Nehmt einander an

„Nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes.“
Dieser Satz aus dem Neuen Testament, aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer (Kapitel 15,7; kurz also: Röm 15,7) begleitet mich und viele rund um den Globus im Monat September 2014. Es lädt mich ein, den Kompass „Bibel“ für mein alltägliches Leben einzusetzen. Für mich im Augustinum, dem Bischöflichen Zentrum für Bildung und Berufung der Diözese Graz-Seckau ist dies täglich Herausforderung. Ich begegne hier tagaus, -ein hunderten – zumeist jungen – Menschen. Und da gilt es für mich: jeden anzunehmen wie ihn Christus angenommen hat. Spannend, wirklich spannend.
Gestern Abend: ich komme aus dem Speisesaal, einer der Burschen aus dem Internat kickt eine am Boden liegende anscheinend leere Plastikflasche an die Wand. Ich hab mich runtergebeugt, sie aufgehoben und in den daneben stehenden Papierkorb geworfen …

Oder: wir sitzen – so wie gestern Abend – in einer kleinen Runde (Seminaristen, ein Priester unserer WG, ein Ehemaliger, ein Erzieher und einer seiner Freunde) zusammen und lesen den Kommentar zu diesem „Wort des Lebens“, den die Gründerin der Fokolarbewegung Chiara Lubich, vor einigen Jahren erstmals veröffentlicht hat. Und plötzlich wird uns klar, obwohl jeder von uns in praktisch anderen Lebenssituationen  unterwegs ist: so miteinander umzugehen lohnt sich! Von beinahe allen „sprudeln“ eigentlich nur so Erfahrungen heraus aus den letzten Wochen, in denen es galt, genau dieses Wort zu leben. Wiewohl es – scheinbar jedenfalls – in unseren Breiten eine Selbstverständlichkeit ist, jeden anzunehmen, machen wir uns gegenseitig darauf aufmerksam, wie notwendig es ist, sich das selbst immer und immer wieder in Erinnerung zu rufen. Nicht nur dann, wenn es um „brenzlige“ Themen geht, also etwa den Umgang mit Ausländern, den mit Farbigen, den mit Andersgläubigen etc. – Es beginnt schon damit, etwa mir selbst klar zu werden, dass ich oft und oft Freunde nur dort habe und suche, wo ich mich selbst gut wohlfühle, oder dass ich die oft verzwickten und verwundenen Lebenswege von (jungen) Menschen nicht anhören will, weil es ja auch „einfacher gehen würde“ usw. usf.

Ich jedenfalls bin gespannt, ob ich die Schritte mit der Heiligen Schrift, die ich diesen Monat zu gehen versuche, „fruchten“, ob mir also dieses Wort wirklich eines zum Leben wird …