instruiert werden – XLIII

43. gemeinsam Verantwortung tragen

Mit dem vorletzten Kapitel werden allgemein geregelte Verantwortlichkeiten in einer Pfarre in Erinnerung gerufen. Sofort ist zu ergänzen, dass hier teilkirchlich unterschiedlichste Ausprägungen gelebt werden. So etwa ist die staatskirchenrechtliche Verankerung der deutschen „Kirchengemeinde“ mit ihren daraus erwachsenden Strukturen, etwa dem Pfarrgemeinderat, nicht (!) mit dem zu vergleichen, was zwar prinzipiell in Österreich mit dem Institut der „Pfarrkirche“ gemeint ist; daher hat auch der „Pfarrgemeinderat“ bei uns ganz andere Aufgaben. Ähnlich verhält es sich mit dem, was gesamtkirchlich „Vermögensverwaltungsrat“ genannt wird; in der Steiermark etwa ist dies der pfarrliche „Wirtschaftsrat“. Die Reaktionen auf so manche Aussagen in der Instruktion sind schon allein auf diesem Hintergrund „anders“ zu verstehen und müssten wohl daher redlicher Weise zunächst immer benennen, was wirklich (!) in der „Realverfassung“ zu kritisieren ist. Um ein Beispiel zu nennen: staatskirchenrechtlich wird die Kirchengemeinde in der BRD, wenn ich es recht verstanden habe, eben von Laien geleitet. Da das allgemeine Norm im Kirchenrecht keine geltenden staatlichen Vereinbarungen abändert[1], so es diesem nicht widerspricht, wurden etwa was die Güterverwaltung anlangt schon in den 80iger Jahren in Rom entsprechende Ordnungen gutgeheißen, die dieses Recht „vor Ort“ ernstnehmen. Daher betreffen manche Regelungen der Instruktion deutsche Sachverhalte gar nicht, weil es eben andere Regelungen gibt[2]. – Nachfrage: wieso man sich dann mitunter so aufregt, frage ich mich schon.

Daher kann und muss (!) „anders“ an die Lektüre und damit auch die Bewertung der nun folgenden Ausführungen über den pfarrlichen „Vermögensverwaltungsrat“ (101-107), den pfarrlichen „Pastoralrat“ (108-114) sowie andere Organe (115-117) herangegangen werden als es vielfach mit der bloßen Begrifflichkeit erfolgt, da eben die Inhalte unter Umständen sogar staats(kirchen)rechtlich anderes bedeuten.

Allgemein kann und muss gesagt werden: wenn es um „Organe kirchlicher Mitverantwortung“ (corresponsability, corresponsabilità) geht, wie das Kapitel X der Instruktion überschrieben wird, wird deutlich, dass es nur „miteinander“ geht, soll Kirche als Institution gedacht und gelebt werden. Verantwortung zu tragen ist eben nie eine „one-man-show“, sondern geht nur miteinander. Freilich bleibt die Frage der Ausgestaltung dieser Mitverantwortung. Daher ist es nur logisch, dass es etwa in 101 der Instruktion bzgl. des Vermögensverwaltungsrats heißt: der „Pfarrer kann und darf daher in dieser Aufgabe nicht allein bleiben“, und Papst Franziskus die etwas weichere Formulierung des Codex[3] verschärft: „Ein Bischof kann eine Diözese ohne die pastoralen Räte nicht leiten. Ein Pfarrer kann die Pfarrei ohne die pastoralen Räte nicht leiten!“ Wenn ich dem Grundduktus folge, der in dieser Instruktion die geltenden Regeln in Erinnerung ruft[4] und mir den „hermeneutischen Schlüssel“ – wohl auch der Grund, wieso die Instruktion verfasst wurde – in Erinnerung rufe, dann gilt es, die gemeinsam getragene Verantwortung so zu leben, dass die Sendung der Kirche und nicht deren Selbsterhalt – um es plakativ auszudrücken – im Vordergrund steht: zu allen, vor allem zu denen am Rand und immer miteinander.

[1] can. 3 CIC 1983: „die Canones des Codex heben die vom Apostolischen Stuhl mit Nationen oder anderen politischen Gemeinschaften eingegangenen Vereinbarungen weder ganz noch teilweise auf; diese gelten daher wie bis jetzt fort ohne die geringste Einschränkung durch entgegenstehende Vorschriften dieses Codex.“
can. 4: „Wohlerworbene Rechte und ebenso Privilegien, die vom Apostolischen Stuhl bislang physischen oder juristischen Personen gewährt wurden, in Gebrauch sind und nicht widerrufen wurden, bleiben unangetastet, es sei denn, daß sie durch die Canones dieses Codex ausdrücklich widerrufen werden.“

[2] Auch hier ist der schon mehrmals erwähnte Beitrag von Hallermann in der HerKorr Nr. 9(2020), 50-51 aufschlussreich.

[3] can. 511 zum diözesanen Pastoralrat: „In jeder Diözese ist, sofern die seelsorglichen Verhältnisse es anraten, ein Pastoralrat zu bilden“; can. 536 zum pfarrlichen Pastoralrat: „Wenn es dem Diözesanbischof nach Anhörung des Priesterrates zweckmäßig scheint, ist in jeder Pfarrei ein Pastoralrat zu bilden“. Letzteres ist in der Diözese Graz-Seckau seit 1970 der Fall, wenn ich mich recht erinnere.

[4] Das schon vorher einmal Gesagte (vgl. https://krautwaschl.info/instruiert-werden-i/) wird im kirchlichen Rechtsbuch wie folgt im can. 34 ausgedrückt: „§1. Instruktionen, welche die Vorschriften von Gesetzen erklären und Vorgehensweisen entfalten und bestimmen, die bei deren Ausführung zu beachten sind, werden zum Gebrauch derer gegeben, die dafür sorgen müssen, daß die Gesetze zur Ausführung gelangen, und binden sie bei der Ausführung der Gesetze; diese Instruktionen geben innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit diejenigen rechtmäßig heraus, die ausführende Gewalt besitzen.

  • 2. Anordnungen von Instruktionen heben Gesetze nicht auf, und wenn irgendwelche mit Vorschriften von Gesetzen nicht in Einklang gebracht werden können, entbehren sie jeder Rechtskraft.
  • 3. Die Rechtskraft von Instruktionen endet nicht nur durch ausdrücklichen oder einschlußweise enthaltenen Widerruf seitens der zuständigen Autorität, die diese herausgegeben hat, oder seitens der übergeordneten Autorität, sondern auch durch Wegfall des Gesetzes, zu dessen Erklärung oder Ausführung sie gegeben worden sind.“