Wage zu träumen X

in und aus der Wüste lernen

Die Bilder, die uns vor dem geistigen Auge kommen, wenn wir den Begriff „Wüste“ hören sind wohl oft mit Ödnis und Leere, Hitze und der Unmöglichkeit zu (über)leben verbunden. Kein Wunder, dass die Zeit der Pandemie vielfach als eine solche Wüsten-Erfahrung bezeichnet wird. „Es war eine karge Zeit, geprägt von Beschränkungen, Verzicht und Hintanstellen eigener Bedürfnisse. Zudem waren und sind die Herausforderungen im Familien- und Berufsleben für viele Menschen groß. Ebenso groß ist auch der Durst nach Kontakt, Freundschaft, Hoffnung, Nähe, Spiritualität. Der Verzicht auf die öffentliche Feier der Gottesdienste war für uns alle eine Zumutung. Umso mehr möchte ich Euch danken, dass Ihr diesen Schritt der Solidarität so verantwortungsbewusst mitgetragen habt.“ schreibt auch mein Bruder im bischöflichen Dienst Benno Elbs in seinem Hirtenwort zum Advent 2020.[1]

Zugleich aber ist die Wüste in der biblischen Überlieferung Ort der Entscheidung und aufblühenden neuen Lebens. Für Johannes den Täufer gilt dies, der in der Wüste lebte und auf den, der nach ihm kommen wird, hingewiesen hat; dies gilt für Hosea, der von Gott als Vertreter des Volkes Israel in die Wüste geschickt und dort von IHM umworben wird (vgl. Hos 2,16). Auch vor dem öffentlichen Auftritt Jesu verbrachte er eine Zeit lang in der Wüste und wurde dort „zugerüstet“ durch die sogenannten Versuchungen, die uns überliefert sind. Sinnenfällig wurde mir dies deutlich bei einer Fahrt durch die judäische Wüste im Februar 2019:

Könnte es nicht sinnvoll sein, die „Wüste der Pandemie“ mit all den Fragestellungen, die zu benennen sind, als „entscheidende Episode“ der Weltgeschichte zu sehen? Und würde uns diese Art, das Jetzt zu sehen, nicht weiter bringen als so manches Jammern, so manche Aussichtslosigkeit, so manches Aufbegehren, so manches an Unverständnis etc.? Und damit wird dann auch diese Zeit „Heilszeit“ im Sinn dessen, was uns der Völkerapostel im zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth mitgibt: „Siehe, jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; siehe, jetzt ist er da, der Tag der Rettung.“ (2Kor 6,2). Es ist eigentlich nur eine Frage des Blickwinkels …


[1] https://www.kath-kirche-vorarlberg.at/organisation/bischof-von-feldkirch/artikel/rufer-in-der-wueste