedem unserer Schmerzen ist Er es, der in uns leidet, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf sich nimmt. Mein Schmerz ist nicht mehr, er wurde zum Sakrament Christi: Er selbst bleibt“.

Gerade jetzt: IHM begegnen!