Streiten im Angesicht Jesu

Schon vor einigen Jahrzehnten hat uns Seminaristen der damalige Bischof von Graz-Seckau Johann Weber bei einer Beauftragung im Priesterseminar gebeten, doch „mehr und öfter im Angesicht Jesu“ zu streiten. Unwillkürlich wurde ich an diese Aussage erinnert, als ich heute gelesen habe, dass Papst Franziskus die Streitkultur auf der zu Ende gegangenen Bischofssynode gewürdigt habe. Hier ist ihr Wortlaut auf deutscher Sprache zu lesen.

Diese „Feststellung“ des Papstes passt vielen wohl nicht in ihr Weltbild, in dem es nur „für“ und „wider“ gibt. „Hier“ die Progressiven – „da“ die Konservativen, „hier“ die Papsttreuen – „da“ jene, die einen Weg gehen, der nicht mehr dem Evangelium entsprechen würde. Dem ensprechend wurde in den jeweiligen Medien auch zwischen „links“ und „rechts“ in der Kirche ausgeteilt, wurden Etiketten vergeben, wurden Sieger und Verlierer gekürt.

Gott aber ist nicht so „zweidimensional“, er ist dreifaltig. Demnach  gibt nicht nur das „entweder“ – „oder“ in der Kirche. Es gibt die dem Evangelium verpflichtete Lehre von der Ehe und es gibt die unverbrüchliche Treue Gottes zu den Menschen, auch wenn sie gescheitert sind. Beide Sichtweisen „dürfen“, nein „müssen“ zählen, denn Gottes Sohn hat sich – ganz Gott (!) – auf die Menschheit eingelassen – ganz Mensch (!). Gerade deswegen ist es eigentlich auch zutiefst christlich, und erst Recht katholisch, wenn alle Seiten und Meinungen auf den Tisch gelegt werden. Eine Berichterstattung in bloßen Alternativen oder eine, die von „Siegern und/oder Verlierern“ spricht greift letztlich zu kurz, genauso wie eine, die davon spricht, „dass die katholische Kirche die Öffnung verpasst habe“ oder jene, die von einer „Revolucion Francisco“ schreibt. „Weltliche“ Medien und solche, die sich „kirchlich“ nennen, sind davon betroffen. Und tun dies mitunter in einem Stil, der alles andere ist als dem entsprechend worüber berichtet wird: immerhin haben da in den vergangene 14 Tagen nach einer weltweiten Befragung die Verantwortungsträger in der Kirche beraten und werden sich nach intensiven Diskussionen und hoffentlich auch „Streitereien im Angesicht Jesu“ im kommenden Herbst wieder zusammenfinden, um das „Evangelium im Heute“ jenen Menschen zu verkünden, die den „Schatz des Glaubens in zerbrechlichen Gefäßen“ (vgl. 2Kor 4,7) tragen. Diese Achtung gegenüber der Lehre und (!) den Menschen sollten allen, die synodale Wege vermitteln, Maß sein.