Wage zu träumen XXXIX

Weniger?

Vor einigen Wochen bin ich einem steirischen Landespolitiker begegnet. Seit dieser Begegnung frage ich mich wie er immer wieder: „Was geht mir wirklich an Lebensnotwendigem ab?“ Auch jetzt – im Lockdown?! Freilich: manches Angenehme kann derzeit nicht stattfinden, schmerzlichst vermisse ich auch das gemeinsame Feiern des Glaubens in größerer Gemeinschaft. Aber: meine – persönliche – Beziehung zu Gott ist nach wie vor tragend und das, was ich zum Leben brauche ist vorhanden. Und dennoch gibt es Unzufriedenheit …

Vor einigen Jahrzehnten bin ich mit einem Jugendlichen in Hartberg unterwegs gewesen. Auf einem Spaziergang tauschten wir uns aus. Irgendwann kam dann einmal das berühmte Wort „Unsere Kinder sollen es einmal besser haben …“. Wir blieben stehen. Ich fragte nach: „Was meinst du damit wirklich? Haben wir nicht eh schon alles?“

Die Kehrseite dieser Erfahrungen ist: Wie werden wir es mit „weniger“ schaffen? Da wird uns manches genommen für eine geraume Zeit und schnell wird von „Diktatur“ gesprochen … „Wie bitte?“ Da wird davon gesprochen „Ich will mein normales Leben wiederhaben!“ und gemeint ist wohl nur, dass alle Annehmlichkeiten – ohne die anderen mitzusehen und zu bedenken – wie wir sie halt gewohnt waren, wiederkommen, koste es was wolle und auch auf Kosten von anderen …

Wie wohl und gut doch der große Visionär Papst Franziskus tut, der einfach und in einfachen Worten nicht müde wird von der weltweiten Geschwisterlichkeit zu sprechen, also davon, dass wir ernst machen damit, als Menschen rund um den Erdball verwoben zu einer Menschheit zu sein. „Globalisierung“ der anderen Art gleichsam: ernst machen damit, dass mir das was sich woanders ereignet und nicht unbedingt vor meiner Haustür auch was mit mir zu tun hat … Eigentlich ein schöner Traum, oder?[1]

[1] Vgl. hierzu die letzte Enzyklika von Papst Franzisus „Fratelli tutti“ (http://www.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/papa-francesco_20201003_enciclica-fratelli-tutti.html) und sein „Interviewbuch“ Wage zu träumen, das diesen Einträgen zugrundeliegt.