Wage zu träumen V

Träume einer „geschwisterlichen Zukunft“

In den letzten Monaten war immer wieder davon die Rede, die „Kirche“ sei „zu leise“, ihre „Stimme sei verstummt“ u.ä.m. – Ganz abgesehen davon, dass schon einmal die Rückfrage erlaubt sein müsste, was bzw. wer mit „Kirche“ gemeint ist, wenn ihr Schweigsamkeit vorgeworfen wird, so bleibt auch die andere Rückfrage erlaubt: „Wurde bislang gehört?“ –

Ich möchte als Beispiel dafür „schildern“, wie es wohl manchen Äußerungen erging und ergeht – ganz abgesehen davon, dass ich etwa während der beiden Lockdowns täglich in Worten der Predigt bei den Messfeiern[1], die in den diversen sozialen Medien übertragenen wurden[2], versucht habe, das, was uns widerfährt als „im Glauben lebbar“[3] deutlich werden zu lassen[4]. Wir haben uns in der Bischofskonferenz lange überlegt, wie und wann wir nicht bloß etwas „zum Durchtauchen“ dieser schwierigen und überaus herausfordernden, für so manche wohl auch überfordernden, Situation sagen sollen und kamen zum Entschluss, dass Pfingsten ein geeignetes Datum wäre. Wir meinten, dass angesichts all der unmittelbar im Vordergrund stehenden Notwendigkeiten ein „zu frühes“ Wort zum „Leben nach der Krise“ nicht wahrgenommen werde, mussten aber feststellen, dass unser gemeinsames „Hirtenwort“ – zwar ein wenig „lang“ – „für eine geistvoll erneuerte Normalität“[5] wohl auch nur wenig rezipiert wurde. Mitunter, so mein Verdacht, auch von solchen, die jetzt meinen, dass wir zu leise seien. So stelle ich mir die Frage: „Wie sollen wir lauter reden, als wenn wir gemeinsam ein Wort hinein in diese schwierige Zeit sagen?“ Auch wenn sich die Zeiten der Pandemie seit damals verschärft haben – schauen wir doch nur auf die täglich hohen Infektionszahlen, die nach wie vor um einiges höher sind als sie je zu Beginn der Pandemie und damit auch des 1. Lockdowns im Frühjahr 2020 waren: Ich glaube, mit all den Fragen, die wir uns in diesem Hirtenwort an die Öffentlichkeit wenden – eine Weitergabe, auch als Dank, für politische Verantwortungsträger war für mich ohnedies selbstverständlich[6], liegen wir nach wie vor, mitten drin in der „2. Welle“, mit vielen unserer Fragestellungen goldrichtig, es gilt wohl „nur“, die Umfeldvariablen, die wir damals im Blick hatten, neu zu benennen. Werden diese jetzt schon gehört?


[1] Übrigens: ich habe immer in einer – wenn auch kleinen – Gemeinschaft gefeiert während dieser Zeit, nie allein. Wahrnehmungen, die da und dort geäußert wurden, mitunter aus der Sicherheit theologischen Nachdenkens, stimmen zumindest für mich nicht.

[2] So etwa sind alle Predigten des 1. Lockdowns auf der diözesanen Homepage veröffentlicht worden; während des 2. Lockdowns habe ich die „Variante“ gewählt, zu den ohnedies auch täglich auf der Homepage veröffentlichten täglichen kurzen Schriftbetrachtungen „Eine Minute für das (eine) Leben“ eine etwas längere Auslegung während der Feier der Messe zu gestalten.

[3] Schließlich sei noch auf so manche persönliche wie auch „verlinkte“ Meinung verwiesen, die ich sowohl während des 1. Lockdowns (http://www.krautwaschl.info/category/covid19) wie auch während des 2. Lockdowns (http://www.krautwaschl.info/category/lockdown)  auch täglich auf meinem blog weiterzugeben versucht habe.

[4] Wenn ich es recht sehe, dürften die vielen Worte der Bischöfe während der beiden Lockdowns an die Gläubigen in ihren Diözesen – auf unterschiedliche Art und Weise veröffentlicht – ähnlich weitgehend ungehört in den veröffentlichten Meinungen geblieben sein …

[5] https://www.bischofskonferenz.at/dl/NkKNJmoJKknMJqx4KJKJKJKLoKNO/Hirtenwort_Bischoefe_Pfingsten2020.pdf

[6] Unser Hirtenwort war wohl auch der „Background“, auf dem sich in der Steiermark Anfang Oktober auf Initiative unseres diözesanen Fonds für Arbeit und Bildung Spitzenvertreter aus Politik, Interessensvertretungen und Kirche auf Schloss Seggau getroffen haben, um ein wenig einzutauchen in den gerade jetzt notwendigen gesellschaftlichen Dialog.