Mit meinen – persönlichen – Gedanken, die ich hier, heute und in den kommenden Tagen, veröffentliche, will ich einen Beitrag dazu leisten, die Bedeutung der Synode über „Synodalität“ aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Ich tue dies anhand von Beispielen, denen ich in den letzten Wochen und Monaten begegnet bin.
Ein erster Gedanke: zuhören.
Die Emails häufen sich, in denen ich bzw. andere österreichische Bischöfe aufgefordert werden, „die Stimme laut zu erheben“, in denen wir dringend etwas zu sagen aufgerufen werden usw. Und dies zu unterschiedlichen Themenbereichen – auf alle Fällt sollten wir „laut“ sein:
* Pandemie: impfen, Impfpflicht, Lockdown, … – Die Forderungen der Personen richten sich sowohl für als auch wider die eben gehörten Meinungen, Veröffentlichungen usw. Auch sollen wir gegen überschrittene „rote Linien“ seitens der Verantwortungsträger Stellung beziehen usw. Das eine oder andere Mal werden auch Ultimaten gestellt und mit dem Kirchenaustritt gedroht.
* Migration: Ob es nun die Situation an der weißrussisch-polnischen Grenze ist oder jene im Ärmelkanal, ob es die Flüchtlinge an den europäischen Außengrenzen oder auch die Situation im „Meer des Todes“, also dem Mittelmeer ist … Wiewohl unsere Meinung mehrmals deutlich artikuliert wurde, reicht es den einen bei weitem nicht, für andere wiederum ist das, was wir sagen, nicht unbedingt zusammenhängend mit Wesentlichem unseres Glaubens.
* Suizidbeihilfe: Es geht um Leben und Tod. Die Stellungnahme der Österreichischen Bischofskonferenz zum Gesetzesentwurf der Regierung ist klar formuliert. Wir haben mehrmals dazu schon vor der Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und erst recht danach Stellung bezogen (vgl. etwa unser Wort zum ‚Tag des Lebens 2021‘) – die Rezeption hielt sich in Grenzen. Wieso wohl?
* Klima: wie auch bei anderen Themen hat der Papst sich, haben wir Bischöfe uns immer und immer wieder in den gesellschaftlichen Diskurs hinein begeben. So manche werfen uns vor, zu einer NGO zu werden, andere wiederum sehen ob unseres zu geringen Engagements die Glaubwürdigkeit mehr und mehr schwinden.
Die Liste von Themenbereichen könnte sowohl mit innerkirchlichen Fragestellungen wie auch mit gesellschaftspolitischen fortgesetzt werden.
Die Frage, die ich mir im Zusammenhang dieser Gedanken stelle, ist: Können wir einander zuhören? Lassen wir uns wirklich aufeinander ein? Sind wir bereit, Standpunkte der anderen aufzunehmen – was ja nicht automatisch heißt sie zu übernehmen – um sie besser zu verstehen? Und: wie schauen solche Herausforderungen dann aus, wenn ich Mehrheits- bzw. Minderheitsmeinungen hören will?
Ich sage ehrlich: auch ich tue mir mitunter schwer, wirklich hinzuhören. Das ist eine Kunst. Da und dort habe ich auch den Eindruck, der dann sogar bestätigt wird, dass es dem Gegenüber eigentlich nur darum geht, seine Meinung bestärkt zu erhalten. Nichts anderes zählt, scheinbar.
Diese Entwicklung in der Gesellschaft ist meines Erachtens nichts Neues – schon vor Jahren habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass wir aufeinander zu- statt aufeinander losgehen sollten. Durch die sogenannten „sozialen Medien“, durch Meinungsbilder unterfüttert, durch Algorithmen im Hintergrund befeuert verkommt aber der Diskurs immer mehr.
Wenn zum hinhören eingeladen wird – etwa in meinem Hirtenwort zum Advent 2021 – dann ist das teilweise „Schönfärberei“ dann sind das keine „klaren Worte“ etc.
Ist die Welt wirklich nur „schwarz-weiß“ gibt es nicht auch Fahrten in ihr, gibt es nicht auch helle und dunkle Töne?
Noch einmal: bin ich bereit – auch wenn es ungewohnt ist und mir schwer fällt – zu hören? Was willst du mir wirklich sagen?
Und bist auch du bereit, mich zu hören? – Der Papst liegt meines Erachtens richtig, wenn er einlädt, in der ersten Phase der Vorbereitung auf die Synode 2023 aufmerksam und damit in der Tiefe aufeinander zu hören. Wir in der Kirche, wir in der Gesellschaft haben es bitter nötig.